Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now
mein Sohn.
Ich war selber ziemlich außer Atem und sagte: »Kann mir nicht vorstellen, daß die Franzosen überhaupt Kricket spielen können.«
Hamble warf mir den Ball über den Kopf meines Sohnes zu. »Rugby und Langstrecken-Radfahren, das können sie am besten«, sagte er.
»Weiter geht’s«, wiederholte mein Sohn, und ich traf ihn mit einem tückisch schnellen Wurf mitten auf den Oberschenkel.
»Erwischt!« rief Mrs. Webb.
Worauf mein Sohn den Schläger auf den Boden warf und mit den Händen in den Hosentaschen davontrottete.
»Ist doch nur ein Spiel, Junge«, rief Hamble ihm nach.
Nun tauchten hinter Adrian Virginia und Mrs. Hamble zwischen zwei exotischen, rotblättrigen Bäumen auf, redeten kurz mit ihm und kamen dann, mit Adrian in der Mitte, auf uns zu.
»So wie dein Bruder spielt, haben wir nicht die geringste Chance«, sagte Hamble zu Virginia. »Er ist der reinste Dämon mit dem Schläger, eigentlich sollten wir ihn Dracula nennen.«
Wir lächelten alle, sogar Adrian, und Mrs. Hamble richtete ihr Lächeln an Mrs. Webb, die eben zu uns kam. Während wir langsam zu meiner Frau und Webb zurückkehrten, schaute ich mich um und merkte, daß es ein außergewöhnlich warmer und strahlender Tag war, mit genug Wind und Wolken, die für einen beständigen Wechsel in Licht und Temperatur sorgten, so daß unsere Schweigeperioden nicht so sehr auffielen. Mrs. Webb und Mrs. Hamble fingen an, unterschiedliche Melodien zu summen, die aber beide ein wenig wie Kirchenlieder klangen, was mir völlig angemessen schien. Nach ein paar Takten hörten sie wieder auf, und Virginia hüpfte ein paar Schritte voraus. Hamble legte seiner Frau den Arm um die Schultern und drückte sie schnell. Mein Sohn warf den Ball und traf den Stamm eines kleinen Baumes etwa auf der Höhe, wo die Eier eines sehr großen Schlagmannes gewesen wären. Ich zeichnete um Adrians Gesicht herum ein Quadrat in die Luft und gab Hamble so sein Stichwort.
»Ein perfekter Schlagmann«, sagte er, und wir beide lachten, als Adrian sich mit den Fäusten auf die Brust trommelte.
Mrs. Hamble lief watschelnd voraus, um Virginia einzuholen, und lächelte dabei so breit wie noch nie. Mrs. Webb hatte sich etwas zurückfallen lassen und summte jetzt eine andere Melodie. Ohne jede Eile schlenderten wir auf Webb und meine Frau zu. Webb lag auf die Ellbogen gestützt da, das Gesicht von uns abgewandt. Meine Frau lag noch immer mit geschlossenen Augen auf dem Rücken.
»Da sind sie ja wieder«, rief Webb und sprang auf.
Meine Frau rührte sich erst, als wir anfingen, die Picknicksachen zusammenzuräumen. Sie setzte sich auf und sagte: »So schön kann das Leben sein. Ich könnte hier ewig so liegen.«
»Ich bin mir verdammt sicher, daß du das kannst, und nicht nur hier«, vermittelte Hambles Miene, bis Webb sagte: »Und sich in kürzester Zeit den Tod holen, Mrs. Ripple.« Nur Mrs. Hamble gelang auf diese Bemerkung ein Lächeln.
Eine große Müdigkeit schien plötzlich über uns zu kommen, als Virginia die letzte Plastikdose in Mrs. Hambles Tragetüte steckte und meine Frau die Decke zusammenlegte und den Rückweg anführte.
So endete dieser Tag. Wir fuhren in derselben Verteilung zurück, wie wir gekommen waren. Die Webbs hatten meine Frau bereits abgesetzt, als wir ankamen, und winkten uns von ihrer Haustür aus zu, als ich zu unserer Garage fuhr. Die Hambles dankten uns überschwenglich und schienen es plötzlich sehr eilig zu haben, wieder nach Hause zu kommen. Virginia und ich sahen zu, wie sie ihren Gartenpfad hochgingen, und Virginia hob den Arm, um zu winken, aber sie drehten sich nicht noch einmal um. Adrian verschwand in der Garage, um ein wenig zu tischlern, und ich war froh, daß meine Tochter gar nicht versuchte, etwas zu sagen. Ich hätte nicht gewußt, was ich ihr antworten sollte.
Meine Frau war in der Küche und dachte übers Abendessen nach. Auf dem Abtropfblech lag bereits ein Paket mit Fischstäbchen. Ich hoffte, sie würde auch nichts sagen — meinen Kinder zuliebe und nicht nur, weil Adrian wegen seines Schmollens ein Anpfiff bevorstand, sondern auch, weil man Virginia anmerkte (sie spielte mit ihren Haaren und kaute an den Nägeln), daß der Tag etwas zuviel für sie gewesen war. Auch mir zuliebe, denn für einen Tag hatte ich genug Schlechtes über meine Frau gedacht. Es gab auch nicht viel im Fernsehen, was die Unterhaltung neutral gehalten hätte: nur zwei Cowboyfilme, die ich schon gesehen hatte, die Generalprobe eines
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