Ein toedlicher Verehrer
angetrottet, mit Koffern beladen, und wirkten peinlich berührt angesichts der so ungehemmt zur Schau gestellten weiblichen Gefühle. Barbara schaffte es, Blair zu beruhigen, und alle trotteten hinaus zu Sarahs Wagen. Barbara und die Kinder stiegen hinten ein, Dwight schnallte sich auf dem Beifahrersitz an.
»Wann kommen Randall und Emily an?«, fragte er.
»Gegen elf. Er hat eine Kopie des Testaments in seinem Bankschließfach liegen, und die Bank öffnet erst um neun. Er war der Meinung, dass wir das Testament vielleicht brauchen könnten.«
Barbara massierte ihre Stirn. »Müssen wir uns wirklich jetzt schon mit dem Testament befassen?«
»Vielleicht enthält es Anweisungen für seine Bestattung«, wandte Dwight liebevoll ein.
»Trotzdem wünschte ich -« Sie seufzte. »Ach, auch egal. Wünschen hilft da sowieso nicht.« Sie atmete tief durch, während Sarah den Wagen durch das Parkdeck zum Ausgang lenkte. »Sarah, ist schon heraus, wann wir wieder ins Haus dürfen?«
»Frühestens in ein paar Tagen.« Und sie würde dafür sorgen müssen, dass die Bibliothek gereinigt wurde, ehe die Familie sie betrat; die Angehörigen sollten den Tatort nicht in seinem jetzigen Zustand sehen, mit Blutspritzern und Streifen an den Wänden. Sie wünschte um alles in der Welt, sie hätte ihn ebenfalls nicht gesehen, sie könnte die letzten zwölf Stunden ungeschehen machen. Wenn sie die Wahl hätte, würde sie alles anders machen: Statt im Summit herumzutrödeln, würde sie heimfahren und dort die Sache in die Hand nehmen, sobald der Mörder auftauchte, wer immer es auch sein mochte, und der Richter wäre noch am Leben.
Aber sie konnte nichts ungeschehen machen. Niemand konnte das.
»Der Detective wird Sie im Hotel anrufen«, erklärte sie möglichst ruhig. »Versuchen Sie, ein paar Stunden zu schlafen.«
»Werden Sie dabei sein? Wenn der Detective mit uns spricht?« Barbaras Stimme bebte leicht.
»Wenn Sie es möchten.« Sosehr sie sich vorhin danach verzehrt hatte, umarmt zu werden, sosehr verzehrte sie sich jetzt nach ein paar ungestörten Stunden, in denen sie ihrer aufgestauten Trauer und ihren Tränen freien Lauf lassen konnte. Sie hatte alles zurückgehalten, wie unter Schock, doch allmählich erwachte sie aus diesem Schockzustand, und die grauenvolle Wirklichkeit meldete sich zurück.
»Bitte. Ich bin so - ich kann gar nicht klar denken.«
Sarah wusste nicht, ob sie selbst klar denken konnte, aber wenn Barbara sie dabeihaben wollte, dann würde sie ihr beistehen. Falls Cahill ihnen ein paar Stunden Zeit gewährte, konnte sie wenigstens duschen und sich umziehen, vielleicht sogar ein Nickerchen halten und etwas frühstücken. Doch schon bei dem bloßen Gedanken an Essen rebellierte ihr Magen und ihre Kehle verengte sich. Also nichts zu essen, noch nicht. Vielleicht morgen.
Morgen. Was würde sie morgen tun? Die Familie nach Kräften unterstützen, nahm sie an. Sie würde alles übernehmen, was die Angehörigen als zu große Belastung empfanden. Und wenn sie den letzten Dienst erledigt hatte, was dann?
Sie war noch nicht so weit. Sie hatte geglaubt, noch ein paar Jahre zu haben und alles in Ruhe vorbereiten zu können, bevor sie ihren großen Plan verwirklichte. Sie war davon ausgegangen, dass der Richter langsam immer gebrechlicher oder von einem Herz- oder Schlaganfall dahingerafft würde. Auf jeden Fall hatte sie mit einem natürlichen Tod gerechnet. Natürlich hätte sie um ihn getrauert, alle hätten um ihn getrauert, aber ihnen wäre dieser glühende Schmerz über ein mutwillig ausgelöschtes Leben erspart geblieben. Niemand war darauf vorbereitet gewesen, dass er sie jetzt schon verließ, nicht auf diese Weise.
Sie brachte die Familie im Hotel unter, wo, gerade als sie wieder abfahren wollte, auch Jon und seine Familie eintrafen. Darum blieb sie noch, um ihnen behilflich zu sein und Jons Fragen zu beantworten. Weil der Kummer in Gesellschaft leichter zu ertragen war, gesellten sich auch Barbara, Dwight und ihre Kinder dazu, sodass bei Sarahs Abfahrt alle zusammen in der Suite saßen und ein bisschen weinten, sich aber im Großen und Ganzen tapfer hielten. Mit den Arrangements für die Beiset-zung würde man warten müssen, bis auch Randall eingetroffen war, damit alle mitentscheiden konnten, aber Barbara hatte schon einen Hotel-Briefbogen bereitgelegt und brütete über einer Liste der anstehenden Aufgaben.
Barbara würde das durchstehen. Sie trauerte, aber sie machte schon wieder eine Liste. So hatten
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