Ein tüchtiges Mädchen
Export von Maschinenteilen liefern können. Jetzt wollen wir mal sehen – “
Direktor Myrseth nahm den ersten Brief von dem ziemlich großen Packen, der sich bei ihm angesammelt hatte. Gleich darauf vertiefte er sich gemeinsam mit Gerd in die Geschäftspapiere.
Die neue Mappe voller Stenogramme, kehrte Gerd ins Büro zurück. Als sie in der Frühstückspause in die Zeitung schaute, starrte sie mit großen nachdenklichen Augen auf eine Notiz, die besagte, daß „Dorette“ von Kiel, wo sie für Rechnung der Reederei Langedal gebaut worden war, auf ihre Jungfernfahrt gehen sollte.
Ein einziges kleines Wort ließ ihr Herz rascher schlagen, das kleine Wort D-o-r-e-t-t-e… sieben kleine Buchstaben…
Ihre Augen wanderten zur Katze Dorette, die fremdartig-ostasiatisch auf ihrem Schreibtisch saß, und Gerds Zeigefinger glitt liebkosend über ihren braungoldenen Plüschrücken.
7
Es war gut, daß Gerd viel zu tun hatte. So war sie gründlich müde am Abend und hatte weder Zeit noch Kräfte, an private Sachen zu denken. Ja, sie war oft so todmüde, daß sie trotz der stachelnden Unruhe im Unterbewußtsein einschlief.
Warum, warum hörte sie denn nur kein einziges Wort von Helge? War sie also doch ein so schlechter Menschenkenner, hatte er nichts weiter gemeint? Und diese warme, melodische Stimme – ja, war sie ganz einfach immer so? Denn in dem, was er gesagt hatte, war ja nicht ein Wort, das auf etwas anderes als auf Sympathie deuten konnte. „Ich habe dich so unbeschreiblich gern.“ Ja, das hatte er gesagt. Und – „Ich bin so froh, daß ich dich kennengelernt habe.“ Aber kein Wort mehr. Und dann: „Du bist ein merkwürdiges Mädchen.“ Das war gewiß keine Liebeserklärung. „Du bist so energisch. – Du bist wohl nicht beleidigt, wenn ich sage, daß eine Katze in dir steckt.“
Persönliche Randbemerkungen, gewiß, aber nichts in Richtung einer Liebeserklärung.
Aber die Stimme – die Stimme – und die Blicke.
Vielleicht kennzeichnete gerade dies die großen Charmeure, daß sie nur die alltäglichsten Dinge zu sagen brauchen, bei denen die Worte nichts bedeuten, aber Stimmenklang und Blicke den Erfolg verbürgen.
Wenn es sich so verhielt, ja, dann sollte es dem Kapitän Helge Jerven niemals glücken, dem Bürochef Gerd Elstö den Kopf zu verdrehen. Dafür wollte Bürochef Elstö sorgen!
Dann stürzte sich Bürochef Elstö verbissen und energisch auf die Tagespost.
Handwerker waren dagewesen und hatten einen kleinen „Käfig“ aus Mattglas für sie errichtet. Jetzt hatte sie ihr eigenes Büro, mit der Aufschrift „Büroleiterin“ an der Tür. Hinter der breiten Mahagonitür befand sich der goldbuchstabierte DIREKTOR, und im äußeren Büro hausten Intelli-Genzchen und ein neuer junger Mann namens Throndsen. Mit dem jungen Throndsen war unter den vielen Bewerbern eine gute Wahl getroffen worden. Er kam frisch vom Handelsgymnasium, hatte einen klugen Kopf, war höflich und wohlerzogen. Gerd seufzte neidvoll, wenn der junge Throndsen vom Chef zum Diktat gerufen wurde, während sie sich mit Intelli-Genzchen plagen mußte.
„Hören Sie mal, Fräulein Genz“, sagte Gerd, „wenn ich Ihnen ein Wort diktiere, das Sie nicht verstehen, so fragen Sie doch einfach. Niemand erwartet von Ihnen, daß Sie alle möglichen Fachausdrücke kennen sollen. Also, fragen Sie nur! Damit lernen Sie etwas für die Zukunft.“
„Fräulein Genz, setzen Sie sich hin und lesen Sie die Regeln für den Postverkehr“, sagte Gerd ein andermal. „Sie müssen sich die Unterschiede zwischen Bankscheck, Postanweisung und Postscheckkonto einprägen. Haben Sie denn das nicht auf der Handelsschule gelernt?“
„Doch, aber es ist so schwer zu behalten“, murmelte Intelli-Genzchen errötend.
„Dann müssen Sie es eben jetzt lernen. Das ist dringend notwendig. Und ebenso müssen Sie lernen, einen Telefonbescheid entgegenzunehmen sowie einen zu geben. Sie müssen wissen, wie man ein Ferngespräch anmeldet, ein Telegramm aufgibt, eine telegrafische Anweisung und so weiter. Alles steht da schwarz auf weiß, und Sie können es lernen. Das alles überreiche ich Ihnen jetzt als erste Aufgabe.“
Die arme kleine Genz nahm es ernst. Mehrere Tage hindurch ging sie herum und übte sich die Telegrammtechnik ein. Sie aß nicht mehr Kotelett zu Mittag, sondern Karin, Otto, Theodor, Else, Luise, Erich, Theodor, Theodor. Abends war sie so müde, daß sie ins Betty, Erich, Theodor, Theodor fiel.
Der Juniorchef war bald in
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