Ein toedlicher Verehrer
hatte.
Er war schon gespannt, welche Fingerabdrücke die Spuren-Sicherung gefunden hatte. Vom Richter, von Sarah, wahrscheinlich von der Köchin, mit Sicherheit welche von den Reinigungsfrauen: die waren zu erwarten. Sarah hatte sich noch am frühen Morgen zum Vergleich die Fingerabdrücke nehmen lassen. Die Köchin Leona Barksdale war für heute Vormittag einbestellt worden, um sich die Fingerabdrücke nehmen zu lassen, obwohl sie unter Tränen beteuert hatte, sie habe den Raum seit Wochen nicht mehr betreten. Die Reinigungsfrauen sollten am Nachmittag kommen. Wer sonst? Das Haus wurde regelmäßig geputzt, also müssten alle Fingerabdrücke jüngeren Datums sein.
Sie würden das ganze Viertel überprüfen müssen; jeder aus der Nachbarschaft hätte im Schutz der Dunkelheit vorbeispazieren, Richter Roberts erschießen und in aller Seelenruhe wieder heimgehen können. Doch auch hier stellte sich die Frage nach einem Motiv. Soviel er bisher erfahren hatte, war der alte Richter allseits beliebt gewesen. Er hatte keine Leichen im Keller und keine heimlichen abstoßenden Angewohnheiten. Er war grundehrlich, beim Kartenspielen genauso wie in geschäftlichen Angelegenheiten. Er spielte nicht, er trank nicht und er hatte, soweit Cahill bisher feststellen konnte, keine Affäre gehabt, seit seine Frau vor acht Jahren gestorben war.
Warum sollte ihn jemand umbringen wollen, der nicht vor seiner Richterbank gestanden hatte?
Wenn Rache, Sex oder Geld als Motiv ausschieden, was blieb dann noch?
Gar nichts blieb. Folglich musste das Motiv in eine dieser Kategorien fallen. Rache war es wohl kaum, weil der Richter den Mörder gekannt und ins Haus gelassen hatte. Sex? Der Mann war fünfundachtzig, hatte sich nicht mit Frauen verabredet und war nach allgemeiner Auskunft seiner Frau über das Grab hinaus absolut treu gewesen. Blieb also nur das Geld.
Irgendwie endete es immer beim Geld.
Und damit bei Sarah.
Seine Kinder waren immer schon reich gewesen. Sie hatten schon immer gewusst, dass er Geld hatte. Falls sie ihn ermordet hatten, warum ausgerechnet jetzt? Warum nicht vor zehn Jahren oder letztes Jahr? Warum hätten sie nicht noch ein paar Jahre warten sollen, bis er eines natürlichen Todes starb? Vorausgesetzt, dass keiner von ihnen in finanziellen Schwierigkeiten war - und das würde er herausfinden -, hatte auch keiner einen Grund, den alten Herrn ermorden zu lassen. Und die erwachsenen Enkel? Diese Frage verdiente einen tieferen Einblick.
Trotzdem blieb Sarah die Hauptverdächtige.
Scheiße.
Sarah erwachte um drei, orientierungslos und mit einem dicken Kopf. Sie blieb reglos liegen, lauschte dem gedämpften Surren der Klimaanlage, blinzelte durch die dicken Vorhänge vor den Fenstern und versuchte sich zu erinnern, wo sie war. Ihr Kopf fühlte sich an wie mit Watte ausgestopft; jeder Gedanke kostete große Mühe, jede Bewegung noch viel mehr.
Dann fiel ihr alles wieder ein, und sofort schlug die Trauer ihre scharfen Klauen in ihre Kehle, in ihre Brust. Sie kniff die Augen zu, doch das half nichts. Immer noch sah sie den Richter friedlich in seinem Ledersessel sitzen, umgeben von Blut und Hirnfetzen, die überall im Zimmer verteilt waren. Immer noch roch sie das ekelhafte Gemisch aus Blut und Exkrementen, bis sie mit einem erstickten Laut die Augen wieder aufschlug.
Langsam und mit schmerzenden Muskeln setzte sie sich auf. Sie war nackt, ein Pyjama hatte nicht auf der Kleiderliste gestanden, die sie Cahill mitgegeben hatte. Sie hatte sich in den Schlaf geweint, ihre Lider fühlten sich verklebt und wund an. Alles in allem, dachte sie, sah sie nicht gerade aus wie ein hochkompetenter Butler - nicht einmal wie ein inkompetenter.
Es war kalt im Zimmer. Obwohl es draußen frisch war, hatte sie bei ihrer Rückkehr die Klimaanlage eingeschaltet, weil ihre Nase zugeschwollen war und ihr in der Wärme das Atmen noch schwerer gefallen wäre. Sie hatte sich nur noch nach ihrem Bett gesehnt, darum hatte sie das »Bitte nicht stören«-Schild draußen an die Tür gehängt und das Telefon ausgestöpselt. Das Handy hatte sie auf den Nachttisch gelegt, damit die Familie sie erreichen konnte, falls jemand sie brauchte, aber ansonsten wollte sie vorerst mit niemandem sprechen.
Im Zimmer war es zu kalt. Eiskalt, um genau zu sein. Sarah huschte aus ihrem warmen Deckennest, drehte das Thermostat hastig auf Heizen und hechtete dann zurück ins Bett, wo sie sich zitternd unter die Decken kuschelte.
Innen vor der Zimmertür lag etwas
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