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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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ansonsten aber still zu verhalten und nicht darüber zu reden und dadurch vielleicht das Mitleid auszumerzen. Was mich noch einmal auf die Hambles bringt, obwohl nichts von alldem erklärt, warum ich plötzlich ihnen gegenüber überhaupt kein Mitleid mehr empfinde.

KAPITEL ZEHN
    Z wischen dem Ausflug in den Park und unserem Urlaub am Meer passierte kaum etwas Erwähnenswertes. Die Hambles sah ich viel häufiger. Das Krankenhaus behielt Mrs. Hamble nur für eine Woche. Immer wenn ich im Garten war und stutzte und jätete und die Erde umgrub, waren sie in ihrem, und wir unterhielten uns über dies und das: Blattläuse auf dem Geißblatt, Dünger für die Rosen, Löwenzahn im Rasen, solche Sachen eben. Mrs. Hamble saß in einem Liegestuhl unter ihrem Wohnzimmerfenster, strickte meistens (etwas für Virginia wahrscheinlich, aber ich konnte nicht nachfragen, weil das zu der weiteren Frage führen würde, wie lange es noch dauern würde) und schaute immer wieder hinüber zur gebückten Gestalt ihres Mannes.
    Manchmal saßen sie nebeneinander und tranken Tee, redeten wenig und schauten nur in die Gegend. Sie erinnerten mich an ein Paar aus einer Werbung für Lebensversicherungen, das seinen Lebensabend genießt — ich glaube, das ist der Slogan. Ich fing schon an, mir zu überlegen, ob Virginia vielleicht etwas mißverstanden hatte, aber fragen konnte ich sie natürlich nicht. Sie besuchte sie weiterhin ziemlich oft und trat ein, ohne anzuklopfen. Sie behandelten sie wie ein Familienmitglied, trugen ihr sogar Besorgungen auf, aber auf die nettestmögliche Art, da bin ich mir sicher, indem sie sie baten, nicht indem sie ihre Freundlichkeit ausnutzten.
     
    Mein Sohn verbrachte weiterhin viel Zeit in der Garage, und meine Frau schien in dieser Zeit außerordentlich viel zu tun zu haben, sie schleppte ihre Fälle wochenlang in zwei Aktentaschen
hin und her. Sie las und schrieb eine Menge, immer am Tisch im Eßzimmer, mit der Brille auf der Nasenspitze, über die sie fragend hinwegspähte, wenn ich hereinkam, als würde sie hoffen, daß ich nur durchgehe. Der Fernseher mußte so weit heruntergedreht werden, daß wir anderen gezwungen waren, sehr viel näher heranzurücken, was wiederum alles undeutlicher machte: was auch bei Leuten zutrifft, wenn ich es mir recht überlege (»Sprich lauter, ich kann dich nicht verstehen«). So brachte meine Frau uns dazu, auch »das Medium selbst« näher zu betrachten und den Schaden, den es an der »Unabhängigkeit unseres Geistes« anrichten könnte und an dem der restlichen Menschheit — zumindest dem Teil, der einen Fernseher besitzt. Das hatte natürlich auch mit der zu der Zeit sehr modischen Diskussion darüber zu tun, daß das Medium die Botschaft sei — wobei sich für mich die Botschaft herauskristallisierte, daß Unabhängigkeit bedeutet, aus einer gewissen Entfernung in einem Zustand völliger Geistlosigkeit zuschauen zu können, ohne irgend jemand Schaden zuzufügen, egal, welcher Schaden bei einem selbst dadurch entstehen mochte.
    Webb verbrachte weniger Zeit im Garten als ich und drehte mir normalerweise den Rücken zu. Mrs. Webb kam hin und wieder heraus, um Brotstücke und andere Essensreste in ein Vogelhäuschen zu legen, das aussah wie eine kleine Strohhütte. Ich sah sie nie bei irgendeiner Form von Gartenarbeit. Ich stellte mir vor, daß sie den ganzen Tag lang hinter einem Vorhang hervor die Vögel betrachtete. Nie hörte ich aus ihrem Haus das Klappern einer Schreibmaschine dringen.
    In der Arbeit gab es Leute, die ihren Urlaub bereits hinter sich hatten und nun, mit wieder schwindender Bräune, lustlos durch die Räume latschten und gegenüber denjenigen, die ihren Urlaub noch vor sich hatten, eher kurz angebunden waren. Es war noch weniger zu tun als sonst, obwohl weniger Leute da waren. Ich baute deshalb die Stapel von Akten und Papieren auf und um meinen Schreibtisch noch höher, um den Eindruck zu vermitteln, ich würde mindestens das Doppelte meines üblichen Pensums erledigen, um nicht, wenn ich den Urlaub nahm, den ich mir kaum leisten konnte (soll heißen, den ich mit Mühe irgendwo dazwischenquetschte),
denen, die blieben, eine unerträgliche Last zu hinterlassen, die dann allerdings auch nicht annähernd genug zu tun hätten, ganz einfach deshalb, weil Ripple (der gute, alte Tom) vor seinem Weggang eine so unglaubliche Menge an Sachen abgearbeitet hatte. Genauso wichtig war es aber, keinen völlig leeren Schreibtisch zu hinterlassen, der während meiner

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