Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
warnte Esme. »Dein« – boshafte Pause –, »dein Wächter zählt jeden Schluck, den du trinkst.«
Sebastian machte, wie so oft in Esmes Gegenwart, ein gequältes Gesicht. »Ich wollte lediglich darauf hinweisen … «
»… dass sich ein Schwips für eine Dame nicht schickt«, beendete Esme seinen Satz, wobei sie den hochmütigen Tonfall des Marquis perfekt nachahmte.
Gina griff erneut nach ihrem Glas, mit einem rebellischen Gefühl im Herzen. »Wenn Sie erst einmal mit mir verheiratet sind, Lord Bonnington, können Sie ja den Champagner im Hause verbieten.«
Sebastian warf Esme einen wütenden Blick zu und zog es vor, zu schweigen.
Nun erhob sich Gina, entschlossen, ihn zu einem weiteren Bruch mit seinen heiligen Regeln zu bewegen. »Oje, Sie haben wohl recht«, sagte sie liebenswürdig. »Ich glaube, ich hab ein kleines bisschen zu viel getrunken, denn ich brauche unbedingt frische Luft. Hier drin ist es zum Ersticken!«
Bonnington hatte sich im gleichen Moment wie Gina erhoben und stand bereits an ihrer Seite.
Sie bedachte den ganzen Tisch mit einem Lächeln und schaute Esme bedeutsam in die Augen. »Speist ruhig ohne uns«, sagte sie. »Ich kann wirklich nicht voraussagen, wie lange wir uns draußen aufhalten werden. Hier herinnen ist es so furchtbar … fad!«
Esme brach in schallendes Gelächter aus. Bernie schaute verwirrt in die Runde, während er ein verständnisloses »Was ist los?« hervorstieß.
Gina und Sebastian gingen langsam um die Tische herum, stiegen die Treppe in den langen Empfangsraum hinab und schritten durch die offenen Verandatüren in den Garten. Sebastian blieb stehen, sobald sie den gepflasterten Weg erreicht hatten.
Gina hakte sich bei ihm ein. »Wollen wir nicht ein wenig spazieren gehen, Sebastian?« In ihren Ohren klang ihre Stimme samtweich.
Er löste seinen Arm aus ihrem. Zu Ginas Bestürzung bildete sein Mund eine dünne Linie. Es lag an Esme, das wusste sie. Aus irgendeinem Grund trieb sie Sebastian mit ihrer Neckerei zur Verzweiflung.
»Ich weiß nicht, was du mit deinen Manövern beabsichtigst«, sagte er kalt, »aber ich kann es nicht leiden, wenn man mich zur Zielscheibe des Gespöttes macht.«
»Wir haben dich doch nicht zum Gespött gemacht!«, entgegnete sie.
»Doch, das habt ihr«, gab Sebastian zurück. »Du und Lady Perwinkle und dieses Flittchen Esme Rawlings!«
»Du darfst Esme nicht so nennen!«
»Manchmal ist Offenheit eine Tugend, Gina. Deine Freundinnen kommen in der feinen Gesellschaft dem am nächsten, was man als ›sehr kokett‹ bezeichnet.«
Gina biss sich auf die Lippe. »Findest du nicht, dass du übertrieben streng urteilst?«
»Und die Luft im Saal? Offensichtlich hast du dich ja bei deinen Freundinnen darüber beschwert, dass ich ›fad‹ sei! Dazu darf ich dir mitteilen, dass ich unter Menschen, die gute Manieren zu schätzen wissen, durchaus nicht als fad oder langweilig gelte! Sondern als ein Mensch, der maßvoll und geistreich ist, dem Gegensatz zu sittlich verkommen!«
»Ich habe mich doch nicht über dich beschwert«, protestierte Gina und achtete nicht auf ihr Gewissen, das sich meldete. »Meine Freundinnen besitzen bloß einen lebhaften Sinn für Humor, mehr steckt nicht dahinter.«
»Lebhaft oder lotterhaft? Bist du dir bewusst, dass viele Leute Esme Rawlings den Zutritt zu ihrem Haus untersagen?«
»Nun, gerecht ist das nicht, oder?«, verteidigte Gina die Freundin zornig. »Ebendiese Leute sind zweifellos Speichellecker ihres garstigen Ehemannes. Und Esme wird viel schlechter dargestellt, als sie in Wirklichkeit ist!«
Sebastian betrachtete sie aus schmalen Augen. »Sieh mich an und versichere mir, dass sie nicht mit Bernie Burdett intim ist.«
»Sie ist nicht mit Bernie Burdett intim!«, rief Gina empört.
» Noch nicht vermutlich«, sagte Sebastian und verzog verächtlich die Lippen. »Doch der Mann hat keine Chance, ihr zu entkommen.«
»Sprich nicht so, Sebastian! Sprich nicht so über Esme! Sonst sagst du noch Dinge, die … «
»Die was? Die du nicht hören magst?«
»Ja«, bekannte sie trotzig. »Die ich nicht hören will !«
»Aber diese Dinge sind ohnehin in aller Munde«, erklärte er kategorisch. »Sie ist ein Flittchen, und du weißt es, und alle Welt weiß es.«
Gina starrte ihn nur an. Sie war kreidebleich geworden.
»Dann bin ich auch ein Flittchen!«, schrie sie. »Denn mein Ehemann ist geflohen und hat mich ebenso im Stich gelassen wie Esmes Ehemann. Und ich habe ebenso mit dir geflirtet wie
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