Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
helfen?«
Er schien zu glauben, daß Virginia ihr Versprechen gehalten hatte, denn er sagte: »Das ist sehr freundlich von Ihnen. Aber wir kommen schon zurecht. Trotzdem vielen Dank.«
»Die vollbringen ja heutzutage die reinsten Wunder. Wann muß sie denn rein?«
Ich betrat die Küche, als er eben den Tee aufgoß. Ich hoffte, er würde mich nicht auf eine Tasse einladen.
»Mittwoch in der Früh.«
»Ich habe mir überlegt, morgen mit den Kindern in den Park zu fahren. Wollen Sie mitkommen, Sie und Ihre Frau?« Ich versuchte es so klingen zu lassen, als wäre mir der Gedanke eben erst gekommen, als ein Angebot, das man leicht ablehnen kann.
»Das ist sehr freundlich, wirklich sehr freundlich.«
»Überlegen Sie es sich.«
Er sah verwirrt aus, und die Hand, die den Deckel auf die Teekanne setzte, zitterte.
»Ich rede mal mit meiner Frau, sie ruht sich nur gerade etwas aus«, murmelte er, und die Röte stieg ihm wieder ins Gesicht. »Wir freuen uns sehr über das Angebot.«
Meine Tochter kam zu mir gelaufen, um mich zu umarmen, als ich ihr von meinem Besuch erzählte, und ich fing sie an den ausgestreckten Armen auf, um genau das zu vermeiden. Sie rannte hinüber zu den Hambles und kam fast sofort wieder zurück, um mir zu berichten, daß sie sehr gern mitkommen wollten, und dann war auch sie es, die es meiner Frau erzählte.
»Was für eine wunderbare Idee«, sagte sie. »War seit Ewigkeiten nicht mehr im Park, nicht mehr, seit euer Vater mir den Hof gemacht hat.«
Mein Sohn überriß die Situation einen Sekundenbruchteil schneller als ich.
»Wir passen nicht alle rein, nicht in Daddys Auto.«
Und meine Tochter überriß es einen Sekundenbruchteil schneller als meine Frau.
»Warum fragen wir nicht die Webbs, ob sie auch mitkommen wollen?«
»Gute Idee. Man kann die Bedeutung guter Nachbarschaftlichkeit in der generellen sozialen Matrix gar nicht genug betonen. Das ist also beschlossen.« (Um fair zu sein: Sie hat es nicht genau so formuliert. Das Wort »Matrix« stammt aus einer anderen Gelegenheit. Ich schlug es später nach, weil ich dachte, es hat vielleicht was mit Matriarchat zu tun, wie wir alle.)
Mein Sohn und ich tauschten hilflose Blicke aus und schoben uns große Portionen Essen in den Mund, an denen wir lange kauten.
»Das ist also beschlossen«, wiederholte meine Frau. »Das Organisieren überlassen wir den Männern.«
Ich schaute meine Frau an, die eben ihre Gabel mit einem Klecks Kartoffelbrei hob, auf dem eine lange Bohne ruhte, und dachte zum ersten Mal in unserer Ehe: »Im Prinzip hast du von nichts eine Ahnung, was?«
Virginia war es, die die Webbs fragte. Ich hätte gern Webbs Gesicht dabei gesehen, oder eigentlich auch das ihre.
Anschließend berichtete Virginia mir sehr aufgeregt: »Er hat gesagt, das schaffen sie nicht, aber dann hat sie gesagt, natürlich schaffen sie es, also kommen sie jetzt mit. Ich habe gesagt, Adrian und Mum könnten mit ihnen fahren und die Hambles mit dir und mir in unserem Auto, oder Mum könnte unser Auto fahren, und dann fahren Adrian und du in ihrem Auto, oder wir beide könnten natürlich auch in ihrem Auto mitfahren, aber ich will natürlich lieber bei den Hambles sein, und sie müssen auf jeden Fall zusammensein, falls es ihr nicht gutgeht und er ihr eine Tablette geben muß.«
»Wir kriegen das schon hin«, sagte ich, versuchte dabei, auch in meiner Stimme etwas von ihrem Enthusiasmus mitschwingen zu lassen, und überlegte mir, welche Kombinationsmöglichkeiten
sie noch nicht abgedeckt hatte. Ich war eben froh, daß mein Sohn nicht dabei war, als er direkt hinter mir sagte:
»Oder Mrs. Webb kann mit Mum und Dad und mir mitfahren.«
»Weißt du denn nicht einmal, daß Mrs. Webb schüchtern ist und bestimmt mit ihrem Mann zusammensein will?«
Adrians Erwiderung war ein Schrei: »Und weißt du denn nicht einmal, daß du ein Spatzenhirn und ein Holzkopf bist?«
»Wir kriegen das schon hin«, sagte ich noch einmal.
»Du bist ein Spatzenhirn oder ein Holzkopf, wenn du glaubst, daß man beides gleichzeitig sein kann, nicht, Daddy?«
Sie warf uns beiden einen überlegenen Blick zu, der keine schlechte Imitation der Miene meiner Frau war, wenn sie ein Thema behandelte, das mit Ungerechtigkeit und Privilegien zu tun hatte und damit, was das kapitalistische System den Menschen antut, das ganze Gelaber eben — nur daß Virginia sich jetzt die Wirkung dadurch verdarb, daß sie die Zunge herausstreckte.
»Ich weiß nicht einmal, ob ich
Weitere Kostenlose Bücher