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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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wiedererkannt. Hätte schwören können, daß er schon tot ist. Ruderer, wissen Sie. Habe ja selber ein bißchen Kricket gespielt ...«
    Zum Glück legte nun Mr. Felix das Buch weg und sagte mit beinahe irritierter Stimme, daß man seine Ausführungen über Teppiche unterbrochen habe.
    »Schon gut, Cedric«, sagte Mrs. Felix. »Ein anderes Mal. Genug von alten Zeiten und Teppichen. Wie wär’s mit Drinks?«
     
    Nun konnte ich mich mit den Irgendwas ein wenig abseits stellen. Sie schienen ebenfalls froh darüber zu sein. Tatsächlich sahen sie so aus, als hätten sie keine Ahnung, warum sie überhaupt hier waren. Ich hätte ihnen sehr gern erzählt, daß ich mir das alles nur ausgedacht hatte. Wir fingen nun an, über den Millennium Dome zu reden, was wirklich sehr gut war — ist es doch ein Thema, bei dem es so gut wie keine Meinungsverschiedenheiten geben kann, wie beim englischen Tennis oder Kricket. In der anderen Ecke hatte man sich wieder dem Teppichbuch zugewandt. Die beiden wirkten nüchtern, und ich brauchte eine Mitfahrgelegenheit hoch zum Freudenfeuer. Es wäre mir lieber gewesen, ich hätte ein bißchen mehr über sie gewußt — der negative Eindruck, den sie vermittelten, machte mich ausgesprochen nervös. Mrs. Irgendwas hatte gesagt, daß der Dome nur eine gigantische Geldverschwendung sei, jedoch ohne rechte Überzeugung — vielleicht allerdings, weil sie gerade eine Olive kaute. Sie hoben beide gleichzeitig die Hand an den Mund, er, um zu gähnen, sie, um den Kern zu entsorgen. Dann schauten sie, ebenfalls gleichzeitig, auf ihre Uhren. Sie waren beide sehr gelangweilt, und sie schauten weder mich noch einander an und auch sonst nirgendwohin. Die Falten in ihren
Gesichtern wirkten irgendwie starr, verursacht von jahrelangen Gesichtsbewegungen, die sie inzwischen völlig eingestellt hatten. Ich fragte mich, worüber sie redeten, wenn sie allein waren. Ich habe das schon oft gesehen: Paare, die miteinander an Restauranttischen sitzen und kein Wort sagen, außer um zu bestellen, was sie essen und trinken wollen. Kein einziges Wort. Ich habe auch alte Paare gesehen, die Händchen halten, aber seltener, viel seltener. Angefangen haben sie allerdings alle mit demselben: Ich liebe dich, ich kann ohne dich nicht leben, ich werde deiner nicht müde bis zum Ende meiner Tage. Ein Schweigen war entstanden, was besser war, dachte ich mit einem Lächeln, das ihnen völlig entging, als eingehende Befragungen über asiatische Teppiche oder das Christ Church College in Oxford ertragen zu müssen. Ups, sind wir schon wieder dabei ...
    Mr. Irgendwas’ Blick senkte sich langsam von der Decke zu meinem Gesicht: »Sie waren also auch am Christ Church, wie ich höre?«
    Ich lächelte noch einmal — spitzte die Lippen und nickte knapp. Diesmal war das Lächeln an sie gerichtet. Keiner von beiden erwiderte es. Auch sie starrte mich an.
    »Gehen Sie zu Ehemaligentreffen? Gehen Sie überhaupt noch hin?«
    Das schien mir ein gutes Stichwort zu sein, eine Möglichkeit zu einer Reflexion über die Grausamkeit und Traurigkeit usw. des Lebens. »Nein, jetzt nicht mehr, schon seit langem nicht mehr. Es sind die, die nicht mehr da sind, nicht? Die Geister ... Sie wissen schon ...«
    Da von beiden keine Reaktion kam, fügte ich hinzu: »Meine Kinder haben mich immer aufgezogen ...«
    Sie schauten einander an, als wäre es das erste Mal seit Ewigkeiten — als hätten sie vom anderen bereits genug gesehen, zu oft, früher einmal dauernd. Nach einer langen Pause war er es, der erwiderte:
    »Wir kennen das. Wir kennen das nur zu gut ...«
    Und sie flüsterte: »Ach! Ehemaligentreffen. Wenn nur ...«
    Es war, als hätte ihnen eine unsichtbare Hand über die Gesichter
gestrichen. Die Falten schienen aufzuweichen, und die gelangweilte Leere in ihren Augen trübte sich, als würden sie gleich in Tränen ausbrechen. Dann schüttelte er abrupt den Kopf und berührte ihr Handgelenk, und der Augenblick war vorüber. Das Thema war abgeschlossen, aber jetzt war keine Langeweile mehr in den Augen. Es war das Fehlen von Leben.
    Ich fragte sie, ob sie mich zum Freudenfeuer mitnehmen könnten. »Entschuldigung«, sagte er. »Natürlich. Natürlich. Fahren wir doch gleich.«
    »Natürlich«, wiederholte sie.
    Während wir nach draußen gingen und zu den anderen sagten, wir würden sie dann oben wiedersehen, schauten sich die beiden wieder nicht an. Mrs. Felix winkte uns von der Tür und rief: »Ich bringe eine Flasche Schampus mit. Zwei

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