Ein Traummann zum verzweifeln
ungezügelter Leidenschaft. Das war etwas, was kein Kerl so schnell vergaß – ganz gleich, wie viele Jahre inzwischen auch vergangen waren –, und Nick hätte sich ohrfeigen können, den alten Sehnsüchten und Gewissensbissen, die er längst für begraben gehalten hatte, wieder Tür und Tor geöffnet zu haben.
Er griff nach dem Küchenmesser und schnitt von zwei Selleriestangen die Enden ab. Verdammt, er hatte die Dinge doch schon einmal begraben, und er konnte es wieder tun. Seine Selbstkontrolle war stärker als jeder zufällige Sexualtrieb.
Er kämpfte noch ein paar Minuten mit Daisys Schweigen und seinen eigenen Gedanken, fest entschlossen, den Mund zu halten. Doch dann wurde er schwach. »Willst du den ganzen Abend hier rumschmollen, Daisy?«
Sie bedachte ihn lediglich mit einem kühlen Blick und beschäftigte sich weiter mit ihren Messern und Pistolen. »Ich schmolle nicht, Coltrane.«
So ungern er es auch zugab, sie schmollte tatsächlich selten. Sie spielte weder die Beleidigte noch beklagte sie sich. Sie blieb einfach nur still und sah schlichtweg durch ihn hindurch.
Doch er würde den Teufel tun und das laut zugeben. Es machte ihn einfach rasend, wie sehr ihm ihr Rückzug zusetzte. In der Ruhe liegt die Kraft – von wegen. So kribbelig, wie er sich momentan fühlte, so sehr sehnte er sich nach einer Reaktion von ihr. Es wäre ihm sogar gleichgültig, wenn sie negativ wäre, Hauptsache, sie nahm überhaupt Stellung. »Wie nennst du denn dann das Schweigen, mit dem du mich strafst?«
»Mir jeden Kommentar verkneifen.«
»Richtig.« Er schnitt eine rote Paprika der Länge nach durch und befreite sie von den Kernen. »Wie ich schon sagte, Sahnetörtchen – du schmollst.«
Daisy zuckte die Achseln. »Nenn es wie du willst. Ich habe nichts zu sagen, was dich interessieren könnte.«
Er gab es auf. Sie würde wieder sprechen, wenn sie es für richtig hielt, und keinen Moment früher. Na und? Immerhin standen die Chancen gar nicht so schlecht, dass er darauf nicht mehr allzu lange warten musste. Die Frau musste erst noch geboren werden, die es schaffte, den Mund länger als eine Stunde zu halten, und Daisy war schon einiges über die Zeit. »Was soll’s. Du spielst mit deinem kleinen Kriegsspielzeug, und ich mache inzwischen das Abendessen. Hunger?«
Sie machte sich nicht die Mühe, ihn anzuschauen. »Ich könnte was essen.«
Er hätte sie am liebsten geschüttelt, bis ihr die Zähne ausfielen. Er versuchte sich das plastisch vorzustellen. Doch als seine Fantasien plötzlich in eine andere Richtung davongaloppierten, beeilte er sich, sie ganz schnell wieder einzufangen, und konzentrierte sich, aggressiv das Messer schwingend, voll und ganz auf das Gemüse auf dem Schneidbrett.
Fünf Minuten später schabte er das geschnittene Gemüse in den Wok auf dem Herd. Das heiße Öl und der Reisessig auf dem Boden zischten laut.
Kurz darauf rief er sie zum Abendessen, und sie setzten sich an die Frühstücksbar, wo er für sie gedeckt hatte. Wenn er allerdings gehofft hatte, der profane Akt des Essens würde seine kunterbunten Emotionen abkühlen, dann wurde er herb enttäuscht. Jedes Mal, wenn Daisy nach ihrem Milchglas griff, klaffte der Ausschnitt ihres Tank-Tops auseinander. Er konnte kaum mehr als eine Andeutung der verborgenen Schätze sehen. Das hielt ihn jedoch keineswegs davon ab, sich jedes Mal die Augen zu verrenken. Das kleine Stück Rundung, das er erkennen konnte, reichte allerdings aus, ihn davon zu überzeugen, dass sie keinen BH trug, und der Aufruhr in seinen Eingeweiden wuchs. Als sie mit dem Essen fertig waren und sie höflich anbot, das Abräumen zu übernehmen, war er kurz davor, die Wände anzuknabbern. Sie beugte sich nach unten, um die Spülmaschine einzuräumen, und er beobachtete, wie sich ihre Jeans über dem Po spannten. Sein Blick turnte über den Hauch Sommersprossen auf ihrer Schulter und verfolgte fasziniert das sanfte Muskelspiel ihres Armes beim Abwischen der Theke. Er stieß sich abrupt von der Bar ab und sagte: »Ich gehe eine Zeit lang in mein Labor runter. Ich muss noch Negative entwickeln.«
Daisy malmte mit den Zähnen. Na, großartig. Den ganzen Tag über hatte eine Aufregung die andere gejagt, und ihre Emotionen waren gefährlich nahe daran überzukochen. Das hatte ihr jetzt gerade noch zu ihrem Glück gefehlt – mit Nick Coltrane in einem winzigen Raum zusammengepfercht ...
Sie unterdrückte einen Seufzer und knallte den Schwamm in die Spüle. Ihre
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