Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
Vom Netzwerk:
über mein bisheriges Leben abschließen, mit etwas noch Unerledigtem, einem Trittbrett in die Zukunft? Wie auch immer, hier zunächst einmal, was ich zu der Zeit über den Morgen danach schrieb.
     
    Ihr Verlobter hatte sich für zehn angemeldet, und sie kam kurz vor neun zum Frühstück herunter. Ich hatte alles vorbereitet: Grapefruit- und Orangensaft, diverse Müslis, Spiegeleier, Speck, Tomaten, Toast, Kaffee, der Eßtisch gedeckt mit einem Tischtuch, Servietten in Ringen, Tassen mit passenden Untertassen. Eine Tasse Kräutertee und eine halbe Scheibe Vollkornbrot würden ihr genügen, meinte sie.
    »Ist das dein ganzes Frühstück?« stichelte ich.
    Doch ihr Lächeln war dünn, bis sie unter ihrer Müslischale den Scheck entdeckte, den sie ziemlich lange anstarrte, bevor sie um den Tisch herumkam, um mich zu drücken, aber diesmal nicht zu küssen. Ich hatte keine Ahnung, was sie dachte. War es viel mehr oder viel weniger, als sie sich erwartet hatte? Vielleicht vom Zählen der Nullen zeigte ihr Gesicht etwas, das wohl als verblüffte Miene gelten konnte.
    »Guter, alter Dad«, sagte sie schließlich. »Was soll ich sagen? Vielen, vielen Dank.«
    War das Drücken auch nur pragmatisch gewesen oder nicht? Sie ging in die Küche, um ihren Tee zu kochen, und rief mir von dort aus zu, daß es in Colindale ein Haus gebe, auf das sie ein Auge geworfen hätten, nicht ohne mehrmals den erstaunlichen Preis zu erwähnen. Als sie mir dann wieder gegenübersaß, wechselte ich das Thema, indem ich mir einredete, der frühe Morgen sei wohl nicht gerade ihre Zeit: die Augen klein von den Schwellungen darunter, die Haare so, daß sie zeigten, auf welcher Seite sie vorwiegend geschlafen hatte, und diese knappe Umarmung, bei der ich gerochen hatte, daß sie ihre Zähne erst nach dem Frühstück putzte, noch etwas, das ich ihr nicht beigebracht hatte. Als
sie die Treppe herunterkam, wurde ihr müdes Schlurfen auch nicht gerade dadurch gebessert, daß sie keine Schuhe trug, und die fahlgraue Angespanntheit ihres Gesichts im Morgenlicht, mit rötlichen Flecken hier und dort wie Hautunreinheiten, vermittelte den Eindruck von Schmerzen, gegen die Medikamente nichts mehr ausrichten konnten. Froh, ein anständiges Frühstück zu haben, das meine Hände wie meinen Blick beschäftigte, schaute ich sie wieder einmal kaum an, als sie anfing, von ihrem Richard zu erzählen, von seinen Zukunftsaussichten und dergleichen, vor allem aber von seiner verwitweten Mutter, die keinen Penny hatte, weil ihre beiden anderen Kinder ihr jeden einzelnen abluchsten.
    »... also darf der arme Richard immer blechen. Das macht ihn fertig, und er treibt sich selbst zu sehr an. Trotzdem, wir kommen über die Runden.«
    »Willst du weiterarbeiten?«
    Sie nickte und verzog das Gesicht, oder pulte sie sich nur mit der Zunge Krümel vom Gaumen? Dann kratzte sie sich zwischen Achselhöhle und Taille. »Wir würden gern irgendwann eine Familie gründen, wenn wir es uns leisten können.«
    Zwei Fragen schwappten mir inzwischen etwas zusammenhanglos im Kopf herum. Was hatte ihre Mutter ihr gegeben – dort waren zwei stattliche Gehälter vorhanden –, aber wie sollte ich diese Frage stellen, ohne zu riskieren, eine Summe zu hören, der ich nicht entsprochen hatte? Und zweitens, da war dieses Bild, das ich mir von Richard machte – seine Geradheit, sein Kampf um seinen Teil des Pflaumenkuchens, sein energisches Hineinknien –, so daß ich, als ich mein zweites Spiegelei verputzt hatte, nicht mehr das Haus sah, von dem sie mir erzählte, nicht mehr die landwirtschaftlichen Geräte, die er verkaufte, sondern ihn, wie er ihr Schlafzimmer betrat und den Reißverschluß seiner Hose aufzog ... Nein, ich darf nicht übertreiben. Er hatte sie bereits ausgezogen, zusammen mit allem anderen, und er trieb sich mal wieder selber zu sehr an, der arme Dick ...
    »Wie’s klingt«, hörte ich mich sagen, »macht er sich doch ganz gut, hängt sich richtig rein ...«
    »... es kostet ihn aber auch viel Kraft«, fügte sie hinzu. »...
müßt nur aufpassen, daß ihr nicht gegenseitig zu viel von euch erwartet.«
    Ich stand eben auf, um meinen Teller in die Küche zu tragen, als wir sein Auto vorfahren hörten. Wir gingen gemeinsam hinaus, um ihn zu empfangen, und der Tag flirrte und leuchtete im Sonnenlicht. Während er und Virginia einander ihre Zuneigung zeigten, schaute ich mir das Auto noch einmal genauer an, das offensichtlich seit dem vergangenen Abend ein teures

Weitere Kostenlose Bücher