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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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vielleicht schrieb er bald an sie, und der Brief brachte dann die Erklärung für alles. Auch seine Adresse würde sie dann kriegen. Gerd wußte nur, daß sich seine Reederei in Kristiansand befand, und da wohnte Helge wohl auch, aber damit erschöpften sich ihre Kenntnisse.
    Aber sie würde schon mehr erfahren. Es war doch ganz klar, daß Helge schreiben würde.
    Bei diesem Gedanken fand Gerd ihre Ruhe wieder. Sie lächelte so glücklich vor sich hin, sah so jung und froh aus, daß ein Geschäftsmann in mittleren Jahren aus dem fernen Westen auf der anderen Gangseite darüber sinnierte, wie er wohl mit der „dollen Biene“ da drüben in ein Gespräch kommen könne. Aber es war nicht so leicht, ein Gespräch anzuknüpfen, denn das Herz der „Biene“ war so voll, daß gar kein Platz mehr für anderes war. Und sie war so ganz in ihre Gedanken versunken, daß sie sich mit nichts beschäftigen konnte, als eben nur mit diesem einen.
    Gerd hatte ihre Ankunft telegrafiert, und nun waren Mutti und Solveig auf Fornebu.
    „Nein, weißt du, Gerd“, freute sich Mutti, „du hast aber wirklich einen Mordsdusel. Kind, du siehst ja strahlend aus. Und ich dachte, du hättest ein paar schrecklich anstrengende Tage hinter dir!“
    „Ich habe ein paar herrliche Tage hinter mir“, lachte Gerd, „das Ganze war wie ein Märchen!“
    Dann erzählte sie von der dramatischen Hinreise mit Telegrafieren und Nervosität, dem Treffen mit Busch in Kopenhagen, der Besprechung in Hamburg. Dann schwieg sie plötzlich.
    „Wie heißt er?“ fragte Solveig aus einem sicheren schwesterlichen Instinkt heraus.
    „F. J. Busch, wie ich schon sagte.“
    „Unsinn! Doch der, mit dem du in Hamburg zusammen warst.“
    Gerd wurde glühend rot.
    „Dacht’ ich es mir doch! Hast ja nie gut Komödie spielen können, Schwesterchen. Wo trafst du ihn denn, und war er nett?“
    „Ich traf ihn zwischen Kristiansand und Aalborg, und er war sehr nett.“
    „Und er mußte auch nach Hamburg, und da wart ihr bei Hagenbeck und am Jungfernstieg.“
    Gerd starrte ihre Schwester verblüfft an.
    „Woher weißt du das?“
    „Du bist doch ein normaler Mensch, und so was würden alle normalen Menschen tun. Soso - ! Und wo ist er geblieben?“
    Gerd erzählte. Solveig interessierte sich lebhaft dafür, aber die Mutter sah bekümmert aus. „Nun, Gerd, so etwas – “
    „- geht doch nicht an“, vollendete Gerd den Satz. „Beruhige dich nur, Mutti. Ich habe mich so brav aufgeführt, daß man mich in Leder binden und einer Konfirmandin auf den Nachttisch legen könnte.“
    „Aber Gerd, nach so kurzer Bekanntschaft – “
    „Mutti, ich habe ein Gewissen, so rein wie ein neugebleichtes Handtuch. Und Helge hat weder mit mir geflirtet noch mich geküßt.“
    „Wie schade!“ sagte Solveig. Gerd sann ihren eigenen Worten nach: Nein, Helge hatte weder mit ihr geflirtet noch sie geküßt. Und – wenn er sie nun geküßt hätte? Gerd mußte sich selbst gestehen, aber auch nur sich selbst, daß dieser Gedanke ihr gar nicht unsympathisch war.
    Auf einmal begriff sie, daß diese kleine Unruhe, emporgestiegen aus ihrem Unterbewußtsein, einen unerfüllten Wunsch bedeutete, der dalag und rumorte. Es war ganz einfach eine schmerzliche Enttäuschung.
    Wie gemütlich war es, für einige Stunden zu Hause zu sein! Mutti und Solveig fragten, und Gerd erzählte von ihrer Arbeit, dem Chef, der krank war, und wie es zu der plötzlichen Reise gekommen war, nicht zu vergessen das Telegramm, das sie erhalten hatte, mit ihrer Beförderung zur Büroleiterin.
    „Ich bin stolz auf dich, meine Kleine“, sagte Mutti und fügte mit etwas unsicherer Stimme hinzu: „Ach, wenn dein Vater das noch erlebt hätte, wie froh wäre er darüber gewesen.“
    Das Abendessen bei der Mutter schmeckte ganz herrlich, sogar noch besser als der feine Lunch im Luxusflugzeug.
    „Aber du bist so dünn, Kind“, meinte die Mutter besorgt. „Es war wohl zu anstrengend in der letzten Zeit.“
    „Nun ja, du weißt, der Chef ist krank. Ich muß immer zwischen Büro und Klinik hin- und herpendeln, und das junge Mädchen, das wir im Büro haben, taugt zu nicht viel mehr, als Briefmarken zu kleben und den Papierkorb zu leeren.“
    „Richtige Ferien hast du auch nicht gehabt“, sagte die Mutter bekümmert.
    Das stimmte. Gerd war im August ins Gebirge gereist und sollte drei Wochen Ferien haben, aber nach zehn Tagen kam ein Blitztelegramm für sie: Der Chef habe ein Bein gebrochen und liege im Krankenhaus. Ob sie

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