Ein Tropfen Blut
spielerisch nicht schön, was die bieten, aber sehr intelligent. Und diese beiden Innenverteidiger, dieser Nesta und Cannavaro, so etwas Gutes hab ich lange nicht mehr gesehen.«
»Klasse, das kann ja ein gemütliches Wochenende werden«, grummelte Katharina, als sie kurz darauf mit nassen Haaren wieder ins Wohnzimmer kam. »Nicht genug, dass der Vater meines Sohnes schon fußballrunde Augen hat, jetzt sitzt hier noch ein zweiter Fanatiker herum.«
»Frau, sei ruhig und hol uns ein Bier«, befahl Zander in einem Anflug von Größenwahn.
Obwohl er es sich schon auf der Couch bequem gemacht hatte, gelang es ihm, dem anfliegenden Handtuch auszuweichen.
»Bitte keine Streitigkeiten«, mahnte Gassel und stand auf. »Ich geh schon. Wenn es euch recht ist, ich ruf mal eben bei Gisbert an, einverstanden?«
»Frag nicht so blöd, leg einfach ‘nen Zwanziger neben das Telefon und die Sache ist gegessen«, gab Zander zurück und reckte den Hals, weil die Italiener gerade eine Großchance versemmelten.
»Was willst du denn von Gisbert?«, fragte Katharina. »Nachfragen, warum er so plötzlich Urlaub genommen hat?«
Gassel blieb noch einmal stehen. Als Wielert ihnen heute Morgen, kurz bevor sie den Anruf wegen des frischen Mordfalls bekommen hatten, eröffnet hatte, dass Heinzel ihn am vorhergehenden Abend angerufen und kurzfristig um Urlaub gebeten hatte, war er nicht weniger überrascht gewesen als alle anderen. Aber anscheinend musste man bei Heinzel ständig mit dem Unerwarteten rechnen.
»Wenn ich mich nicht irre, hat in Bälde jemand Geburtstag, oder?«, fragte er laut.
Katharina sah auf. »O nein. Bitte keine Überraschungsparty mit Flenner als Ehrengast.«
»So gemein sind wir nicht«, winkte Gassel ab. »Gisbert und ich hatten uns ein gemeinsames Geschenk überlegt. Und da ich nicht weiß, ob er es besorgt oder ob ich dran glauben muss…«
»Was ist es denn?«, wollte Katharina wissen. »Ein Ferrari? Ein Bauplatz?«
»Eher eine Herz-Lungen-Maschine«, fand sich Gassel äußerst witzig und verschwand in der Diele.
»Mist, verdammter«, grölte Zander. Fast wäre es passiert. Gassel hatte gar nicht so Unrecht. Die beiden Ausputzer in der Viererkette der Südländer waren wirklich nicht ohne.
»Noch etwas lauter und Arne ist wieder wach«, mahnte Katharina. »Außerdem, warum regst du dich so auf? Die Deutschen sind doch schon raus, oder?«
»Zum Glück. Wenigstens hat man nun die Garantie auf schöne Spiele. Übrigens, hättest mir ruhig sagen können, dass Karl Heinz mit Miss NRW ein Verhältnis hat.«
»Häh?«
»Na, seine Cordula, nein, Carina. Hübsches Mäusken, muss ich schon sagen.«
»Höre ich da so etwas wie Neid?«, fragte Katharina mit einem Seitenblick.
»Quatsch. Immerhin hab ich ja dich.«
»Hätte ja sein können, dass du mich alte Schachtel leid bist«, neckte Katharina weiter.
»Ach was, jetzt doch noch nicht. In zwanzig Jahren vielleicht, aber zurzeit bist du doch noch top in Form.«
»Du bist und bleibst ein altes Ekel«, entschied die Blonde und verpasste ihrem Lebensgefährten einen heftigen Schlag mit ihrer Zeitung.
»Hilfe, Amnesty, Folterung«, schimpfte Zander lachend. »Wo ist denn das Bier?«
Gassel war zurückgekehrt, mit leeren Händen und nachdenklichem Gesicht. »Hm? Ach, das Bier. Moment.«
»Wird der schon senil?«, flüsterte Zander. »Oder hat den sein Mäusken so ausgesaugt?«
»Halt die Klappe«, zischte Katharina.
Gassel erschien erneut. Wortlos stellte er vor jedem eine Flasche mit Gerstensaft ab und hockte sich wieder hin.
»Ist was?«, fragte Katharina.
»Wenn ich das wüsste«, antwortete Gassel. »Gisbert war nicht zu Hause. Ich hab nur mit seiner Frau gesprochen.«
»Wahrscheinlich schaut der sich in irgendeiner Kneipe das Spiel an.« Zander klemmte sein Feuerzeug unter den Korken.
»Nein. Seine Frau glaubt, er sei auf einem Seminar.«
»Bitte?«, hakte Katharina nach.
»Sieh mich nicht so fragend an«, erwiderte Gassel. »Ich kann dir nur erzählen, was Gisberts Frau erzählt hat.«
»Seminare am Wochenende?«, mischte sich Zander ein. »Für Beamte? Völlig unglaubwürdig.«
»Halt dich geschlossen«, meinte Katharina. »Kannst du dir das erklären?«
»Ich hab keinen blassen Schimmer«, antwortete Gassel. »Warum reicht Gisbert im Präsidium Urlaub ein und erzählt seiner Frau, er sei auf einem Lehrgang?«
»Hat der sich vielleicht auch was angelacht?«, fragte Zander. »Wäre doch möglich.«
»Das wüsste ich«, behauptete
Weitere Kostenlose Bücher