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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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beschäftigte. Nachdem ich eines Nachmittags von einem halbstündigen Spaziergang zurückkehrte, sehr müde zwar, aber auch sehr zufrieden mit mir selbst — so wie Wanderer sich nach einer Zwanzig-Meilen-Strecke fühlen müssen, vor allem wenn ihnen unterwegs ein paar
Fatzkes begegnet sind, die sie beschimpfen oder mit erhobener Faust bedrohen konnten –, setzte ich mich mit einer Tasse Tee hin, zündete mir eine Zigarre an und erinnerte mich an den Umweg, den ich genommen hatte, um nicht an Browns Haus vorbeigehen zu müssen, so daß ich mir zugleich sehr ertüchtigt wie lebensuntüchtig vorkam. Dann erinnerte ich mich an den Tod und an das Leben, das in Rauch aufgeht, und drückte meine Zigarre aus, war aber ganz und gar nicht glücklich damit.
     
    Etwa in diese Richtung gingen meine Gedanken, als ich mich eines schönen, frischen Sonntagmorgens zu einem Spaziergang in eine Richtung entschloß, in die ich zuvor noch nicht gegangen war. Etwa zwanzig Minuten bevor ich losging, hatte ich Mrs. Hirst diesen Weg nehmen sehen, in ihrem Sonntagsstaat, zu dem auch ein schwarzer Hut mit vielfarbigen Federn darauf gehörte, so daß er aussah wie ein exotischer Vogel, den man erschossen und auf ihren Kopf gesetzt hatte. Ich hatte sie ihn schon an mehreren Sonntagen tragen sehen, aber bevor sie mir vom Besuch des Vikars im Heiligen Land mit der Frau des Organisten erzählt hatte, hatte ich angenommen, sie sei unterwegs zum Mittagessen mit der Familie oder zu einer ähnlich rituellen Zusammenkunft.
    Als ich auf die Straße trat, war Phil Badgecock in seinem Vorgarten und beschnitt einen Strauch. Ich hob zum Gruß meinen Spazierstock und rief ihm ein herzliches »Guten Morgen« zu.
    »Auf dem Weg in die Kirche, was?« rief er zurück, für ihn fröhlich, als wäre das eine Aktivität, die er einmal versucht hatte, dabei aber kläglich gescheitert war, wie zum Beispiel Seiltanzen.
    Ich blieb stehen und drehte mich, damit er meine dunkelgrüne Cordhose, das zerknitterte, graue Hemd und die anorakähnliche Jacke gut in Augenschein nehmen konnte, und breitete dabei in priesterlicher Geste die Hände aus. Er starrte mich an und wartete demütig auf meine Antwort.
    Offensichtlich wurde eine professorale Formulierung erwartet. »Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, habe ich an diesem prächtigen Morgen meine ekklesiastischen Regalien vergessen.«
    »Hab’s im Fernsehen gesehen, Professor. Ihresgleichen hält’s
nicht sehr mit der Religion. Tut mir leid, daß ich gefragt habe. War nicht bös gemeint.«
    Dieses Gespräch mußte aufrechterhalten werden, war es doch bereits jetzt das längste, das wir je geführt hatten. »Kann man Gott nicht anbeten, so frage ich mich, falls es einen Gott gibt, im Umgang mit seiner Schöpfung, falls er sie erschaffen hat?«
    »Viel zu viele >falls< für meinen Geschmack, Professor«, erwiderte er und stutzte mit forscher Bewegung einen Ast seines Strauchs. »Dann gehen Sie mal und amüsieren Sie sich und haben Sie einen netten Umgang, mit oder ohne Gott.«
    Er drehte mir den Rücken zu, und ich ging los. Vor mir marschierte Rosie eher stockend mit ihren zwei Hunden und drei Kindern, eins davon in einem Sportwagen.
    Als ich auf die Straße auswich, um sie zu überholen, rief sie: »O Mann, ich geb’s auf mit euch. Haltet doch endlich mal den Mund!«
    Dann sah sie mich und hielt sich die Hand vor den Mund und zog sie dann wieder weg, um ein Kichern herauszulassen. Eine Weile ging ich, immer wieder vom Bürgersteig auf die Straße und zurück springend, neben ihr her, und eins ihrer Kinder äffte mich auf übertriebene Weise nach.
    »Wie ich sehe, haben Sie alle Hände voll zu tun.«
    Die Röte wich bereits wieder aus ihrem Gesicht. »Ich bringe sie nur zu ihrem Vater, das ist alles.«
    »Na, dann können Sie sich ja mal eine Pause gönnen. Aber doch nicht die Hunde, oder?«
    Sie lachte kurz und laut auf. »Sie glauben doch wohl nicht, daß der Scheißkerl ... Tut mir leid, Professor. Er schaut sie nur mal kurz an, gibt ihnen ein Küßchen und ein Bonbon und mir einen Zehner, wenn ich Glück habe. Daß er sich um sie kümmert, das wär wirklich mal was. Und da Sie gefragt haben, da nimmt er noch lieber die Hunde, die kann er nämlich treten. Wie gesagt, er ist ein absoluter ... ich werde nicht wiederholen, was er ist.«
    Schließlich überholte ich sie, mit hochgereckten Daumen und einem Lächeln zum Abschied, und hoffte, beides würde Mitgefühl ausdrücken, was das einzige war, was sie von

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