Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
ist nichts zurückgegeben außer das, was nie war oder was hätte sein können, bevor es ausgelöscht und die Zeit abgeschnitten wurde mit dem Klang eines echolosen Gongs, einer Bratpfanne auf einem gesenkten, zurückweichenden Kopf. Zwei kinderlose Paare. Ach, wie viel hatte ich doch, wofür es sich zu leben lohnte. Und jetzt ist es halb vier in der Frühe, und ich kann nicht schlafen. Ich gieße mir einen großen, verbotenen Whisky ein und sitze an diesem Schreibtisch, vor dieser Schreibmaschine und muß versuchen, zu einem Ende zu kommen. Wie still die Welt ist. So eine Stille habe ich noch nie erlebt.
In Zeiten wie diesen frage ich mich, was der Sinn des Ganzen ist, und das dürfte auf viele Leute zutreffen, auch wenn für Jenners sein OBE ein hinreichender Sinn sein dürfte und er für Sidney vielleicht darin bestehen könnte, daß er weiter Häuser kauft und verkauft und darauf hofft, am nächsten Tag eine Nummer zu schieben und so weiter. Aber für die meisten muß oder könnte es da draußen durchaus etwas geben, was das Leben weniger völlig sinnlos macht, als es zu sein sich den Anschein gibt. Gott oder ein Leben nach dem Tod oder ein früheres Leben etc. Nun ja, auch die sind Leben, und das Merkwürdige ist, daß sie offensichtlich nichts brauchen, was ihnen Sinn gibt, gleichzeitig uns aber Sinn geben.
Wir brauchen Bedeutung, sie nicht. Sie tragen sie in sich, Gott oder unser zukünftiges oder vergangenes Ich. Warum können wir den Sinn nicht gleich haben? Außer Gott hat noch einen weiteren Gott über sich, und es gibt noch ein Leben nach dem Leben nach dem Tode, und das geht dann ewig so weiter. Warum sollte man über das ewige Leben nicht dieselben Fragen stellen wie über das jetzige? Die Religion macht stets genau das, sie schiebt die Antwort auf eine höhere Ebene, die ultimative Schlußfolgerung weicht immer weiter zurück. Wenn ein übernatürliches Leben dem unseren einen Sinn gibt, dann heißt das kaum mehr, als daß ein natürliches Leben das ebenso tun sollte. Aber Gott weiß, daß wir das bereits viel zu gut wissen. Leben zu multiplizieren bringt nichts, wie übernatürlich sie auch sein mögen. In dieser Richtung scheine ich überhaupt nicht weiterzukommen. Mal wieder keinen Boden mehr unter den Füßen. Danke.
Vielleicht ist es viel einfacher, wenn auch falsch, zu dem Schluß zu kommen, daß der einzige Sinn im Leben der ist, der bereits irgendwie in ihm zu finden ist. Nicht nur Erfüllung (OBE und dergleichen), weil nur sehr wenige die bekommen und es außerdem die große Mehrheit der Leute ausschließt, die nur mehr zu essen für sich und ihre Kinder wollen und vielleicht eine schönere Wohnung oder sich einfach nur viel öfter wohl und zufrieden und weniger verängstigt fühlen wollen. Es muß einen Maßstab geben, der allgemeiner ist als nur Leistung und Errungenschaften: Befriedigungen könnte man sie nennen, diese grundlegenden Erfahrungen, was das Leben ist, die ganz gewöhnlichen Augenblicke der Zuneigung und Schönheit und Freundlichkeit, die unendlich kostbar sind, und je schlimmer, je gefährdeter das Leben ist, um so kostbarer werden sie. Ich glaube nicht, daß ich in meinem Bericht diesen Dingen genügend Aufmerksamkeit geschenkt habe. Vielleicht tut das keiner von uns, Angehörige dieser kleinen Minderheit, die wir immer mehr von dem wollen, was wir nicht haben können oder sollten, weil wir bereits mehr als genug haben, wir müssen es uns nur bewußt machen, Errungenschaften auf ganzer Linie. Sind also diese kostbaren Dinge der Sinn und der Zweck? Ich habe einmal eine Karikatur gesehen, in der zwei gelangweilt
aussehende Engel sich miteinander unterhalten und der eine zum anderen sagt: »Und was ist der Sinn des Ganzen, was meinst du?«
»Und, worum geht’s denn eigentlich?« Aber ich erinnere mich ja gar nicht an diesen Taxifahrer, sondern an diesen Tag, als mein Sohn und ich Eier und Pommes in diesem heruntergekommenen Café aßen und dann im Park spazierengingen, wo die Blätter bereits von den Bäumen fielen. Wenn Sie mich damals gefragt hätten, hätte ich Sie nicht an Bertrand Russell verwiesen. Die Frage wäre mir gar nicht eingefallen, da doch eine andere, die gar keine Frage gewesen wäre, sondern eine vage, unaussprechliche Erkundigung nach Glück oder Liebe, beantwortet wurde.
Jetzt, in diesen frühen Morgenstunden, ist das alles natürlich völlig unangemessen. Ich glaube, was uns viel mehr Kopfzerbrechen machen sollte, ist nicht die Suche nach irgendeiner
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