Ein toedlicher Verehrer
nicht gut aus.«
»Die Tat ist noch keine vierundzwanzig Stunden her.«
Aber die vierundzwanzig Stunden waren bald voll, und Morde, die nicht binnen weniger Tage aufgeklärt wurden, blieben oft für immer ungeklärt.
»Was ist mit den Knackis, von denen er Morddrohungen bekommen hat?«
»Soweit wir wissen, hält sich keiner von denen in der Gegend auf. Einer logiert zurzeit auf Kosten des Steuerzahlers hinter Gittern in St. Clair. Einer sitzt in einem Bundesgefängnis. Von den zweien, die auf freiem Fuß sind, lebt einer in Eugene, Oregon. Der andere wurde das letzte Mal im Januar in Chicago gesehen.« Cahill legte das Foto eines schwergewichtigen Mannes mit Schnauzbart auf den Schreibtisch. »Carl Jarmond. Ich glaube nicht, dass er es war.«
»Aber möglich wär’s.«
Cahill schüttelte den Kopf. »Dann hätte Richter Roberts diesen Kerl ins Haus lassen müssen. Und das glaube ich nicht. Es gibt in diesem Haus keine Haustür ohne Spion, er hat die Tür also nicht blind geöffnet. Er hat gewusst, wer davor stand.«
»Welche Nummern waren unter der Rückruftaste und der Wahlwiederholung gespeichert?«
»Ich habe die Wahlwiederholung auf jedem Apparat im Haus überprüft. Ohne Ergebnis. Die junge Frau hat zuletzt mit ihren Verwandten telefoniert, und in den Apparaten des Opfers waren die Nummern seiner Bank und eines alten Freundes einge-
geben - der ebenfalls ein Alibi hat. Die Rückruftaste war da schon interessanter. Das Display auf dem Apparat in der Bibliothek zeigte, dass der Richter zuletzt von einem öffentlichen Fernsprecher in der Galleria angerufen wurde.«
»Haben Sie ermitteln können, wann der Anruf kam?«
»Wir haben eine Liste aller ein- und ausgehenden Anrufe angefordert.«
»Aber wer da angerufen hat, lässt sich nicht mehr feststellen.«
Cahill schüttelte den Kopf. Aus der Uhrzeit würden sie schließen können, ob der Anruf kurz vor dem Mord gekommen war, aber mehr auch nicht. Die Galleria war ein gut besuchtes Einkaufszentrum; wenn man nicht gerade grüne Haare hatte und ein Stachelhalsband über einem Clownskostüm trug - oder im Gegenteil splitternackt herumlief -, wurde man kaum von irgendwem beachtet. Die Chancen, von einem öffentlichen Apparat einen brauchbaren Fingerabdruck zu bekommen, lagen zwischen Null und lachhaft. Aber vielleicht hatten die Videokameras der umliegenden Ladeneingänge irgendwas erfasst. Das lohnte eine Überprüfung. Er sagte das dem Lieutenant.
»Gute Idee, Doc.« Er sah auf die Uhr. »Machen Sie sich gleich morgen früh dran. Jetzt fahren Sie erst mal heim und schlafen sich aus. Sie waren gestern die ganze Nacht auf den Beinen und haben heute ohne Pause durchgearbeitet.«
»Ich habe mich heute früh drei Stunden aufs Ohr gelegt. Es geht schon.« Während seiner Ausbildung bei der Armee hatte er gelernt, mit wesentlich kürzeren Ruhepausen auszukommen, und zwar über wesentlich längere Zeit hinweg. »Aber ich mache trotzdem Schluss für heute.« Er hatte etwas anderes vor, etwas, das keinen weiteren Aufschub duldete. Vielleicht war es an der Zeit, ins kalte Wasser zu springen.
Um acht Uhr abends lief der Wetterkanal immer noch. Fast fünf Stunden lang hatte Sarah die immer gleichen Wetterfronten vorbeiziehen sehen. Nichts hatte sich verändert. Ihr war immer noch übel, und noch immer ging sie im Geist sämtliche Bekannten und Nachbarn des Richters durch, die er ohne Bedenken ins Haus lassen würde. Das Problem dabei war, dass er eine Menge Leute kannte, die sie nicht kannte. Sie kannte seinen engsten Freundeskreis, die nächsten Nachbarn und einige weitläufige Bekannte, doch natürlich hatte er auch alte Schulkameraden, Arbeitskollegen, Freunde vom College, denen sie nie begegnet war. Aber warum sollte einer von ihnen den Richter umbringen wollen?
Das Warum trieb sie noch zum Wahnsinn.
Wenn sie nur wüsste warum, dachte sie, dann würden sie sich auch das Wer zusammenreimen können. Warum sollte jemand den Richter töten wollen, es sei denn, er war von ihm ins Gefängnis geschickt worden? Und wenn es ein Ex-Häftling war, hätte der Richter ihn dann ins Haus gelassen, sich in den Sessel gesetzt und sich entspannt? Garantiert nicht.
Warum?
Das Telefon klingelte. Froh über jede Ablenkung, griff sie zum Hörer; vielleicht brauchte Barbara irgendetwas, das sie ein paar Stunden lang auf Trab halten würde.
»Haben Sie schon zu Abend gegessen?«
Er brauchte sich nicht mit Namen zu melden; Cahills tiefe Stimme und sein barscher Tonfall waren
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