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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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verkaufte: »Ich weiß,
was die Pläne und Wünsche deines Herzens sind, junger Mann.« Ohne daß ich ihn darum gebeten hätte, ging mein Vater hinein und kaufte mir ein Eis am Stiel. »Da«, sagte er, »das sollte dich wieder aufrichten, ob du nun bußfertig bist oder nicht.« Ich grinste heftig darüber, nicht, weil ich verstanden hätte, was er meinte, sondern weil meine Mutter lächelte, sehr breit für ihre Verhältnisse, und sie schauten einander an, und ich war glücklich.
    Diese Gedanken unterbrach der Vikar, der eben allen vergab, die wirklich bereuten, so daß der Rest ihres Lebens von nun an rein und heilig sein konnte — oder zumindest bis zur folgenden Woche. Danach wurde das Te Deum gesungen, weit weniger vital als zuvor, unter den Umständen aber völlig zu Recht, allerdings auch, weil die Tochter der Frau von Nummer 27 diesmal den Gesang nicht anführte. Ich suchte die beiden eben, als ich Mr. Tomkins und seine Schwester entdeckte, sehr in sich zusammengesunken neben den Schultern ihrer Nachbarn, als wäre diese ganze Lobhudelei viel zuviel für sie. Ich dachte zuerst, sie wären sitzen geblieben. Auch bei Ihnen war es mir unvorstellbar, daß sie unaussprechliche Sünden zu beichten oder geschworen hatten, sich von ihrem ruchlosen Leben abzukehren.
    Danach kamen noch weitere Gebete und eine Lesung, die von einem etwa fünfzehnjährigen Mädchen mit langen schwarzen, von einer roten Schleife zusammengefaßten Haaren gehalten wurde. Es ging um Jesus, der die Geldwechsler aus dem Tempel jagte. Sie sprach jedes Wort sehr präzise aus, was im Widerstreit lag mit ihrem Bemühen, maximale Empfindung zu vermitteln, so als würde sie an einem Vorsprechen für eine Theatergruppe teilnehmen oder versuchen, ihre Eltern und andere im Publikum davon zu überzeugen, daß dies genau die Richtung sei, die sie einschlagen sollten. Es war trotzdem wunderbar klar mit den heiseren Untertönen eines Kindes. So, dachte ich, mochte Jane wohl einmal gewesen sein, allerdings ohne die Befangenheit. Es war das Thema, was mich am meisten an sie erinnerte, die Frage, was sie wohl über Jesus’ unbeherrschtes Verhalten denken würde, da sie doch selbst im Zentrum dieses Gewerbes gewesen war und nicht schlecht davon gelebt hatte. Dann kehrten meine Eltern mit Macht zurück,
mein Vater, der es einmal gewagt hatte, nach einem Gottesdienst, in dem dieselbe Bibelstelle verlesen worden war, zu behaupten, Jesus hätte schon gewußt, was er tat, indem er es diesen Geldjungs zeigte, und wie sei das mit dem Kamel und dem Nadelöhr? Die Lesung war zu Ende, und das Mädchen blieb noch ein paar Augenblicke am Pult stehen, so daß man meinen konnte, sie warte auf Applaus oder werde sich gleich verbeugen.
    Nun folgte ein weiteres Lied: »Wer tapfer streiten will wider alles Unglück ...« Am Ende der zweiten Zeile erhob sich diese eine Stimme wieder über alle anderen, und ich merkte, daß ich ebenfalls mitsang, ziemlich laut sogar. Am Anfang der letzten Strophe verstummte diese Stimme dann plötzlich. Es war, als hätte man uns alle anderen unvermittelt im Stich gelassen, als würden wir im Dunkeln weiterbrummeln und als wäre die ganze Sache der Mühe nicht wert.
    Dann kam die Predigt. Der Vikar oben in der Kanzel schien zu glauben, er müsse sich gar nicht so sehr anstrengen, um gehört zu werden, oder er hatte seinen still überzeugenden Tonfall angenommen. Vielleicht hatte man ihn aber auch erst in allerletzter Minute angerufen, und auf dem Weg nach draußen hatte er sich schnell eine Predigt geschnappt, die er Jahre zuvor schon gehalten hatte und bei der er jetzt merkte, daß es nur ein Haufen Unsinn war, und einfach nicht wußte, wie er sie zu Ende bringen sollte. Ich strengte mich wirklich an, um durch das Rascheln und Hüsteln zu verstehen, wovon er sprach. Es hatte etwas mit Geld zu tun, daß Jesus nichts dagegen hatte, es zu verdienen, da doch sein Vater Tische und Stühle verkaufen mußte, und er hatte ja auch dafür gesorgt, daß die Leute sich bei einer Hochzeit amüsierten. Auch ein paar Brocken über das Nadelöhr, das ein ziemlich schmaler Durchgang sei, wenn das Kamel überladen ist. An diesem Punkt erhob er die Stimme und sprach mit einigem Nachdruck davon, daß man den Armen und denen in beschränkten Verhältnissen großzügig geben müsse. Das sorgte für einiges Flüstern und Köpfedrehen, vielleicht weil jemand eine Bemerkung über die Dürftigkeit der Kirchenpensionen fallengelassen hatte.

    Gleich nach dem Ende der

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