Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Tonic, für mich einen einfachen.
»Nein«, sagte er, als ich mich zu ihm vor den Kamin setzte, so weit wie möglich von dem Trubel an der Bar entfernt. »Also wissen Sie, mit Jenners kann ich überhaupt nicht. Der war ziemlich weit oben, wissen Sie. Schrieb mal einen Bericht zu Verteidigungsfragen für das Unterhaus. Können gut mit Worten umgehen, diese Kerle. Er weiß über alles Bescheid. Als wir uns kennenlernten, sagte er zu mir: >Aha, ein Angehöriger der konventionellen Streitkräfte, verstehe. Wir halten unser Pulver unterm Regenschirm trocken, was?< So was in der Richtung. Ich bitte Sie. >Man muß
euch nur eine Beschäftigung geben, darum geht’s. Was würden wir nur ohne Nordirland tun? Wenn’s so weitergeht, brauchen wir Leute wie Sie noch mal auf den Straßen.< Sie wissen schon. Also, seine Frau tut mir einfach leid.«
»Ich dachte, er war Handel und Industrie.«
»Da oben wird doch munter hin- und hergewechselt. Aber bei Ihnen lief’s auch recht gut, nicht, in Ihrem Arbeitsbereich?«
Er beugte sich vor, lehnte sich dann weit zurück und ließ mich nicht aus den Augen. Jetzt hieß es antreten. »Ging schon«, erwiderte ich, und beide nahmen wir einen tiefen Schluck. »Nichts Glamouröses. Import/Export, in der Richtung. Dann eine Übernahme, ein Handschlag, Sie wissen ja, wie das ist.«
»Pff. Hab’s auch nicht bis zum vollen Colonel geschafft. Noch einen?«
Er ging mit seinem leeren Glas und meinem halbvollen zur Bar, wo er lange warten mußte, bis er sich zwischen zwei muskulösen Schultern hindurchzwängen und seine Bestellung abgeben konnte. Hinter seinem Rücken umringte der eine Mann ein Auge mit Daumen und Zeigefinger, während der andere einen imaginären Schnurrbart zwirbelte, und dabei rückten die beiden keinen Zentimeter zur Seite.
»Nein«, fuhr er nach seiner Rückkehr fort. »War beim Verteidigungsstab in Washington. Konnte es dem alten Mädchen nicht verdenken, daß sie glaubte, ich würde es bis zum Brigadier und weiter bringen. Das ist das Problem mit den Amerikanern, finden Sie nicht auch? Feiner Akzent, schicke, engsitzende Uniform mit Lametta drauf, da denken die gleich, man kommt aus irgendeinem verdammten Film oder so. Wollen alle von einem Lord gevögelt werden. Bei Gott, ich hab’s gewiß nicht übertrieben, aber es gehörte eben dazu. Understatement, wenn Sie wissen, worauf ich hinauswill.«
Seine Stimme wurde allmählich lauter, und als ich einen Blick zur Bar warf, sah ich die beiden Rüpel ihn anstarren und einander anstupsen, dann spöttisch die Backen aufblasen und mit den Fingern unter der Nase schnipsen.
»Sollte lieber nicht so schreien, denken Sie jetzt. Kann nichts dagegen
machen. Bürstenschnitt. Regimentskrawatte. Trage das verdammte Ding nur in der Kirche. Der einzig gute Grund, warum ich überhaupt hingehe. Zur Abwechslung mal ich selber sein. Sentimental, aber so war mein Leben eben.«
»Wünschen Sie sich, Sie hätten was anderes getan?«
»O Gott, nein. Nicht, was man so Arbeiten nennt. Wäre mir allerdings lieber gewesen, wenn meine Tochter da nicht hineingeheiratet hätte. Reizendes Mädchen.«
»Ist mir schon aufgefallen.«
»Haben Sie eigentlich Kinder?«
»Eine Tochter und einen Sohn.«
»Das ist schön. Oder nicht? Die machen doch nicht irgendwelche Sachen, oder, nichts in der Richtung?«
»Nein, sie machen sich gut. Logopädie und Buchhaltung.«
»Sehr vernünftig ...« Er schaute zur Bar, wo die zwei Rüpel ihn anstarrten und Oberschichtgrimassen und entsprechende Geräusche machten. »Um die beiden werden wir uns jetzt gleich mal kümmern.«
Ich legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn zurückzuhalten. »Wir könnten ja noch woanders hingehen ...«
Er zwinkerte mir zu, ging, leicht schwankend, zu ihnen und redete lange mit ihnen. Sie schüttelten mehrmals den Kopf, rutschten auf ihren Hockern hin und her und fingen dann an zu nicken. Schließlich packte er jeden der beiden kurz am Arm und kam zu mir zurück. Die beiden drehten sich wieder zur Bar um, und der Wirt zapfte jedem noch ein Bier.
»Wie haben Sie denn das geschafft?«
»Hab sie an unseren Tisch eingeladen, gefragt, ob sie einen guten Maurer, Handwerker, Eisenwarenhändler kennen. Ob sie wissen, wo ich einen gebrauchten Hühnerstall kaufen kann. Dann habe ich ihnen einen Drink spendiert. Wo war ich stehengeblieben? Vielleicht war ich nicht ehrgeizig genug. Nicht wie Jenners mit seinem verdammten OBE. Das Problem mit solchen Typen ist, wenn Sie mich fragen, es geht
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