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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Pointner
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»Wenigstens nicht in den nächsten sechs, sieben Monaten.«
    »Spinnst du? Und wann krieg ich meinen Anteil aus den Schuldscheinen?«
    »Gar nicht. Die hab ich nämlich nicht mehr.«
    »Was?«, rief Locke etwas zu laut.
    »Reg dich ab. Mausi und ich mussten kurzfristig umdisponieren. Wäre doch ein wenig zu auffällig gewesen, wenn der Tresor plötzlich leer gewesen wäre, oder? Eine von den Nutten hätte mit Sicherheit von der Zockerei erzählt.«
    »Verarsch mich nicht«, drohte Locke. »Der Mörder hätte sich die Schuldscheine gut unter den Nagel reißen können.«
    »Zuvor hätte jeder Fremde das ganze Büro nach dem Tresorschlüssel absuchen müssen. Nur Mausi und ich wussten, wo Achmed den versteckte. Und zum Suchen war keine Zeit.«
    Locke atmete tief durch und trank einen Schluck von seinem Bier. Balu hatte nicht gelogen, das Zeug hätte einem frisch aufgebrühten Pfefferminztee Konkurrenz machen können.
    »Mensch, Balu, ich brauch aber das Geld«, jammerte Locke. »Ich habe mich absolut darauf verlassen, dass da ein paar Scheine übrig bleiben.«
    »Heute schon Zeitung gelesen?«, fragte Balu scheinbar ohne Zusammenhang.
    »Was soll das?«, erwiderte Locke.
    »Ernsthaft. Sieh dir mal den Bochumer Lokalteil an.«
    Locke runzelte die Stirn, doch dann zog er die WAZ zu sich heran und blätterte. Als er den Bochumer Anzeiger aufschlug, entdeckte er einen grauen C6-Umschlag.
    »Fünfzehn Riesen«, erklärte Balu von der anderen Seite des Tisches und tippte den Umschlag mit dem Fingernagel an. »Eine kleine Spende aus Achmeds Bargeldbeständen. Wenn sich der Trubel etwas gelegt hat, kriegst du noch mal zehn. Zusammen mit deinen Schuldscheinen ist das ‘ne ganz anständige Entlohnung, findest du nicht?«
    Locke sah zur Theke, dann stopfte er den Zeigefinger unter die Lasche des Umschlags und nutzte ihn als Brieföffner. Balu hatte nicht gelogen, fünfzehn hässliche, alte Männer strahlten ihn an.
    »Wenigstens etwas«, seufzte er halbwegs beruhigt.
    »Und mit den nächsten zehn sind wir dann quitt«, erklärte Balu. »Am besten spielst du das nächste halbe Jahr den braven Bürger und igelst dich in deiner Hütte ein. Wenn wir wieder zocken, melde ich mich bei dir.«
    »Damit ist Schluss«, behauptete Locke entschlossen.
    »Wetten nicht?«, schmunzelte Balu. »Denk daran, was ich dir angeboten habe. Wie sagt doch dieser Gentleman Ribbeck immer so schön blöd? Kontrollierte Offensive. Solange du nicht verlieren kannst, macht das noch viel mehr Spaß.«
    »Ich überleg es mir. Wann genau krieg ich das restliche Geld?«
    Balu vernichtete den letzten Nüsel aus seinem Glas und rülpste hinter vorgehaltener Hand. »Reicht dir nächste Woche? Mausi und ich müssen an die Reserven, um dich zu bezahlen. Sagen wir, Mittwoch in einer Woche? Wieder hier?«
    »Okay«, signalisierte Locke Einverständnis.
    »Lass den Kopf nicht hängen«, munterte ihn Balu auf. »In ein paar Wochen kräht kein Hahn mehr nach der Geschichte. Oder tut es dir etwa Leid, was du getan hast?«
    »Leid? Um dieses Arschloch? Nicht ein bisschen.«
    »Sag ich doch. Willst du noch ein Bier? Bist auch eingeladen.«

29
     
     
     
    Das monotone Geticke der schmucklosen Uhr, unter der er saß, machte Wielert langsam verrückt. Okay, in dem Flur direkt vor dem Sektionsbereich der Gerichtsmedizin Gemütlichkeit zu erwarten wäre geschmacklos gewesen. Aber ein Eimer Farbe hätte den vergammelten Wänden schon gut getan.
    In den Stunden nach dem Auffinden der Leiche waren die Beamten wie paralysiert gewesen. Lohkamp ärgerte sich irgendwann, dass er die ganze Truppe zum Fundort kommandiert hatte; Wielert und seine Leute waren zu nichts mehr zu gebrauchen.
    Immerhin hatte der Wattenscheider seine Kollegen in einen der Bullis verfrachten können, als es zu nieseln begann. Und nun saßen sie schon seit Stunden in diesem abstoßenden Flur vor Brettschneiders Reich.
    Wielert verbarg sein Gesicht hinter den Händen. Katharina rauchte Kette, Hofmann inspizierte aufmerksam den Inhalt seines Spritzenbeutelchens, mit dessen Hilfe er sich seine regelmäßigen Insulindröhnungen verpasste. Gassel stand mit dem Rücken zu ihnen vor dem Fenster und starrte auf die Betonburgen des die Gerichtsmedizin umgebenden Uniklinikums.
    Von der Obduktion an sich bekamen sie nichts mit. Lohkamp hatte einen seiner Leute in den Saal geschickt, aus dem hin und wieder ein Geräusch zu hören war. Zwei- oder dreimal klingelte ein Telefon, einmal fiel Brettschneider wohl eines seiner

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