Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
geschieht?«, fragte Gina, während sie drei Grashalme zu einem Zopf flocht.
»Nein, weiß ich nicht.«
»Sie werden gesteinigt«, erzählte sie geradezu genussvoll.
»Nun, du magst verheiratet sein, aber eine Ehebrecherin bist du nicht.«
Gina kicherte. »Dank dir.«
Der Marquis erstarrte. »Das meinst du doch nicht ernst, Gina. Du versuchst nur, mich zu schockieren, indem du so redest wie deine Freundin Lady Rawlings.«
»Bitte sag nichts gegen Esme! Ihr schlechter Ruf ist grenzenlos übertrieben. Du weißt doch, dass die Klatschbasen sie wie eine Katze belauern und nur auf einen Fehltritt warten.«
»Der vermutlich passieren wird. In der Vergangenheit hat sie auch für einiges Gerede gesorgt.«
Gina bedachte ihn mit einem finsteren Blick. »Esme ist meine allerbeste Freundin, und da du mich heiraten willst, musst du Gerüchte über sie zerstreuen, anstatt neue in Umlauf zu bringen.«
»Das wird schwer werden«, entgegnete er. »Erzähl mir nicht, dass sie gestern Abend nur Küsse getauscht hat – immerhin haben sie und Burdett den Ballsaal länger als eine Stunde verlassen!«
»Ich weiß nicht, was sie getan haben. Aber ich bin sicher, dass es nichts Unschickliches war. Zunächst einmal hält Esme Burdett für einen ausgemachten Langweiler. Sie würde ihm nie irgendwelche Vertraulichkeiten gestatten.«
»Aber er ist ein gut aussehender Langweiler.«
Gina kniff die Augen zusammen. »Du könntest ruhig etwas mehr Mitgefühl zeigen. Esme hat wegen ihres Scheusals von Ehemann viel Leid erduldet … und es ist einfach gemein, wenn du Geschichten über sie weiterverbreitest!«
»Ich verbreite keine Geschichten«, gab er zurück. »Ich verstehe nur nicht, warum du keine Freundinnen finden kannst, die ebenso tugendhaft und makellos sind wie du!«
»Esme ist tugendhaft«, betonte Gina. »Außerdem ist sie witzig und klug und bringt mich zum Lachen. Überdies spielt es keine Rolle, was die Leute über sie reden, denn sie ist meine Freundin .«
Sebastian schaute sie besorgt an.
»Oh, na schön, brechen wir das Picknick ab«, lenkte Gina ein, stand auf und schüttelte ihr leichtes Musselinkleid aus. »Ich schätze, du hast schon recht damit, dass sich ein Picknick nicht schickt – obwohl alle Welt weiß, wie es um Cam und mich steht.«
»Der einzige Grund, warum ich mich einverstanden erklärt habe, dich zu begleiten, ist der, dass du verheiratet bist . Ich würde niemals ein unverheiratetes Fräulein ohne Anstandsdame zu einem Picknick begleiten.«
»Sebastian«, sagte Gina nachdenklich, während sie die Teller in den Korb packte, »allmählich klingst du wie ein pedantischer Moralapostel.«
»Den Anstand zu wahren hat nichts mit Pedanterie zu tun«, grollte er.
»Du bist so, seit du den Titel geerbt hast«, fuhr Gina unbeirrt fort. »Als ich dich vor Jahren kennenlernte, warst du sehr viel weniger auf Anstand bedacht. Weißt du noch, wie ich mich aus dem Haus geschlichen habe und du mich nach Vauxhall mitgenommen hast?«
Sebastian sagte schmallippig: »Erwachsen zu werden ist nicht dasselbe, wie pedantisch zu sein. Ich wünsche nicht, dass der Ruf meiner zukünftigen Frau verunglimpft wird. Immerhin wirst du vielleicht schon zu Beginn des neuen Jahres meine Marquise sein.«
Gina verlor zusehends die Geduld. Das erkannte er an der Röte, die ihr ins Gesicht stieg, und an der Art, wie sie das Silberbesteck förmlich in den Korb warf. Er verhielt sich still und schaute zu, wie sie einige lose Haarsträhnen zusammennahm und auf dem Kopf feststeckte.
»Ich möchte nicht mit dir streiten.«
»Und ich auch nicht mit dir«, sagte sie. »Es tut mir leid, Sebastian. Ich liebe dich, eben weil du so zuverlässig und solide bist, doch dann muss ich aus denselben Gründen an dir herumnörgeln.« Sie legte ihm die Arme um den Hals.
Doch er küsste sie nicht. »Wir verstehen uns so gut, nur im Hinblick auf deine Freundinnen nicht. Du bist eine Frau mit hehren moralischen Grundsätzen. Warum hast du so unmoralische Freundinnen? Ich glaube, nicht eine von ihnen lebt mit ihrem Ehemann zusammen.«
»Sie sind nicht unmoralisch. Esme, Carola und Helene haben Pech, weil ihre Ehemänner so wankelmütig sind. Man könnte aber auch sagen, dass wir es ihnen zu verdanken haben, dass wir zusammen sind. Nachdem ich gesehen hatte, welche Ehemänner meine Freundinnen hatten, wusste ich genau, welchen Mann ich wollte – dich nämlich.«
Der Ausdruck seiner Augen wurde weicher, und er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.
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