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Ein Toter hat kein Konto

Ein Toter hat kein Konto

Titel: Ein Toter hat kein Konto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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bringen.
    „Was suchen wir überhaupt?“ fragte Hélène.
    „Faroux ist überzeugt davon, daß Péricat
Verbindungen zu Waffenhändlern hatte. Hat nach Indizien gesucht, aber wohl
keine gefunden. Vielleicht haben wir mehr Glück bei der Suche...“
    „Noch einmal: Was suchen wir?“ beharrte meine
Sekretärin.
    „Spuren einer Vaterschaft“, antwortete ich. In
einem Fotoalbum fand ich, was ich suchte: das Bild einer jungen Frau, die
Joëlle zum Verwechseln ähnlich sah. Es war ihre Mutter, die zweite Frau von
Gérard Flauvigny. Eine zärtliche Widmung auf der Rückseite — für einen
„Georges“, der bestimmt nicht König von England war! — bestätigte meine
Vermutung.
    „Ein Freund seit zwanzig Jahren!“ lachte ich.
„Hat die schwindenden Kräfte seines älteren Kumpels ausgeglichen, indem er
dessen Frau ein Kind machte! Ein ehrenhaftes Motiv, finden Sie nicht auch?“
    „Das finde ich überhaupt nicht“, sagte Hélène.
„Flauvigny hätte dann erst gestern davon erfahren und sich stehenden Fußes
gerächt?“
    „Sie kennen Flauvigny nicht. Der Tod seines
Sohnes — Roland war nämlich wirklich sein Sohn! — war ein furchtbarer Schlag
für ihn. Das muß seinen Geist verwirrt haben. Bestimmt wußte er von Anfang an,
daß Joëlle nicht seine Tochter ist. Er scheint sie nicht übermäßig zu lieben.
Nach Rolands Tod wird sie alles erben, wenn es erst mal soweit ist. Dem Gesetz
nach ist das Mädchen seine Tochter, und er kann sie nicht völlig enterben. Bei
dem Gedanken daran, daß auch der Rivale Péricat ein paar Krümel von dem Kuchen
abkriegt, steigt unmäßige Wut in ihm hoch. Wie finden Sie das?“
    „Hm“, brummte Hélène. „Aber warum hat er sich
dann noch weiter von Péricat behandeln lassen?“
    Ich hob die Schultern, unzufrieden mit mir
selbst. Noch stimmte nicht alles, das wußte ich wohl.
    „Morgen spreche ich mit Joëlle“, sagte ich. „Sie
wird reden, das verspreche ich Ihnen! Sie wird alles ausspucken, was sie weiß,
und wenn ich sie vorher verprügeln muß!“
    „Da seien Sie mal nicht so sicher“, lachte
Hélène. „Manche mögen das und stöhnen dabei vor Vergnügen!“
     
    * * *
     
    Die darauffolgenden Augenblicke verbrachte ich
damit, die geheimnisvollen Schlüssel noch einmal unter die Lupe zu nehmen. Mit
keinem der Schlösser, denen ich sie bisher zugeführt hatte, wollten sie sich
anfreunden. Ich war ein miserabler Kuppler. Nachdem ich die Schlüssel eine
Weile betrachtet hatte, betastete ich sie mit geschlossenen Augen. Die
Schlüssel blieben dieselben. Ganz normale Schlüssel, nichts weiter.
Verwandelten sich weder in eine Wasserpistole noch in eine Primaballerina. Aber
sie gehörten nicht mir und auch nicht dem toten Doktor. Vielleicht gehörten sie
Albert, vielleicht dem Papst. Die Schlüssel der Peterskirche! Ich war sicher,
sie auf dem Parkweg vor der kleinen Tür aufgehoben zu haben. Hatte ich sie
vielleicht doch woanders gefunden? Wollte vielleicht jemand mein Hirn
beschäftigen, indem er mir irgendwelche Schlüssel in die Tasche gesteckt hatte?
Vielleicht! Ich war das Wort leid. Sollte es einem professionellen Zweifler und
Vermuter übergeben... Doch meine Intuition sagte mir, daß die Schlüssel mir —
vielleicht! — weiterhelfen würden. Spricht man nicht von dem „Schlüssel zum
Geheimnis“ oder auch vom „Schlüssel zum Erfolg“? Ich hatte einen ganzen Bund
mit verschiedenen Schlüsseln. Das waren zuviele. Vielleicht.
    Ich ließ es dabei bewenden. Morgen war auch noch
ein Tag. Hélène und ich gingen ins Kino. Der tuberkulosekranke jugendliche
Liebhaber würde nie zum Ziel kommen, was seinen geliebten Vamp betraf, eine
junge Frau, die ihn zwar von seiner Krankheit kurieren wollte, ansonsten jedoch
eher einem Boxer zugetan war. Als wir das begriffen hatten, verließen wir den
dunklen Saal. Die Geschichte stimmte hinten und vorne nicht: Der Vamp hatte den
Sex-Appeal eines Gasmannes, der den Verbrauch abliest, der Boxer war erledigt,
und der Tuberkulosekranke strotzte vor Gesundheit. Während sich die
unglaubwürdigen Figuren mehr schlecht als recht auf der Leinwand bewegten,
hatte ich beschlossen, Faroux bei seiner nächtlichen Säuberungsaktion im Antinéa zuzuschauen. Ich hatte meinem Freund zu dieser Razzia geraten. Desinteresse an
dem Ergebnis zu zeigen, so als würde ich es schon im voraus kennen, schien mir
taktisch unklug.
    Es war elf Uhr. Die Gegend um die Moschee war
weiträumig von Uniformierten abgeriegelt. Ein Polizeiwagen wartete

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