Ein toedlicher Verehrer
wie sehr sie die Tochter ihres Vaters mit all seinen Eigenheiten und Schrullen war. Sie reichte den Ordner an Cahill weiter, der ihn durchsah und dann aufblickte. »Kann ich das vorerst behalten?«
»Aber natürlich.« Barbara presste die Hände auf die Knie. »Ich weiß, es ist eine komische Frage, aber... wo ist unser Vater? Wir müssen die Beisetzung arrangieren.«
»Der Leichnam ist zurzeit beim Leichenbeschauer«, antwortete Cahill. »Nach der Autopsie wird er wieder freigegeben.«
Alle Köpfe ruckten hoch. »Autopsie?«, wiederholte Randall. »Wozu braucht es eine Autopsie?«
»Die wird bei einem Mordfall immer vorgenommen. Das ist Gesetz.«
»Lächerlich«, ereiferte sich Barbara. »Natürlich ist eine Autopsie notwendig, wenn man nicht weiß, woran jemand gestorben ist, aber unser Vater wurde erschossen. Es ist ganz offen-
sichtlich, woran er gestorben ist.« Ihre Stimme bebte etwas bei dem Wort »gestorben«, aber sie hatte sich sofort wieder in der Gewalt.
»Die Todesursache scheint offensichtlich, aber es ist schon vorgekommen, dass jemand erschossen oder verbrannt wurde, um zu vertuschen, dass er in Wahrheit vergiftet oder erstickt wurde.«
»Tut das denn wirklich was zur Sache?«, wollte Julia wissen.
»Die Todesart verrät uns manches über den Täter. Zum Beispiel, ob er Zugang zu einem bestimmten Gift hatte. Ob er stark genug war, einen Mann zu erdrosseln. Ich glaube auch, dass bei Ihrem Vater die Todesursache - ein Schuss in den Kopf - feststeht, aber die letzte Entscheidung liegt beim zuständigen Gerichtsmediziner.«
»Und wann werden wir Daddy... zurückbekommen?«
»Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, Madam, aber wahrscheinlich morgen.«
»Na schön.« Sie kniff sich in die Nasenwurzel. »Heute ist Donnerstag. Vorausgesetzt, der Leichnam wird morgen freigegeben, könnten wir die Bestattung auf Sonntag oder Montag festlegen. Was meint ihr dazu?«
»Sonntag«, antwortete Randall wie aus der Pistole geschossen. »Da haben mehr Leute Zeit, zur Trauerfeier zu kommen.«
»Ganz meine Meinung«, meldete sich Jon zu Wort.
»Dann halten wir den Sonntag fest.« Sie vermerkte das auf ihrer Liste.
Cahill sah Randall an. »Mr. Roberts, Sie haben erwähnt, dass Sie eine Kopie des Testamentes besitzen. Haben Sie sie zufällig dabei?«
»Ja, in meinem Aktenkoffer.«
»Wissen Sie, was darin steht?« »Nein, das Dokument ist versiegelt. Also, im Großen und Ganzen wissen wir alle, was darin steht, aber eben nicht genau.«
»Dürfte ich es sehen?«
Randalls Brauen sprangen hoch. »Dürfte ich fragen, warum?«
»Manchmal ist eine Erbschaft ein mögliches Motiv.«
Barbara holte hörbar Luft. »Wollen Sie damit andeuten, dass einer von uns Daddy umgebracht hat?« Jedem im Raum stellten sich die Haare auf.
»Nein, Madam; darauf gibt es keinen einzigen Hinweis. Ich will nur alle Eventualitäten abdecken. Ich möchte keinesfalls irgendetwas übersehen, das uns bei der Lösung des Falles helfen könnte.«
Randall holte den hellbraunen Umschlag. Wie er gesagt hatte, war er verschlossen und versiegelt. Cahill sah Randall fragend an, riss auf dessen Nicken hin den Umschlag energisch auf und zog ein dickes Dokument heraus.
Er überflog es Seite für Seite. Plötzlich hielt er inne, blickte auf und heftete die eisblauen Augen auf Sarah.
»Miss Stevens, wussten Sie, dass Sie diesem Testament zufolge eine beträchtliche Summe erben werden?«
10
Sarah blinzelte, eher verdutzt als erschrocken. Sie war überreizt und so müde, dass sie nicht sicher war, ob sie ihn richtig verstanden hatte. Sie sah sich sogar um, als wollte sie sich vergewissern, ob nicht vielleicht eine zweite Miss Stevens im Raum war. Da sie keine fand, sah sie Cahill wieder an und merkte, dass er den Blick immer noch fest auf sie gerichtet hatte. »Mei-
nen Sie mich?« Sie hatte die Neuigkeit immer noch nicht richtig erfasst.
»Sarah Stevens, Butler von Richter Roberts. Das sind Sie.«
Sie nickte und legte noch beim Nicken eine Hand an die Stirn, um sie erneut zu massieren. Vielleicht war es der Schlafmangel, vielleicht auch das viele Koffein, aber sie entwickelte allmählich rasende Kopfschmerzen. »Er hat mir was vermacht?« Zu ihrer Bestürzung begann ihre Stimme zu zittern, und sie spürte, wie ihre Unterlippe zu beben begann, bis sie fest darauf biss. Gegen den feuchten Schimmer in ihren Augen konnte sie allerdings nichts unternehmen.
»Aber natürlich«, bestätigte Barbara. »Das hat er immer gesagt.«
»Er... er hat
Weitere Kostenlose Bücher