Ein Totenhemd fur einen Erzbischof
«liegt unsere einzige Hoffnung darin, diese Araber zu finden. Nur durch sie können wir der Sache auf den Grund kommen. Ganz bestimmt war es einer von ihnen oder aber ihr Komplize, der Euch niedergeschlagen und den Papyrus und den Kelch gestohlen hat.»
«Was bringt Euch darauf?» fragte Fidelma, als sie ihr officium betraten.
«Immerhin war der Papyrus in ihrer Sprache beschrieben.»
«Und warum den Kelch?»
«Vielleicht wollte Ronan Ragallach ihnen Wighards Schatz verkaufen.»
Fidelma blieb stehen und sah ihn mit großen Augen an.
«Manchmal, Eadulf», flüsterte sie feierlich, «manchmal neigt Ihr zu Gedankensprüngen, wo andere nur mühsame Trippelschritte machen.»
Eadulf war sich nicht sicher, ob dies ein Lob oder ein Tadel war. Er wollte gerade eine genauere Erklärung verlangen, als die Tür aufging und Furius Licinius hereingestürmt kam.
Ehe sie ihn noch nach dem Grund für seine Aufregung fragen konnten, platzte Licinius heraus: «Ich war gerade am Haupttor, als Abt Puttoc eilig herausgelaufen kam. Er hat mich nicht erkannt.» Licinius verzog das Gesicht. «Für einen Fremden sieht ein custos wahrscheinlich aus wie der andere.»
«Und was hat er dann getan?» drängte Fidelma ungeduldig.
Der junge Mann schluckte hastig. «Er hat sich eine lecticula gemietet. Ich dachte, Ihr würdet vielleicht gern erfahren, welches Ziel er den Trägern nannte.»
«Es ist jetzt nicht die Zeit für Ratespiele, Licinius», schimpfte Fidelma. «So redet doch endlich.»
«Abt Puttoc wollte in den Stadtteil gebracht werden, von dem ich Euch berichtet habe. Nach Marmorata. Dorthin, wo die arabischen Kaufleute sind.»
XIII
Schwester Fidelma klammerte sich an der Seite des kleinen Einspänners fest, den Furius Licinius mit atemberaubender Geschwindigkeit durch die schmalen Straßen lenkte. Dabei scherte er sich nicht groß um die Fußgänger, die im letzten Augenblick aus dem Weg sprangen, mit geballten Fäusten hinter ihm herschimpften und einen Schwall von – für Fidelma glücklicherweise unverständlichen – Flüchen ausstießen. Auf der anderen Seite des Wagens hielt sich ein blasser und sehr unglücklicher Bruder Eadulf am Korbgeflecht fest. Seine Knöchel traten weiß hervor, während der Wagen über das Kopfsteinpflaster sprang.
Es war Fidelmas Einfall gewesen, Puttoc so rasch wie möglich zu folgen. Als sie von Furius Licinius erfahren hatte, daß der Abt sich ausgerechnet nach Marmorata bringen ließ, hatte sie unbedingt herausfinden wollen, was er im Schilde führte. Daß es die Gegend war, wo die arabischen Kaufleute ihre Unterkünfte hatten, ließ das Ganze höchst verdächtig erscheinen.
Weder Licinius noch Eadulf erhielten die Gelegenheit, irgendwelche Einwände vorzubringen, als sie im Laufschritt durch den Palast zum Haupttor rannte. Da sie aus Erfahrung wußte, wie flink die lecticula -Träger in den engen Straßen vorankamen, würde es sehr schwierig werden, Puttocs lecticula zu Fuß einzuholen. Daher wies sie den zunächst noch etwas widerstrebenden Licinius an, von einem seiner Kameraden einen Einspänner auszuleihen und mit ihr und Bruder Eadulf die Verfolgung aufzunehmen.
Es war eine atemberaubende Fahrt. Immer wieder fürchtete Fidelma, das holpernde Gefährt könnte sich überschlagen, aber Licinius hielt geschickt das Gleichgewicht und hatte beide Zügel fest in der Hand.
Sie fuhren am Fuß des Celius-Hügels entlang, überquerten die Valle Murcia mit ihrem großartigen Circus in Richtung Südwesten und fuhren dann den Aventinus, den südlichsten der sieben Hügel Roms, hinauf. Herrliche Häuser, die prunkvollen Villen römischer Adliger, säumten die Straßen.
Erstaunt betrachtete Fidelma die prächtigen Gebäude mit ihren üppigen Gärten.
«Ist das der richtige Weg?» rief sie Licinius zu. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß es unweit dieser gepflegten Gegend ein Elendsviertel gab.
Der tesserarius nickte und schnalzte mit den Zügeln, um das Pferd zu noch größeren Anstrengungen anzuspornen.
«Vermutlich werden Puttocs Träger den Weg über die Valle Murcia, vorbei am Circus Maximus nehmen», rief er über die Schulter zurück und deutete auf den nördlichen Abhang des Aventinus. «Wahrscheinlich umrunden sie den Hügel und halten sich am südlichen Tiberufer, weil das weniger beschwerlich ist. Von dort aus geht es direkt nach Marmorata. Ihr könnt es am Ufer liegen sehen, dort, wo die Schiffe ankern.»
Über die Kuppe des Aventinus fuhren sie direkt auf eine
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