Ein toedlicher Verehrer
»Niemand. Männer neigen nur eher dazu, aus Stolz eine Dummheit zu begehen. Und nachdem ich jetzt zugegeben habe, dass wir alle Idioten sind, würdest du heute Abend mit mir essen gehen?«
»Was? Mit einem Idioten essen gehen?«
»Immerhin einem mit Unterhaltungswert.«
»Das stimmt allerdings.« Sie lächelte zu ihm auf. »In diesem Fall gern. Wann und wohin gehen wir?«
»Halb sieben, und wir gehen in irgendein ganz normales Restaurant, wenn du einverstanden bist.«
»Normal ist super.«
Er zwinkerte ihr zu und stieg ein. »Bis halb sieben.«
Als sie ins Haus zurückkehrte, war ihr schon leichter ums Herz. Sie trauerte noch immer, aber das Leben ging weiter; das Schlimme an solchen Phrasen war, dass meistens etwas Wahres daran war. Der schreckliche Kummer, die nachtschwarze Niedergeschlagenheit begannen sich bereits zu lichten, und sie sah schon wieder nach vorn, in die Zukunft. Sie hatte Aufgaben zu erledigen, Dinge zu ordnen, einen Job zu finden.
Aber vor allem anderen hatte sie ein Date mit Cahill.
14
»Du errätst nie im Leben«, sagte sie zur Begrüßung, als sie ihm am Abend die Tür öffnete, »was heute in der Post war.«
Er kniff die Augen zusammen. »Noch ein Geschenk?«
»Fast so schlimm«, grummelte sie. »Zwei Stellenangebote.«
Seine dunklen, geraden Brauen rückten zusammen. »Und wieso ist das schlimm?«
»Weil sie laut Poststempel am Samstag abgeschickt wurden. Die Leute müssen sofort geschrieben haben, nachdem sie vom Tod des Richters erfahren haben.«
»Ich wiederhole: Und wieso ist das schlimm?«
Sie sah ihn ungeduldig an. »Aasgeier. Als würde jemand die Todesanzeigen studieren und sich gleich nach der Beerdigung an die Witwe heranmachen.«
»Ich finde das gar nicht so dumm, wenn sie dich wirklich haben wollen. Wenn ihr Angebot als Erstes ankommt, hast du dich vielleicht schon dafür entschieden, ehe die übrigen eintrudeln.«
»Zu spät, schließlich habe ich schon letzte Woche eines bekommen, direkt nach dem Fernsehbeitrag über mich.«
»Aber das wussten die Absender nicht. Ich würde es genauso machen«, brachte er vor. »Ich sehe dich, ich will dich haben, ich schlage zu und versuche jedem anderen zuvorzukommen, der es ebenfalls auf dich abgesehen hat.«
Schnaubend schlüpfte sie in ihre Jacke. »Kein guter Vergleich, Cahill. Du hast mich gesehen und die Beine in die Hand genommen.«
»Und kriege ich keine Pluspunkte dafür, dass ich den Mut aufgebracht habe, einen zweiten Versuch zu starten?«
»Nein. Ich vergebe keine Noten.«
»Dann muss ich wohl auf physischen Zwang zurückgreifen.« Er packte ihr Jackett mit der Faust und zog sie zu sich herum. Sarah legte den Kopf in den Nacken, um seinen Kuss zu erwidern; erst als sein Mund den ihren berührte, merkte sie, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, ihn zu spüren, in seinen Armen zu liegen. Ihre Zungen umschlangen sich in einem langsamen Kampf, gleitend, tastend, schmeckend. Er hatte es ebenso wenig eilig wie sie.
Irgendwann hob er kurz den Mund und murmelte: »Fühlst du dich schon bezwungen?«
»Noch nicht. Probier’s weiter.«
Sein Mund öffnete sich zu einem Lächeln, und er ließ die Stirn gegen ihre sinken. »Ich will nicht zu weit gehen. Du musst erst mal ein paar Regeln festlegen. Wie frech darf ich werden, ohne dass du mir eine knallst? Ich will nämlich genau davor aufhören.«
Sarah zog die Brauen hoch. »Ich ohrfeige nicht, ich verteile höchstens Arschtritte.«
»Wow. Hört sich spannend an. Muss ich dazu die Hose runterlassen?«
Sie vergrub ihr Gesicht in seiner Jacke und lachte. »Dass du auf so was Perverses stehst, hätte ich mir denken können.«
»Ein bisschen Spaß muss sein.« Auf ihrem Rücken spürte sie seine große warme Hand, deren rastloses Streicheln ihr verriet, dass er sich nur mit Mühe zurückhalten konnte, es aber um jeden Preis tun würde. »Und wenn wir nicht bald losziehen, könnte es gut sein, dass ich gleich den ersten Tritt kassiere. Ich hab noch nie gewusst, wann ich aufhören muss.«
Ganz im Gegenteil, er hatte die Werbung zu einer wahren Kunst verfeinert - die Werbung um sie jedenfalls. Er ließ keinen
Zweifel daran, dass er sie attraktiv fand, aber er belagerte und bedrängte sie nicht schon im Anfangsstadium ihrer Bekanntschaft. Sein trockener Humor bezauberte sie mehr, als sie ihn wissen lassen wollte. Wenn er es wirklich darauf anlegte, würde sie letztendlich mit ihm im Bett landen, das war ihr klar. Sie war ihm zutiefst dankbar, dass er sich
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