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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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starrte mich böse an. Ich warf einen zweiten Blick auf die Frau und auch auf zwei oder drei andere in der näheren Umgebung. Da würde es kein langes Getue geben, wenn man wußte, was gut für einen war, und auch wenn sie völlig fertig und ziemlich widerwillig wirkten, konnte man doch eine Vorschau (oder einen deutlichen Hinweis) auf das bekommen, was einen erwarten könnte. Mein Zögern brachte den Mann auf die Beine, deshalb eilte ich zum Lift.
    Ich dämmerte eben ein, als das Telefon klingelte. Eine heisere Stimme sagte: »Du magst Liebe machen?«
    »Sicher doch«, sagte ich. »Aber nicht jetzt im Augenblick. Ich bin im Bett.«
    »Ich kommen in deinem Zimmer?«
    »Nein«, sagte ich. »Das mache ich.« Und legte auf.
    Was ich dann auch tat und mir dabei für einen kurzen Augenblick wünschte, ich hätte ja gesagt, natürlich nur aus reiner Neugier, bis ihr Gesicht dann wieder vor mir stand usw. Ich schlief
unruhig, und bei jedem Aufwachen hatte ich Mrs. Bradecki vor mir und den Haß in ihren Augen und die ausgestreckte Hand, die den Paß zurückforderte.
    (Mir ist natürlich bewußt, daß ich sie eigentlich immer Mrs. Bradecka nennen sollte, aber ich lasse den Namen, so wie er ist, um Verwirrung zu vermeiden. Es ist eine nette polnische Tradition, die Frau dieses kleine Stück unabhängiger von ihrem Mann zu machen. Wobei allerdings in diesem Zusammenhang »Guten Morgen, Mrs. Rippla« irgendwie unangemessen wirkte. Foster nannte sie immer Bradekky, was ihn zu der Zeit in meiner Achtung nicht gerade steigen ließ.)
     
    Zum Frühstück war sie nicht im Speisesaal, und ich rief sie noch einmal an. Wieder meldete sich niemand. Wir hatten abgemacht, uns um zehn in der Lobby zu treffen, und auf dem Rückweg vom Frühstück etwa gegen 9 Uhr 15 sah ich sie bereits dort sitzen und warten. Ich stand über ihr, bevor sie mich sah, und das erschreckte sie.
    »Schon gefrühstückt?« fragte ich. »Gut geschlafen?«
    Sie starrte mich an wie ein argwöhnisches Kind, hatte wohl noch immer Angst, mir zu vertrauen. Ihre Haare waren ordentlich gekämmt und gescheitelt, und sie hatte kein Make-up aufgelegt. Sie trug einen dunkelgrünen Rock und eine hellgrüne Bluse mit Rüschen an der Front und an den Manschetten. Beides wirkte ausgebleicht und zerknittert, als hätte das Ensemble schon sehr lange in einer Schublade gelegen. Sie fuhr sich über die Haare und strich sich den Rock glatt, als wäre ich hier, um sie zu inspizieren, und stand dann auf.
    »Noch nicht«, sagte ich, hob die Hände und setzte mich neben sie. »Wir haben noch viel Zeit. Es ist ein wunderbarer Tag. Haben Sie gut geschlafen?« wiederholte ich.
    »Sehr gut«, sagte sie demütig.
    »Das ist gut«, sagte ich. »Ich ebenfalls, immer mal wieder. Es muß ein komisches Gefühl sein, nach so vielen Jahren wieder hier zu sein.«
    Sie schaute sich in der Hotellobby um, ihr Gesicht wirkte plötzlich
offen, und zum ersten Mal konnte ich mir vorstellen, wie sie ausgesehen hatte, als sie vor langer Zeit in ihrer Kindheit glücklich gewesen war. Ihr Blick blieb am Casino-Schild hängen.
    »Was ist das?« fragte sie. Es war das erste Mal, daß sie mir eine Frage stellte.
    »Ein Ort, wo Leute spielen. Wetten.«
    »Wetten? Was ist das?«
    »Ach, man zahlt Geld, und wenn man Glück hat, bekommt man mehr zurück.«
    »Manchmal kein Glück?« Sie runzelte die Stirn, als wollte sie mich tadeln.
    »Auf jeden Fall. Es ist sogar meistens so, daß man eher keins hat.«
    »Sind Sie spielen, Mr. Ripple? Mein Mann macht Lotto. Sie vielleicht besser auf Pferde?«
    »O ja, ganz ausgezeichnet. Sie sollten mich sehen...« Ich bewegte imaginäre Zügel auf und ab und gab schnalzende Geräusche von mir. Sie schaute mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Ich hörte damit auf und sagte: »Nein, ich gehe nie ein Risiko ein. Das war schon immer mein Problem.«
    »Ah, risiki «, sagte sie, starrte das Casino-Schild an und murmelte dann: »Casino wichtig für Polen.«
    Ich glaube zumindest, daß sie das gesagt hatte. Sie starrte weiter das Schild an, und ich murmelte eine Entschuldigung und verließ sie. Sie hatte etwas Neues in ihrem Gesicht gehabt, etwas Sehnsüchtiges, vielleicht sogar Resolutes. Vielleicht wollte ich das aber auch nur glauben.
    Marias Mutter fuhr uns zum Park, und dort gingen wir durch einen Rosengarten auf die Chopin-Statue zu, von der Maria mir erzählt hatte. Kein Wort wurde gewechselt, und als wir noch etwa fünfzig Meter von der Statue entfernt waren, faßte

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