Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
hielt sich mit der anderen den Kopf, griff dann nach meinem Kragen, während ich versuchte, ihren Griff um meinen Oberschenkel zu lösen, und das ganze Gegrabsche endete damit, daß ihre Finger in dem schlaffen Bereich zwischen Anus und Hodensack herumfummelten. Geoffrey war inzwischen aufgetaucht, wie auch einige andere, die zusahen, wie er mich mit dem
Ellbogen beiseite stieß und ihr aufhalf. Meine Entschuldigungen gingen unter in einem Gemurmel, das alles hätte sein können von Bestürzung bis hin zu zügellosem Vergnügen.
»Alles in Ordnung mit dir?« fragte er mit einem schnellen und sichtbaren Zähneknirschen.
»O Mann!« stöhnte Gwen, fing dann aber an zu kichern, als sie auf meinen Stuhl hinunterschaute und sagte: »Und schau nur, was ich mit seinem Meisterwerk angestellt habe. Armer, alter Tom.«
Der Stuhl war tatsächlich völlig in seine Einzelteile zerlegt, bis auf die abgebrochene obere Hälfte eines Beins, das noch in seiner Ausfräsung steckte. »Ich kann ja ganz leicht einen neuen bauen«, sagte ich.
»Zu verdammt leicht«, murmelte Geoffrey, doch ich konnte weder Kummer noch Kritik heraushören.
Nun kam Ruth, seine Schwester oder Schwägerin oder Cousine oder Frau oder was immer, und fing an, Gwens Kopf mit einem Wattebausch zu betupfen, der aussah, als wäre er schon bei zwei oder drei ähnlichen Gelegenheiten benutzt worden.
»Laß mich das machen«, sagte Geoffrey. Seine Stimme war zitterig, und er schien leicht zu schwanken, als er sich bückte. »Nichts Besorgniserregendes. Am Kopf blutet man immer ziemlich heftig.« Er drehte sich mir mit einem Lächeln zu, oder es hätte eins werden können, wäre es nicht mittendrin steckengeblieben, als er sagte: »Habe allerdings keine Ahnung, warum, Sie vielleicht, Tom? Wo es herkommt, meine ich. Haare, Haut, dann der Schädel, da ist doch nicht viel Platz dazwischen für Blut, sollte man zumindest denken.«
Er hatte laut gesprochen, wie zu einem größeren Publikum, doch als ich mich umdrehte, sah ich, daß die Schaulustigen sich bereits wieder zerstreuten. Gwen berührte meinen Arm und schaute mich beinahe zärtlich an, während Geoffrey ihr weiterhin den Bausch auf die Wunde drückte.
»Es tut mir leid, Tom, er hat sich so schön entwickelt«, säuselte sie.
Geoffrey zeigte mir den blutigen Bausch. »Schauen Sie, nur
eine kleine Wunde. Hat schon aufgehört zu bluten. Nichts Schlimmes passiert.« Inzwischen starrte er bereits hinunter auf die Überreste meines Stuhls und hatte nun nichts mehr zu sagen.
In diesem Augenblick sah Ruth meinen Hals und meinen Kragen. »O Mann, Tom, Sie sind ja überall vollgeschmiert.«
Die Runde schnappte allgemein nach Luft, als ich meinen Kragen vorzog und ein unvollständiges Set von Gwens Fingerabdrücken in Blut sah, wobei mir ein klebriges Gefühl am Rand den Rest bestätigte.
»Was für ein schlimmes Ende meiner Tischlerkarriere, wie verdammt blutig«, versuchte ich.
Darauf ein wenig Gekicher, Geoffreys eine gute Oktave höher als das seiner Frauen, ausgelöst, wie ich gleich darauf erkennen sollte, von dreifach gegenseitigem Zwinkern und Stupsen. Von Geoffreys Atem her stieg mir ein Whisky-Hauch in die Nase. Es war noch nicht ganz Teezeit. Ich dachte mir, wie fröhlich das doch alles wirkte, wie sehr ich sie mochte, was für ein Glück ich doch hatte. Mein Stuhl war mir völlig egal.
Anschließend begaben wir uns in ihr nicht renoviertes Farmhaus, wo Geoffrey Gwens Wunde mit Geschick und Entschlossenheit versorgte, während Ruth Tee machte, der allerdings in der Kanne blieb, da Geoffrey, als sie eben eingießen wollte, die Whisky-Flasche brachte, die eigentlich nicht als Alternative gedacht war. Gwen bestand darauf, daß ich mein Hemd auszog, und fing dann an, den Kragen mit einer Nagelbürste im Spülbecken zu bearbeiten. Unterdessen waren Geräusche zu hören, die klangen wie Schneuzen und Saugen durch einen leeren Strohhalm. Ich saß einfach da in meinem tief ausgeschnittenen Unterhemd und war dankbar, daß sie höchstens einen flüchtigen Blick darauf warfen, so löchrig, aber keineswegs ungewaschen, wie es war, und auch nicht auf das Übermaß an falsch ernährtem und untrainiertem Fleisch oder das halbe Dutzend Muttermale, die zu sehr an Altersflecken erinnerten, von denen es auch schon eine ganze Menge gab. Die vier oder fünf Hunde, die den Wunsch verspürten, sich mir noch besser bekannt zu machen, und die Katzen auf dem Tisch, die an meiner Hand am Whisky-Glas schnupperten, hielten mich
Weitere Kostenlose Bücher