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Ein unbezaehmbarer Verfuehrer

Titel: Ein unbezaehmbarer Verfuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hoyt
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seinen Hut hatte er wohl verloren, die Schultern seines Rocks glänzten vom Regen. Wahrscheinlich war er bis auf die Haut durchnässt. Mit leichenblassem Gesicht sah er sie an und lächelte spöttisch. „Ihr warmer Willkommensgruß lässt einem wirklich das Herz aufgehen, Mrs Halifax."
    Sie packte das Pferd am Zaum und blinzelte gegen den Regen an. „Wir hatten eine Vereinbarung, Sir. Ich war bereit, mit Ihnen an einem Tisch zu sitzen, wenn Sie — Sie! — rechtzeitig zum Abendessen erscheinen. Wie können Sie es wagen, einen Pakt mit mir zu schließen und ihn dann zu brechen? Wie können Sie es wagen, mich als selbstverständlich zu betrachten?"
    Einen Moment schloss er die Augen, und nun sah sie die tiefe Erschöpfung, die ihm ins Gesicht geschrieben stand. „Ich kann mich nur abermals bei Ihnen entschuldigen, Mrs Halifax."
    Sie runzelte die Stirn. Er sah elend aus. Wie lange war er wohl bei diesem Regen geritten? „Aber wo waren Sie? Was war so wichtig, dass Sie bei Nacht und Wind hinaus mussten?"
    „Eine Laune", seufzte er matt. „Eine bloße Laune."
    Und dann fiel er vom Pferd.
    Helen schrie entsetzt auf. Zum Glück blieb das Pferd ruhig und begann nicht auszuschlagen. Er war auf dem Rücken gelandet, und als Helen sich besorgt über ihn beugte, regte sich etwas unter seinem Rock. Ein schwarzes Näschen, dann der Kopf eines kleinen Hundes, der winselnd zwischen den Knöpfen aus dem nassen Stoff hervorspähte.
    Sir Alistair hielt einen Welpen unter seinem Rock verborgen.

6. Kapitel
Jeden Tag wachte Wahrsprecher über das schreckliche Ungeheuer im Herzen des alten Eibengartens. Es war eine öde, eintönige Arbeit. Das Geschöpf hockte zumeist träge in der Ecke seines Käfigs, die Schwalben flatterten vergeblich mit ihren Flügeln, und die steinernen Krieger standen stumm und starr.
    Jeden Abend, kurz vor Sonnenuntergang, kam der schöne junge Mann, um Wahrsprecher von seinem Dienst zu erlösen. Stets stellte er ihm dieselbe Frage. „Habt Ihr heute etwas gesehen, das Euch das Fürchten gelehrt hat?"
    Und jeden Abend erwiderte Wahrsprecher: „Nein ... "
    Aus „Der Wahrsprecher"
    „ M r Wiggins!", rief Helen in den strömenden Regen. „Mr Wiggins, kommen Sie, und helfen Sie mir!"
    „Nein, bloß nicht", stöhnte Sir Alistair, offensichtlich wieder bei Bewusstsein. „Wiggins schläft wie ein Murmeltier, oder er ist sturzbesoffen. Oder beides."
    Sie musterte ihn missmutig. Er lag in einer Pfütze, der Welpe drängte sich an seine Brust. Sowohl Hund als auch Herr bibberten erbärmlich. „Ich brauche Hilfe, um Sie ins Haus zu bekommen."
    „Nein ...", er setzte sich mühsam auf, „... brauchen Sie nicht."
    Sie packte ihn beim Arm und versuchte ihm aufzuhelfen. „Stures Mannsbild."
    „Stures Weibsbild", murmelte er. „Passen Sie auf den Welpen auf. Er hat mich einen Schilling gekostet."
    „Und wäre fast Ihr Tod gewesen", keuchte sie.
    Dann, als er endlich auf den Beinen war, legte sie die Arme um ihn, damit er nicht gleich wieder umfiel. Ihr Kopf war unter seine Armbeuge, ihre Wange an seinen nasskalten Rock gepresst. Schwer lehnte er an ihrer Schulter. „Sie müssen den Verstand verloren haben!", stieß sie hervor.
    „Redet eine Haushälterin so mit ihrem Herrn?" Seine Zähne klapperten, doch den kleinen Hund hielt er sicher und geborgen im anderen Arm.
    „Morgen können Sie mich ja hinauswerfen", fuhr sie ihn an, während sie sich mit ihm die Treppe hinaufmühte. Da konnte er noch so sarkastisch sein, sie merkte doch, wie schwer er sich auf sie stützte und keuchend nach Atem rang. Er war ein großer, robuster Mann, den so leicht nichts umwarf, doch er musste Stunden durch diesen Regen geritten sein.
    „Sie scheinen zu vergessen, Mrs Halifax, dass ich seit Ihrer Ankunft einige Versuche unternommen habe, Sie wieder loszuwerden, und jedes Mal kläglich gescheitert bin. Passen Sie auf!" Er war gegen den Türrahmen getaumelt und hätte sie beinahe mitgerissen.
    „Wenn Sie mich einfach nur machen ließen!", herrschte sie ihn an.
    „Was für ein herrisches Weib Sie doch sind", brummelte er, als er durch die Tür stolperte. „Wie bin ich nur jemals ohne Sie zurechtgekommen?"
    „Das frage ich mich auch.” Sie lehnte ihn gegen die Wand und warf die Tür zu. Der Welpe winselte. „Geschähe Ihnen recht, wenn Sie sich den Tod holten."
    „Oh wie lieblich ist doch der weibliche Klang", murmelte er. „So sanft, so süß — da regt sich doch in jedem Mann der beschützende Instinkt."
    Schnaubend

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