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Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now

Titel: Ein unauffälliger Mann - Chadwick, C: Ein unauffälliger Mann - It's All Right Now Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Chadwick
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ich mich nach einem größeren Haus mit mehr Platz außenherum und an einer baumgesäumten Allee um, etwas mit einem Portal oder eleganten Fenstern mit rautenförmigen Scheiben oder einer schweren, beschlagenen Tür mit einem großen Messingklopfer und einem langen, sanft abfallenden
Rasen, auf dem an langen Sommerabenden die Rasensprenger spritzen. Ich überlegte mir, einen Cocktailshaker zu kaufen, um mir einen Manhattan zu mixen, den ich zu meinen Zigarren trinken konnte. Ich ging sogar in ein Geschäft in der St. James’s Street und probierte eine kastanienbraune, samtene Hausjacke mit Satingürtel und – quasten an. Einmal genehmigte ich mir eine Maniküre simultan zu einem Haarschnitt. Mit der Zeit entdeckte ich in der Überlegenheit meiner Frau sogar eine gewisse Zurückhaltung, als fragte sie sich allmählich, ob der Kapitalismus nicht doch etwas hatte, was man ihm zugute halten konnte, auch wenn man es nicht gleich laut hinausposaunen mußte. Ich bildete mir sogar ein, daß meine Kinder ihre Stimmen senkten, wenn ich meinen zusammengerollten Schirm mit dem nach Elfenbein aussehenden Griff (»Ja, ich bin mir ziemlich sicher, Virginia«) an den Kleiderständer hängte.
     
    Ich hatte nicht vorgehabt, über dieses andere Leben überhaupt zu schreiben. Ich weiß bereits viel zuviel darüber. Es ist so einfach, es sich vorzustellen, so schwer, es wieder zu vergessen. Ich trat sogar einem Golfclub bei und nahm Stunden. Ich schaffte sogar ein Handicap, gerade noch, und kann einen Ball zwar nicht sehr weit, aber zumindest gerade schlagen. Meine Stärke liegt auf dem Grün. Ich habe mir eine Sprache angewöhnt, die in die Bar des Clubhauses paßt, und ich bin etwas freigebiger mit Runden, als ich es sein müßte. Man legt mir die Hand auf den Rücken, und ich habe nichts mehr dagegen.
    Als eine Stimme unter vielen habe ich schon die Gewerkschaften verspottet, Politiker verhöhnt, die Arbeitslosenzahlen zitiert, Horrorgeschichten über Produktivitätsdefizite wiederholt (je mehr die Leute produzieren, desto mehr verkauft die Firma, desto mehr verdiene ich), den Anstieg der Lebenshaltungskosten beklagt, weil ich mir so immer weniger leisten kann (während ich immer mehr ausgebe), Immobilienpreise diskutiert und Zoten erzählt.
    Die Leute im Golfclub mögen mich. Ich schließe das daraus, wie oft man mir auf den Rücken klopft oder mich an die Bar ruft und
fragt, was ich denn gern hätte. Ich achte sehr darauf, beim Spendieren nicht zu großzügig zu sein; denn sonst müßte ich mich vielleicht irgendwann fragen, ob die Häufigkeit, mit der man mir auf den Rücken klopft oder mich an die Bar ruft, weniger damit zu tun hat, daß die Leute mich mögen, sondern mehr damit, weswegen sie mich mögen. Im Golfclub findet man immer Anschluß. Ich bin allerdings nicht sicher, ob ich hier wirklich Freunde gefunden habe. Im Büro (mehr als einmal habe ich mich selber sagen hören: »Drüben auf der Ranch«) erzähle ich Plaskett, daß ich den und den kennengelernt habe, den Geschäftsführer von Komischen Chemikalien oder den Vertriebsleiter von Lipidsatten Lebensmitteln, die mir vom Markt hier und einer Fusion dort erzählt haben, und er nickt dann und fügt meinen Erkenntnissen ein bißchen was von seinen eigenen hinzu, oder das Ganze passiert genau andersherum. Ich habe sogar angefangen, im besten Einverständnis natürlich, mit seinen Einschätzungen nicht einverstanden zu sein, und zweimal habe ich ihn dazu gebracht, seine Meinung zu revidieren, auch wenn er sie beim ersten Mal dann wieder zurückrevidierte. (»Habe es mir noch mal durch den Kopf gehen lassen, Tom, alter Junge. Hätte meinen Instinkten eben mehr trauen sollen.« »Nein, hättest du nicht, du abstoßender, kleiner Egomane«, erwiderte ich. Natürlich tat ich nichts dergleichen.)
     
    Da gibt es noch etwas, das aus dem Weg geschafft werden muß, in dem Sinne, daß darüber gesprochen werden muß, weil man nie davon loskommt, im Gegensatz zu damit durchkommt, obwohl auch das nicht immer — oder eher nicht unweigerlich. Auf meinen Reisen bin ich meiner Frau manchmal untreu gewesen (mir selber treu), wenn auch natürlich bei weitem nicht meinen früheren Phantasien entsprechend. Die Wirklichkeit drang in den Traum ein. Ich hatte in dieser Hinsicht nicht viel dagegen, bin ich doch kein attraktiver Bursche mit hageren Gesichtszügen, groß und leicht gebückt, mit einem Hinken und graumelierten Schläfen usw., denn obwohl ich in der Phantasie jede haben kann,

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