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Ein Tropfen Zeit

Titel: Ein Tropfen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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genommen.
    Ich fuhr nach Kilmarth und versuchte, mir eine bessere Erklärung auszudenken als die Geschichte vom Verlaufen oder von der stehengebliebenen Uhr. Benzin? Hätte mir das Benzin ausgehen können? Ein geplatzter Reifen? Wie wäre es damit? Ach, zum Teufel, dachte ich …
    Ich bog in die Einfahrt und hielt vor dem Haus, dann ging ich durch den Vorgarten, die Treppe hinauf und in den Flur. Die Tür zum Eßzimmer war geschlossen. Mrs. Collins erschien mit ängstlichem Gesicht in der Küchentür.
    »Ich glaube, die anderen sind schon fertig«, sagte sie entschuldigend, »aber ich habe das Essen warmgehalten. Es ist nichts verdorben. Hatten Sie eine Panne?«
    »Ja«, sagte ich dankbar.
    Ich öffnete die Eßzimmertür. Die Jungen räumten ab, Vita trank ihren Kaffee.
    »Dieser verfluchte Wagen …«, setzte ich an, während die Jungen sich umdrehten, mich anstarrten und nicht wußten, ob sie kichern oder sich verdrücken sollten. Teddy bewies plötzlich Taktgefühl; er nahm das volle Tablett, sah Micky an, und beide verließen eiligst das Zimmer.
    »Liebling«, begann ich noch einmal, »es tut mir furchtbar leid. Ich hätte wirklich vorsichtiger sein sollen. Du kannst dir gar nicht vorstellen …«
    »Ich kann es mir sehr gut vorstellen«, unterbrach sie mich kühl. »Ich fürchte, ich habe deine Sonntagspläne völlig durcheinandergebracht.«
    Ihre Ironie traf mich nicht. Ich zögerte und überlegte, ob ich weiterreden und meine großartige Geschichte von der Panne vortragen sollte.
    »Der Pfarrer war sehr liebenswürdig«, fuhr sie fort. »Sein Sohn hat uns heimgefahren. Als wir dann ankamen, gab Mrs. Collins mir dies.« Sie deutete auf ein Telegramm, das neben ihrem Teller lag. »Sie sagte, es sei kurz nach unserer Abfahrt angekommen. Ich dachte, es müßte etwas Wichtiges sein und öffnete es. Natürlich von deinem Professor.«
    »Ich wünsche dir für das Wochenende einen guten Trip«, stand da. »Hoffe, dein Mädchen erscheint wieder. Werde an dich denken. Grüße, Magnus.«
    Ich las es zweimal, dann sah ich zu Vita hinüber, aber sie ging bereits in die Bibliothek, Wolken von Zigarettenrauch hinter sich lassend. Mrs. Collins kam herein und brachte mir einen großen Teller mit heißem Roastbeef.

12
    Wenn Magnus einen Skandal heraufbeschwören wollte, so hätte er keine günstigere Zeit wählen können, aber ich sprach ihn frei. Er glaubte, Vita sei noch in London und ich allein. Dennoch war seine Formulierung nicht gerade glücklich – eher katastrophal. Vita mußte augenblicklich damit die Vorstellung verbinden, wie ich mich, bewaffnet mit Rasierzeug und Zahnbürste, aus dem Haus stahl, um auf den Scilly-Inseln ein leichtes Mädchen zu treffen. Meine Unschuld war schwer zu beweisen. Ich ging Vita nach.
    »Hör mal zu«, sagte ich und schloß sorgfältig die Flügeltür zwischen den beiden Räumen, damit Mrs. Collins mich nicht hören konnte. »Dieses Telegramm ist nur ein Scherz – Magnus wollte mir einen Schabernack spielen. Mach dich nicht lächerlich, indem du es ernst nimmst.«
    Sie drehte sich um und stand in der klassischen Pose der empörten Ehefrau vor mir, eine Hand an der Hüfte, in der anderen die Zigarette. Die Augen in ihrem erstarrten Gesicht waren ganz schmal geworden.
    »Der Professor und seine Witze interessieren mich nicht«, sagte sie. »Ihr schein euch gut zu amüsieren, und du denkst dabei überhaupt nicht mehr an mich, so daß es mir allmählich gleichgültig geworden ist. Wenn das Telegramm ein Witz sein soll, dann gratuliere ich euch beiden. Jetzt geh lieber und iß, bevor alles kalt wird.«
    Sie griff nach der Sonntagszeitung und tat, als lese sie darin. Ich riß sie ihr fort. »O nein, bitte nicht so«, sagte ich. »Du hörst mir jetzt zu.« Ich nahm ihr auch die Zigarette aus der Hand und drückte sie im Aschenbecher aus. Dann packte ich sie bei den Handgelenken und drehte sie zu mir.
    »Du weißt, daß Magnus mein ältester Freund ist«, sagte ich. »Außerdem hat er uns sein Haus unentgeltlich zur Verfügung gestellt und Mrs. Collins obendrein. Als Dank habe ich hie und da allerlei Forschungsarbeiten in Verbindung mit seiner Tätigkeit für ihn übernommen. In dem Telegramm hat er mir ganz einfach auf seine Art Glück wünschen wollen.«
    Meine Worte machten ihr gar keinen Eindruck. Ihr Gesicht blieb eiskalt. »Du bist kein Wissenschaftler«, sagte sie. »Was für Forschungsarbeiten kannst du für ihn übernehmen? Und wohin bist du gegangen?«
    Ich ließ ihre Handgelenke

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