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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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zwei Folienkartoffeln und Bananenstückchen mit Joghurt aus, und meine Stimme war eindeutig noch unvollkommener als sonst, ganz zu schweigen von den gedämpften und arhythmischen Begleitungen von unten aus der Windabteilung. Unterdessen verhielt sich mein geistiges Auge höchst unberechenbar und brauchte in schneller Abfolge eine Reihe von Sehhilfen, vor allem im kurzsichtigen Bereich. Das Mädchen in der Bücherei hatte einen großartigen Humor und antwortete: »Sechs Tage, ob Sie es glauben oder nicht.« Vielleicht ein Anruf bei unserem örtlichen Gesangsverein: »Entschuldigen Sie, aber wenn Sie mir eine Frage gestatten, die eigentlich nur der alte Adam hätte stellen dürfen: Wie lange hat Die Schöpfung eigentlich gedauert, bis das ganze Schlamassel anfing?«
    Dies alles geschrieben am Tag nach meinem Anruf. Es liest sich erbärmlich, und das soll es auch, denn das Verfassen endete damit, daß ich mich zweimal selber verfluchte und dann meine Eingeweide auf dem Klo entleerte, die nackten Füße auf dem Boden und mit einem rauhen Hals und Schmerzen im Rücken, die Blitzattacken in meine Schulterblätter schickten. Wie die Welt, bevor alles begann, war ich absolut ohne Form und leer, gottlos und wortlos.
     
    In dieser Zeit erhielt ich einen Anruf von meinem Sohn Adrian. Aus Gründen, die ich bereits dargelegt habe, war er immer derjenige, um den ich mir am meisten Sorgen machte. Er studiert Rechnungswesen und Betriebswirtschaft an einem Polytechnikum in den Midlands, ganz in der Nähe meiner Heimatstadt, um genau zu sein. Er hatte immer einsam und verlassen geklungen, und
dieses Mal besonders. Sein Studium laufe gut, sagte er. »Und wie sieht’s, na ja, mit dem Geld aus?« fragte ich. »Aber vergiß nicht, daß es bei mir da eher nicht so gut aussieht.« Darum gehe es nicht, sagte er. Er wolle nur hallo sagen und fragen, wie es mir gehe. »Das sage ich dir nicht«, erwiderte ich. »Damit du mich besuchen kommst, um dir das selber anzuschauen. Und du genießt jetzt das Leben, oder?« »Alles okay«, sagte er auf eine Art, an der ich das genaue Gegenteil spürte. Er werde sich demnächst nach einer Arbeit umsehen, er habe da mehrere Möglichkeiten. »Soll ich dir ein paar Türen öffnen?« fragte ich. »Oder wäre das unfair den anderen gegenüber?« Sein kurzes Auflachen darüber konnte, leider, nur eins von zwei Dingen bedeuten. Ich verabschiedete mich von ihm und wünschte mir dabei, ich hätte mehr gesagt, hätte mehr zu sagen gehabt.
     
    Ungefähr eine Woche davor hatte ich mit seiner Mutter über ihn gesprochen. Sie hatte mich angerufen.
    »Na, wie geht’s dir, Tom, auf deiner Fluchtburg auf dem Lande?«
    »Ich schleppe mich immer noch dahin, den Feind im Rücken.«
    »Tom, du änderst dich nie.«
    Ich ließ eine Pause verstreichen. »Ich habe mich sehr gefreut, daß Virginia mich mit ihrem Freund besucht hat. Sie scheint sich ja ziemlich gut zu machen und ihren Teil zur Gesamtsumme menschlichen Glücks beizutragen, tritt quasi in die Fußstapfen ihrer Mutter. Du hast gute Arbeit bei ihr geleistet. Hast ihr ein Gewissen gegeben ...«
    »Ein Stück weit ja, aber zum Großteil müssen sie sich das schon selber geben«, warf sie dazwischen. »Aber ich stimme dir natürlich völlig zu, daß es nur rechtslastiges Gewäsch ist, wenn man behauptet, die Menschen müßten für ihre Handlungen verantwortlich gemacht werden. Wir machen da eben eine Studie über eine Gruppe von Versagern und ...« Im Hintergrund war eine männliche Stimme zu hören. »... Leistungsschwachen, und wir stellen da jetzt eine interessante Korrelation zwischen klassenspezifischen Subkategorien einerseits und geschlechtsspez...«

    Sie redete immer schneller, ihre Stimme wurde höher, und ich wußte, mir stand eine ausgewachsene Grundsatzrede bevor.
    Ich mußte sie unterbrechen. »Ich weiß, was du meinst. Wären die Würfel anders gefallen, wäre alles anders, aber je älter man wird, um so mehr ist nur noch das, was man hätte sein können.« Ich schaute zum Fenster hinaus. »Vor allem an Tagen wie heute, mit Sonnenschein und so, einem gemähten Rasen ...«
    »Nein, Tom«, sagte sie geduldig. »In gewisser Weise kann man gegen alles was tun. Notwendigkeit, Zufall, das sind nicht die Determinanten der freien Entscheidung, sondern ihre erzwungene Kontextualisierung ...«
    Wieder diese Stimme im Hintergrund. Ich versuchte, das Thema zu wechseln, falls es überhaupt eins war.
    »Übrigens, unser Sohn hat angerufen. Er scheint ganz in

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