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Ein Tropfen Zeit

Titel: Ein Tropfen Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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jetzt wieder gesund. Vielleicht war es nur ein Zufall gewesen und hatte mit der Droge nichts zu tun. Aber das würde ich nun nicht mehr klären können.
    Vita gab den Jungen in der Küche das Abendessen. Während ich immer noch nach Fassung rang, hörte ich sie reden.
    »Na, ich wette, das war ein Verbrechen.« Teddys ziemlich schrille, nasale Stimme klang deutlich durch die offene Küchentür. »Ist doch klar, daß der Professor geheime wissenschaftliche Informationen bei sich trug. Wahrscheinlich hatten sie was mit Bakterienkrieg zu tun. Er hatte sich am Tunnel mit jemand verabredet, und der Mann, den er dort traf, war ein Spion und gab ihm eins über den Kopf. Die Polizei hier in der Gegend kommt nur nicht drauf, sie müssen die Geheimpolizei hinzuziehen.«
    »Rede nicht so dummes Zeug, Teddy«, sagte Vita scharf. »Auf diese schreckliche Weise werden Gerüchte in Umlauf gesetzt. Dick würde sich furchtbar aufregen, wenn du so etwas sagtest. Ich hoffe, du erzählst Mister Collins nicht ähnliche Sachen.«
    »Mister Collins hat zuerst daran gedacht«, fiel Micky ein. »Er sagte, man wüßte nie, was die Wissenschaftler heutzutage anstellen, und vielleicht suchte der Professor ein Gelände für eine geheime Versuchsstation im Tressmill-Tal.«
    Diese Unterhaltung bewirkte, daß ich mich augenblicklich zusammennahm. Ich dachte, wie Magnus seine Freude an diesen Vermutungen gehabt, wie er das Ganze hochgespielt, wie jede Übertreibung ihn amüsiert hätte. Ich hustete laut, ging zur Küche und hörte noch, daß Vita »Pssst …« machte, als ich durch die Tür kam.
    Die Jungen blickten auf, und ihre kleinen Gesichter sahen plötzlich scheu und verlegen aus, wie gewöhnlich bei Kindern, wenn sie plötzlich einem trauernden Erwachsenen gegenüberstehen.
    »Nun«, sagte ich, »habt ihr einen schönen Tag gehabt?«
    »Ja, nicht schlecht«, murmelte Teddy errötend. »Wir sind fischen gegangen.«
    »Habt ihr was gefangen?«
    »Ein paar Wittlinge. Mama brät sie gerade.«
    »Wenn ihr welche übrig habt, möchte ich auch was davon. Ich hatte in Fowey eine Tasse Kaffee und ein Schinkenbrot, das war alles für heute.«
    Sie hatten wohl erwartet, daß ich mit gesenktem Kopf und zuckenden Schultern dastehen würde, und ihre Mienen hellten sich sichtlich auf, als ich mit der Fliegenklappe auf eine dicke Wespe am Fenster losging und sagte: »Ich hab sie!« Später beim Essen erklärte ich: »Nächste Woche bin ich möglicherweise ein bißchen in Anspruch genommen, weil die Ermittlungen über Magnus durchgeführt werden, und da muß ich verschiedenes erledigen, aber ich werde dafür sorgen, daß ihr mit Tom segeln geht oder mit dem Motorboot rausfahren könnt – was ihr lieber wollt.«
    »Oh, vielen Dank«, sagte Teddy; Micky, der bemerkte, daß das Thema Magnus jetzt nicht mehr tabu war, schwieg einen Augenblick, den Mund voll Wittling, und fragte dann altklug: »Wird die Lebensgeschichte des Professors heute abend im Fernsehen gezeigt?«
    »Ich glaube nicht«, antwortete ich, »es ist ja nicht wie bei einem Pop-Sänger oder einem bekannten Politiker.«
    »Schade«, meinte er. »Aber wir werden trotzdem anstellen, für alle Fälle.«
    Zur großen Enttäuschung der beiden Jungen und auch Vitas, wie ich glaube, und zu meiner eigenen Erleichterung kam nichts. Ich wußte, daß die nächsten Tage genug Trubel bringen würden, wenn die Presse sich erst einmal der Geschichte bemächtigt hätte, und so kam es auch. Das Telefon läutete bereits am nächsten Morgen, obwohl Sonntag war, und hörte den ganzen Tag nicht mehr auf. Vita und ich konnten kaum den Hörer aus der Hand legen. Schließlich zogen wir den Anschluß heraus und setzten uns in den Innenhof, wo die Reporter, die am Eingang läuteten, uns nicht sehen konnten.
    Am nächsten Morgen fuhr Vita mit den Jungen nach Par zum Einkaufen und überließ mich den Briefen, die ich noch nicht geöffnet hatte. Sie hatten nichts mit dem Unglück zu tun. Schließlich zog ich den untersten aus dem kleinen Haufen hervor und spürte einen merkwürdigen Stich im Herzen, als ich sah, daß er mit Bleistift in Magnus' Schrift an mich adressiert war und den Poststempel von Exeter trug. Ich riß ihn auf.
    »Lieber Dick«, stand da, »ich schreibe Dir dies im Zug, und es wird wahrscheinlich unleserlich sein. Wenn ich am Bahnhof von Exeter einen Briefkasten finde, stecke ich den Brief ein. Vermutlich brauche ich Dir überhaupt nicht zu schreiben, und wenn Du dies am Samstag morgen erhältst, haben wir

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