Ein Tropfen Blut
einer der Gäste einen… finanziellen Engpass hatte, war er gerne bereit auszuhelfen. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Schuldscheine?«
»Ja. Ich hab mich da nie eingemischt, ich hab Achmed sogar ständig gewarnt, das könnte ihn die Konzession für den ganzen Laden kosten. Aber er wollte nicht auf mich hören.«
»Wissen Sie, wo die Schuldscheine sind?«
»Bestimmt in Achmeds Tresor. Haben Sie die noch nicht gefunden?«
»Unsere Leute nehmen das Büro noch in Augenschein«, wich Wielert aus. »Aber für jemanden, der sich darum nicht gekümmert hat, wissen Sie ja gut Bescheid.«
Balu kippte endlich das nach Domestos duftende Zeug aus seinem Glas in seinen Mund und schüttelte sich kurz. »Ich habe nie mitgespielt, aber immerhin war Achmed mein Chef. Hin und wieder hab ich Karten gegeben, wenn hier vorne nichts los war. Aber das war es auch schon.«
»Am besten, wir unterhalten uns auf dem Präsidium weiter«, beendete Wielert die Befragung, weil Brettschneider und Gassel aus dem Gang zum Büro traten. »Wären Sie wohl so freundlich, mit Frau Glaas und Herrn Schröder draußen auf uns zu warten? Und bitte, lassen Sie die Beamten in Ruhe.«
Baltrusch grinste Wielert frech an. »Ich werde mich bemühen.«
»Abgezocktes Kerlchen«, meinte Katharina, als die Ermittler wieder unter sich waren. »Sein Boss ist noch nicht kalt und der reißt einen Joke nach dem anderen. Widerlich.«
»In dem Gewerbe musst du wahrscheinlich so sein«, antwortete Wielert und sah Brettschneider erwartungsvoll an.
Der Doc krempelte sich die Ärmel seines Hemdes herunter und nickte anerkennend. »Saubere Arbeit, das muss man dem Täter lassen. Von den acht Kugeln waren mindestens sechs tödlich. Bitte lasst euch mit der nächsten Leiche ein wenig Zeit. Den Schnitt für diese Woche haben wir bereits erfüllt.«
»Soll nicht an uns liegen«, erklärte Gassel. »Morgen um zehn?«
»Allmählich muss ich mir mal einen anderen Arbeitsrhythmus angewöhnen«, schmunzelte der Arzt. »Ihr habt mich durchschaut. Aber sagen wir lieber Montag, so viel Aufsehenerregendes wird die Leiche nicht hergeben, abgesehen von den Kugeln natürlich. Übrigens, was sagen Sie denn zu den Ergebnissen der DNA-Analyse, die ich gestern rübergefaxt habe?«
»Welche Ergebnisse?«, fragte Wielert überrascht. »Bei uns ist nichts angekommen.«
Brettschneider plusterte sich auf. »Bitte? Gestern Abend um sechs hab ich das Fax losgeschickt.«
»Auf Ehre und Gewissen, ich habe nichts bekommen«, verteidigte sich Wielert. »Welche Nummer haben Sie denn gewählt?«
Der Doc klopfte Gassel auf den nicht mehr vorhandenen Speck. »Die des ehemaligen Schwergewichts hier.«
Gassel hob abwehrend die Hände. »Keine Spur. Heute Morgen war das Fax sauber.«
»Komisch«, wunderte sich Brettschneider. »Na, ist ja jetzt auch egal. Euer Vergewaltiger ist eine einmalige Type. Der hat nicht nur eine extrem seltene Blutgruppe, sondern auch noch eine Erbkrankheit, Hämophilie. In der Kombination mit A negativ kommt das höchstens bei einem unter fünfhunderttausend vor.«
Brettschneider wuchtete seine Tasche auf den Rücken und rümpfte die Nase. »Etwas allerdings ist merkwürdig. Als ich das Ergebnis gestern studierte, hatte ich ein Déjà-vu-Erlebnis. Genau dieses Genprofil habe ich schon einmal gesehen, aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, bei welcher Gelegenheit das war.«
»Kann das nicht ein Zufall sein?«, zweifelte Gassel.
»Nein«, bekräftigte Brettschneider. »Wie ich schon sagte, die Kombination ist extrem selten. Rechnen Sie mal hoch, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass zwei derartige Proben von ein und demselben Gerichtsmediziner untersucht werden. Ich bin zu hundert Prozent überzeugt, ich hatte das Blut dieses Kerls schon mal in meiner Maschine. Aber ich weiß nicht mehr, in welchem Zusammenhang.«
»Stecken Sie sich am besten einen Ihrer Zigarillos ins Gesicht«, empfahl Wielert. »Unter Umständen hilft das.«
24
»Irgendwann wachsen dir noch mal Sträucher aus den Ohren«, grinste Ulli Zander vergnügt. »Ohne ein Kotelett in der Hand wirkst du wie ein halber Mensch.«
Gassel zupfte mit einem kleinen Obstmesser die letzten grünen Fitzelchen von seinen Radieschen, bestreute sie mit einer gehörigen Prise Salz und zermalmte eins mit seinen Backenzähnen. »Du solltest dir lieber ein Beispiel an mir nehmen«, erwiderte er. »Wie ich in den letzten Tagen beobachten konnte, essen du und deine Lebensgefährtin
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