Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
Zuneigung und Dankbarkeit und einem nicht unbeachtlichen schlechten Gewissen an sie. Ich hoffe, sie hat auch ein paarmal auf meine Kosten gelacht. Nachts denke ich oft an sie, stelle mir sie dicht bei mir vor, unbekleidet usw., und ihr Körper verschmilzt und verwandelt sich in andere und wieder zurück, nicht erinnert, sondern nur phantasiert, alles da, außer dem weichen Gefühl von Fleisch, also gar nichts, in anderen Worten. Ich höre sie singen. Ich zähle ihre Zähne. Wir konnten einander nicht lange lieben. Wie traurig das alles ist.
Ach ja. In der Sunday Times von letzter Woche sah ich ein Foto von Plaskett (erinnern Sie sich noch an ihn?) bei einem Artikel über Handsworth Holdings, einen Hersteller von Dessous, Spitzenwäsche und Kinderbekleidung in Stoke on Trent, der einen Sockenfabrikanten in Cardiff übernommen hatte. Aus irgendeinem Grund schnitt ich Foto und Artikel aus. Er hat einen strengen und nachdenklichen Blick, der Zuverlässigkeit und Seriosität vermitteln soll. Er gibt sich wirklich die allergrößte Mühe, nicht wie ein absolutes Arschloch auszusehen. Es gelingt ihm so gut, daß ich fast glaube, er hat sich gewandelt. Aber dann denke ich an Hipkin. Ich wette, in der Sockenfirma in Cardiff wird es einige Entlassungen geben, und Hipkin wird zu ihnen gehören. Im Artikel wird der Begriff »Rationalisierung« verwendet. Das ist genau
das, was er darzustellen versucht. Er vermittelt mir das Gefühl, irrational zu sein. Falls sie mich im Waschsalon wieder nehmen, werde ich mich fragen, welche von diesen Kleidungsstücken in den wirbelnden Trommeln von Plaskett bereits wegrationalisiert wurden oder es demnächst sein werden. Ich kann mir vorstellen, wie er die Hand in die Trommel steckt und sie herauszieht, schlaff und feucht und zerlumpt, so daß nur noch die unverschmutzte, kosteneffektive Unterwäsche des Lebens übrigbleibt. In diesem Zusammenhang frage ich mich, wie es seiner Frau geht und welche Unterwäsche sie im Lauf der Jahre mit der seinen vergleichen konnte. Diese Art von Gedankengang. Ich schaue mir noch einmal sein so gebieterisches Gesicht an. Im Artikel heißt es, er habe vor, die Exporte zu verdoppeln, vor allem in den Gemeinsamen Markt. Vielleicht entwickelt er eine Kollektion rüschenbesetzter French Knickers. Tragen französische Frauen eigentlich andere Schlüpfer als andere Frauen? Ich habe keine Ahnung. Wie wenig weiß ich doch von der Welt. Und ich werde immer weniger und weniger wissen, je sauberer die Werbung wird. Vielleicht wird es in Griechenland und Italien etwas länger dauern. Wie ich Plaskett kenne, wird er sicher seine Marktforschung betreiben oder jemanden dazu bringen, es für ihn zu tun. Aber aus irgendeinem Grund werde ich keine Aktien seiner Firma kaufen.
Jetzt, im Hochsommer, stirbt das Licht bereits wieder. Den ganzen Tag lang kam das Geräusch von Rasenmähern aus den Gärten zwischen unserer Häuserreihe und den Häusern gegenüber. Viel zu sehen auch zwischen den Bäumen, Leute, die sich in Liegestühlen räkeln oder im Garten werkeln, die essen und trinken, mit ihren Hunden und Kindern spielen, ein beständiges Gemurmel zwischen den Rasenmähern. Auch Mrs. Bradecki hat ihren Rasen gemäht. Ich winkte zu ihr hinunter, aber sie war zu beschäftigt, um es zu bemerken. Den ganzen Tag lang schien in diesem Teil der Welt alles völlig in Ordnung zu sein. So allmählich geht es mir wirklich wieder richtig gut. Der Doktor ist sehr zufrieden mit mir. Die Tänzerinnen sind irgendwo auf Tournee. Ich habe eine sehr teure Karte für eine ihrer Vorstellungen in ungefähr einem
Monat. Annelise hat sie mir geschenkt. Sie sagte, es sei eine Freikarte, aber ich glaube, sie hat sie bezahlt. Und gerade in diesem sterbenden Licht, während ich mir noch einen dieser beinahe sinnlos schwachen Whiskys einschenke, die mein Arzt mir erlaubt, und ich mir meinen täglichen Stumpen (der mindestens dreimal so dick ist wie diejenigen, die ich früher geraucht habe) anzünde, denke ich an Hamble und frage mich, ob er noch immer irgendwo da draußen ist und makelloses Gemüse züchtet in seiner Welt der Erinnerungen und angehaltenen Uhren, als könnte durch diese Hege und Pflege die Welt so erhalten werden, wie sie immer war, so daß Mrs. Hamble neben ihm sitzt oder ihm Tee bringt oder über seine kleinen Witze lacht, die sie nicht mehr aufheitern müssen, weil sie ihm im Tod zurückgegeben ist, ein lebendiger Traum. Und irgendwo da draußen lebt auch Mrs. Webb allein, und ihr
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