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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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Thipps? Wer sind die Leute in den anderen Wohnungen? Das müssen wir herausfinden. Spielt Thipps um Mitternacht über ihren Köpfen Klavier, oder bringt er das Haus in Verruf, indem er Damen von zweifelhaftem Ansehen mitbringt? Dürsten erfolglose Kollegen nach seinem Blut? Hol's der Kuckuck, Parker, es muß doch irgendwo ein Motiv geben. Ein Verbrechen ohne Motiv gibt es nun einmal nicht.«
    »Ein Irrer-«, meinte Parker skeptisch.
    »Ein Irrer, in dessen Tollheit allerhand Methode steckt. Er hat keinen Fehler gemacht, nicht einen einzigen - sofern man es nicht als Fehler bezeichnet, daß er Haare im Mund des Toten gelassen hat. Na ja, aber Levy ist es jedenfalls nicht - da hast du vollkommen recht. Hör mal zu, altes Haus. Weder dein Mann noch meiner hat irgendeine Spur hinterlassen, nicht? Motive liegen ebenfalls keine in der Gegend herum. Und bei der ganzen Geschichte von gestern abend fehlen uns zwei Anzüge. Sir Reuben verduftet ohne auch nur ein Feigenblatt, und ein rätselhaftes Individuum tritt mit einem Kneifer auf, der für die Belange von Sitte und Anstand höchst unzureichend ist. Beim Henker! Wenn ich doch nur einen guten Vorwand hätte, diesen Fall mit der Leiche offiziell zu übernehmen -«
    Das Telefon klingelte. Der schweigsame Bunter, den die beiden andern nahezu vergessen hatten, ging hin. »Eine ältere Dame, Mylord«, sagte er. »Ich glaube, sie ist taub - ich kann mich ihr nicht verständlich machen, aber sie fragt nach Eurer Lordschaft.«
    Peter schnappte sich den Hörer und schrie ein »Hallo!« hinein, von dem die Isolierungen hätten platzen können. Er hörte einige Minuten mit ungläubigem Lächeln zu, das sich nach und nach zu einem freudigen Grinsen erweiterte, Endlich brüllte er: »Ist gut! Ist gut!« und legte auf. »Beim Zeus!« verkündete er strahlend. »Wie nett von der Alten! Das war Mrs. Thipps. Taub wie ein Laternenpfahl. Hat noch nie im Leben telefoniert. Ist aber zu allem entschlossen. Der reinste Napoleon. Unser unvergleichlicher Sugg hat etwas entdeckt und den kleinen Thipps verhaftet. Die alte Dame sitzt allein in der Wohnung. Thipps' letzter Schrei war: >Sag Lord Peter Wimsey Bescheid.< Alte Dame kämpft unerschrocken mit dem Telefonbuch. Weckt die Leutchen in der Vermittlung auf. Gibt sich mit einem Nein nicht zufrieden (weil sie es gar nicht hört), wird verbunden und fragt, ob ich tun will, was ich kann. Sie sagt, bei einem echten Gentleman fühlt sie sich gut aufgehoben. O Parker, Parker! Ich könnte sie küssen, wahrhaftig. Aber statt dessen werde ich ihr schreiben - ach was, hol's der Kuckuck, Parker, wir gehen hin. Bunter, holen Sie Ihre Höllenmaschine und das Magnesium. Weißt du was, wir tun uns als Partner zusammen - schmeißen unsere beiden Fälle zusammen und lösen sie gemeinsam. Du kriegst heute abend meine Leiche zu sehen, Parker, und ich suche morgen nach deinem wanderlustigen Juden. Ich könnte platzen vor Glück. Sugg, Sugg, wie bist du so sugglich! Bunter, meine Schuhe. Hör zu, Parker, deine Schuhe haben doch Gummisohlen? Nein? Ts, ts, so solltest du nicht ausgehen. Wir werden dir ein Paar leihen. Handschuhe? Hier. Mein Stock, Taschenlampe, Lampenruß, Pinzette, Messer, Schächtelchen - alles da?«
    »Selbstverständlich, Mylord.«
    »Machen Sie nicht so ein beleidigtes Gesicht, Bunter! Ich mein's doch nicht böse. Ich glaube an Sie, ich vertraue Ihnen - was habe ich an Geld dabei? Das reicht. Ich habe mal einen Mann gekannt, Parker, der mußte einen weltberühmten Giftmörder entwischen lassen, weil der Automat in der U-Bahn-Station nur Pennystücke annahm. Am Schalter stand eine Schlange, und der Mann an der Sperre wollte ihn nicht durchlassen, und während sie sich noch herumstritten, ob er die Zweipennyfahrt zur Baker Street mit einer Fünfpfundnote bezahlen könne (kleiner hatte er's nicht bei sich), war der Verbrecher in einen Zug der Circle-Linie gesprungen, und man hörte als nächstes von ihm aus Konstantinopel, wo er als Pfarrer posierte, der mit seiner Nichte auf Reisen war. Sind wir alle fertig? Los!«
    Sie gingen hinaus und Bunter löschte gewissenhaft die Lichter hinter ihnen. Als sie auf den Piccadilly hinaustraten, der in Glanz und Düsternis lag, hielt Wimsey mit einem leisen Schreckensruf mitten im Schritt inne. »Augenblick«, sagte er, »mir ist da etwas eingefallen. Wenn Sugg dort ist, macht er Ärger. Ich muß ihn kurzschließen.«
    Er lief zurück, und die beiden andern benutzten die paar Minuten seiner Abwesenheit, um ein Taxi
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