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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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Gott! kodifizierende Faktoren - Alter - Muskelzustand - fiebrige Erkrankungen - hohe Umgebungstemperatur - und so weiter und so fort, man kann es sich aussuchen. Macht nichts. Du kannst das ja mal Sugg vortragen, falls es was nützt.  Er  wird es auch nicht besser wissen.« Er warf das Buch hin. »Kommen wir auf die Tatsachen zurück. Was hältst  du  von der Leiche?«
    »Nun«, meinte der Detektiv, »sehr viel kann ich noch nicht damit anfangen - ich war ehrlich gesagt ein bißchen ratlos. Ich würde sagen, der Mann war wohlhabend, aber ein Emporkömmling, der erst vor relativ kurzer Zeit sein Glück gemacht hat.«
    »Aha, du hast also die Schwielen an den Händen nicht übersehen - hab ich mir gedacht.«
    »An beiden Füßen waren dicke Blasen - er hat zu enge Schuhe getragen.«
    »Und ist sehr weit darin gelaufen«, sagte Lord Peter, »sonst hätte er solche Blasen nicht bekommen. Ist dir das nicht eigenartig vorgekommen - bei einem offenbar wohlhabenden Mann?«
    »Nun, ich weiß nicht. Die Blasen waren zwei bis drei Tage alt. Er könnte einmal nachts in einem Vorort steckengeblieben sein - letzter Zug weg und kein Taxi - und mußte zu Fuß nach Hause gehen.«
    »Möglich.«
    »Auf dem ganzen Rücken und an einem Bein hatte er kleine rote Flecken, die ich nicht zu erklären weiß.«
    »Die habe ich gesehen.«
    »Was hältst du davon?«
    »Das sage ich dir später. Mach weiter.«
    »Er war sehr weitsichtig - merkwürdig weitsichtig für einen Menschen in der Blüte seiner Jahre; die Brillengläser hätten zu einem sehr alten Mann gepaßt. Übrigens hat der Kneifer ein sehr schönes und nicht alltägliches goldenes Kettchen aus flachen Gliedern mit Ziselierungen. Ich habe mich schon gefragt, ob man daran nicht seine Identität feststellen könnte.«
    »Ich habe vorhin ein entsprechendes Inserat in die  Times  gesetzt«, sagte Lord Peter. »Weiter.«
    »Er hatte die Brille schon länger - das Gestell war zweimal repariert.«
    »Sehr schön, Parker, sehr schön. Ist dir auch klar, was das bedeutet?«
    »Leider nicht ganz - warum?«
    »Egal - weiter.«
    »Er war vermutlich ein launischer, reizbarer Mensch - seine Fingernägel waren bis zum Nagelbett abgefeilt, als ob er sie für gewöhnlich abgeknabbert hätte, und seine Finger waren auch angeknabbert. Er hat Unmengen Zigaretten geraucht, ohne Spitze. Und seine äußere Erscheinung war ihm sehr wichtig.«
    »Hast du dir das Badezimmer überhaupt angesehen? Dazu hatte ich kaum Gelegenheit.«
    »An Fußabdrücken habe ich nicht viel gefunden. Sugg & Co. waren schon überall herumgetrampelt, ganz zu schweigen von Mr. Thipps und dem Mädchen, aber mir ist ein undeutlicher Fleck gleich hinter dem Kopfende der Wanne aufgefallen, als ob dort etwas Feuchtes gestanden hätte. Einen Abdruck konnte man das kaum nennen.«
    »Es hat eben letzte Nacht stark geregnet.«
    »Eben; und ist dir aufgefallen, daß im Ruß auf der Fensterbank irgendwelche Spuren waren?«
    »Ja«, sagte Wimsey, »und ich habe sie mir mit meinem Freund hier sehr genau angesehen, konnte aber nichts damit anfangen, nur daß dort irgend etwas gelegen haben muß.« Er zückte sein Monokel und reichte es Parker. »Wahrhaftig, das ist ein starkes Glas!«
    »Stimmt«, sagte Wimsey, »und sehr nützlich, wenn man sich irgend etwas einmal genauer ansehen will und dabei nur wie ein eingebildeter Affe aussehen möchte. Es ist nur nicht ratsam, das Ding ständig zu tragen - wenn die Leute einen direkt von vorn sehen, sagen sie: >Mein Gott, muß der Mann schlechte Augen haben!< Aber nützlich ist es schon.«
    »Sugg und ich haben uns den Boden an der Hinterseite des Hauses angesehen«, fuhr Parker fort, »aber dort waren keine Spuren.«
    »Interessant. Hast du mal auf dem Dach nachgesehen?«
    »Nein.«
    »Das machen wir morgen. Die Dachrinne ist nur ein kurzes Stück über der Fensteroberkante. Ich habe mit meinem Stock nachgemessen - des Gentleman-Detektivs Vademecum - er hat nämlich eine Zolleinteilung. Ein ungemein nützlicher Begleiter mitunter. Innen steckt ein Degen, und im Knauf ist ein Kompaß untergebracht. Hab ich mir eigens anfertigen lassen. Sonst noch etwas?«
    »Leider nein. Nun laß mal deine Version hören, Wimsey.«
    »Na ja, ich finde, das meiste hast du schon genannt. Es gibt da nur noch ein paar kleine Widersprüche. Zum Beispiel haben wir es mit einem Mann zu tun, der einen teuren Goldrandkneifer trägt und ihn schon so lange hat, daß er zweimal repariert werden mußte. Trotzdem sind seine

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