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Ein tüchtiges Mädchen

Ein tüchtiges Mädchen

Titel: Ein tüchtiges Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sie dann ein bißchen nach ihrer Familie aus, und sie erzählte von Solveig, die Innenarchitektin war und bei der Mutter in Oslo wohnte, während sie selbst eine Kleinwohnung in dem idyllischen südnorwegischen Städtchen hatte und mit Leib und Seele in der Arbeit für Myrseth und Sohn aufging. „Du wirkst so… so energisch, wenn du von deiner Arbeit sprichst“, sagte Helge, „so gewissermaßen – erwachsen.“
    „Nun, das sollte ich wohl schließlich auch sein“, lächelte Gerd. „Ich bin ja seit drei Jahren mündig.“
    Aber einen Augenblick später war es nicht weit her mit dem Erwachsensein, denn da geriet sie vor einem Spielzeuggeschäft in helle Begeisterung.
    „Nein, Helge, guck doch mal! Hast du schon je so entzückende Stofftiere gesehen? Da sind Elefanten und hier die Giraffe und der kleine Esel – nein, so was Bezauberndes! Und so viele Hunderassen – “
    Helge lächelte. „Ja, die Stofftiere sind reizend. Komm, Gerd, so ein Tier will ich dir verehren.“
    Er zog sie mit sich in das Geschäft. Gerd umrundete die große Vitrine mit Teddybären und Rehen, Löwen und Tigern, Schäferhunden, Foxterriern, Dackeln und einer Reihe anderer Hunderassen. Zum Schluß landete sie bei den Katzen.
    „Nun, das ist aber doch wirklich die Höhe! Hier darf man nicht einfach nach einer Spielzeugkatze fragen, hier muß man sagen, ob es eine Angora- oder eine graugestreifte Hauskatze, eine schwarze Langhaarkatze oder eine siamesische sein soll!“
    „Und welche möchtest du am liebsten?“
    Gerds Augen hingen immer noch an den Katzen.
    „Die da“, entschied sie zum Schluß und deutete auf eine naturgetreue kleine Siamkatze.
    Sie wurde eingepackt und in der neuen Aktentasche verstaut, zusammen mit Myrseths wichtigen Verträgen.
    „Aber jetzt endlich muß ich was zu essen haben“, erklärte Helge energisch, „und ich weiß auch genau, wo wir hingehen sollen.“
    „Na – wo denn?“
    „Nicht in eines der großen internationalen Restaurants. Wenn ich in einer fremden Stadt bin, suche ich mir immer etwas aus, was gerade für diesen Ort charakteristisch ist, kleine versteckte Lokale, am liebsten solche, die besondere Spezialitäten führen.“
    „Einverstanden“, stimmte Gerd zu. „Bestimme nur, ich folge dir blind.“
    Wieder glitt ein Schatten über Helges Gesicht. Er nahm ihren Arm und lotste sie zur nächsten U-Bahn-Station.
    Sie fuhren in das Hafenviertel, und hier befand sich Helge auf bekanntem Terrain. In einer richtigen Seemannskneipe bekamen sie ein solides Beefsteak mit einer Unmenge Gemüse und nachher einen ebenso soliden Pudding.
    Gerd hatte ihre Siamkatze ausgepackt und sie auf den Tisch gesetzt. Mit ihren schrägen orientalischen Glasaugen sah sie aus, als hörte sie aufmerksam auf alles, was gesagt wurde.
    „Du magst sicher Katzen gern“, sagte Helge.
    „Ja, ich liebe die Katzennatur, ich liebe ihre Selbständigkeit. Daß sie nicht kriechen, daß sie sich von niemand abhängig machen.“
    „Still they are the cats who walk by themselves, and all the world is alike to them“, lächelte Helge.
    „Abgesehen von der Pluralform ist das richtig“, lachte Gerd. „Auch ich habe Kipling gelesen. Aber ist es nicht wahr?“
    „Doch, es ist wahr. Und ich verstehe gut, daß gerade du das findest. Du gleichst ihnen in vielem.“
    „Ich?“
    „Ja du! Ich hoffe, du bist nicht beleidigt, wenn ich behaupte, daß du etwas von einer Katze in dir hast.“
    „Nein, beleidigt bin ich keinesfalls. Das Wort ,Katzennatur’ ist so oft mißbraucht worden, und es ist schrecklich ungerecht, es in einer herabsetzenden Bedeutung anzuwenden.“
    „Das ist es, was ich meine. Im Grunde habe ich dir nun also ein großes Kompliment gemacht.“
    „Darüber bin ich mir völlig klar. Die Katze ist das selbständigste und ehrlichste Tier, das es gibt.“
    „Und ich glaube, du bist das selbständigste und ehrlichste Mädchen, das ich kenne.“
    „So gut kennst du mich doch gar nicht! Aber um auf etwas anderes zu kommen: Was wirst du tun, wenn du hier abreist? Ja, richtig, nach Kiel fahren und an Bord eines neuen Schiffes gehen. Wie heißt es denn?“
    „Dorette.“
    „Dorette? Ein putziger Name.“
    „Ja, weißt du, es fing damit an, daß die Frau des Reeders Annette heißt. So wurde das erste Schiff getauft. Das nächste hieß nach der Tochter Babette. Damit hatten sie nun etwas ganz Amüsantes, aber auch Vertracktes angefangen, denn jetzt sollten alle Schiffsnamen auf ,ette’ enden, und sie sollten nach dem

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