Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
im Garten, mit Staubwedel und – sauger und feuchtem Tuch durchs ganze Haus, sogar ein loderndes Feuer im Kamin,
soweit das mit diesen gasbetriebenen Imitaten möglich ist. Ich erwartete sie am Gartentor, küßte meine Tochter und gab ihrem Verlobten die Hand. Den einzigen Eindruck, den ich mir von ihm bildete, war der, daß er sich einen Eindruck von mir bildete im Vergleich zu dem, was zu erwarten man ihm vermittelt hatte: Zum Beispiel wurde der Respekt für den zukünftigen Schwiegervater sofort überlagert von der Frage, was denn da eigentlich zu respektieren sein könnte. Sein Auto deutete darauf hin, daß es ihm und/ oder seiner Firma sehr gutging, vielen Dank. Es lagen Unmengen von Kassetten und anderer Krimskrams zwischen all der Ausrüstung, die offensichtlich nötig war, um dieses Gefährt, das ich mir jetzt genauer anschaute, sicher zu bewegen. Da gerade Schweigen herrschte, versuchte ich es mit einem Witz.
»Wenn einem diese ganze Technik das Fahren abnimmt, braucht man viel Musik, um sich nicht zu langweilen, mh?« Das kam nicht gut an, soweit ich das beurteilen konnte, also hängte ich mich noch weiter aus dem Fenster. »Aber nicht gerade ’ne Spaßbremse, was?«
Das war noch schlimmer, aber immerhin ermöglichte es Virginia, zu kichern und mich in den Arm zu knuffen und zu sagen: »Ach, Dad, du wirst dich nie ändern.« Dann küßte sie mich heftig auf die Wange, und alle anderen Gedanken verkrochen sich in ihre Ecke, während die guten Zeiten zu mir zurückströmten, die mir damals, als ich sagte, es sei zu der Zeit ganz in Ordnung gewesen, leider zu wenig bewußt waren. Kurz gesagt, der einzige Gedanke, den ich hatte, war: Das ist meine geliebte Tochter, und er ist ganz offensichtlich ein vernünftiger, ehrbarer, anständiger Kerl, und Humor ist ja nicht alles – wenn er sich nicht mit einem Witz aus Schwierigkeiten herauswinden kann, wird er auch weniger Gefahr laufen, sich selber, oder sie, überhaupt in Schwierigkeiten zu bringen, und er wird sich, fast übertrieben aufmerksam, um sie kümmern, wobei er allerdings gefälligst seine dreckigen Finger von ihr lassen soll. Einer meiner schmutzigen Gedanken, der mir flüchtig durch den Kopf schoß, bevor der abscheuliche Lüstling sich wieder in seinen Karren setzte und in Richtung Ipswich davonraste.
Während wir den Pfad hochgingen, schaute Virginia sich den Garten an und sagte: »Hübsch, Dad. Ist allerdings noch nicht viel zu sehen, was du mit deinem Badminton-Schläger abschlagen könntest.«
Sie erinnerte sich also noch daran, obwohl es schon so lange her war, und in dieser Richtung machten wir auch weiter: die Webbs und Hambles, unsere Nachbarn in Nordlondon, der Tag im Park, meine Besuche bei ihr im Krankenhaus nach diesem Unfall, und natürlich auch ihre Mutter, und übrigens, wie ging’s ihr denn überhaupt jetzt?
Sie erzählte mir von der Logopädie und ihrer Bewerbung um einen Job in einem Krankenhaus, das günstig in der Nähe der Bakerloo Line lag. In ihrem Abschlußjahr sei sie die beste Studentin gewesen, sagte sie, ohne zu prahlen, und es könne sein, daß ihre Magisterarbeit als Buch herausgebracht werde. Jemandem die Gabe des Sprechens zu schenken, sei ein Privileg, sagte sie, aber sie wisse nicht, ob sie die Geduld dazu habe, die nötige Distanz zu nicht teilbarem Leid. Wir schauten einander in die Augen (was wir früher kaum getan hatten, weil ich immer befürchtet hatte, ich könnte dort ein neues Gerstenkorn oder eine neue Sorge oder irgendeine unrealistische Erwartung an mich entdecken), und so bekam ich einen ziemlich guten Eindruck davon, zu was für einem Menschen sie geworden war, weit außerhalb der Reichweite dieses Kerls mit dem ganzen Zeug im Auto oder irgendeinem anderen. (Verdammte Liegesitze hatte diese Karre auch noch.) Als ich uns in einer Werbepause frische Drinks eingoß, meinte sie, es tue ihr leid, daß sie den Kontakt zu mir so habe schleifen lassen. Ich entgegnete, ich würde darauf trinken, wenn sie dasselbe auch in bezug auf mich tun würde. Das war der Punkt, an dem es anfing schiefzugehen, offensichtlich, weil da ein Witz mitschwang, den ich nicht gemacht hatte.
»Und deine Mutter«, fragte ich. »Verbessert sie noch immer die Welt?«
»Sie hat sich inzwischen einen ziemlichen Ruf geschaffen. Liest du den Guardian?«
»Mit Sicherheit nicht. Na, nicht sehr oft. Ich bekomme dann
immer das Gefühl, ich sollte nicht ohne ihn auf die Welt losgelassen werden.«
»Sie hat schon zwei Artikel da
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