Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
ihm unter den Wimpern hervor einen Blick zu. Er hatte das zweideutigste Lächeln, das sie je bei einem Mann gesehen hatte. »Aber ich möchte es bezweifeln. Gehorsam war nie eine meiner Tugenden.« Sie wandte sich ab, um zu Sebastian zu gehen, aber Cam versperrte ihr den Weg.
»Eine Ehefrau muss jedoch nicht ständig gehorsam sein.«
Er schien sich über sie lustig zu machen, aber sie vermochte nicht zu sagen, warum. »Was willst du damit sagen?«
»Gehorsam ist so kompliziert«, antwortete er in träumerischem Ton. »Zum Beispiel sollte man für das eheliche Bett eine Frau wählen, die zuweilen … «
Gina unterbrach ihn. »Das geht mich nichts an. Ich bin mir durchaus bewusst, dass nicht du mich als deine Ehefrau gewählt hast.«
»Das stimmt«, gab Cam zu. »Ich entsinne mich aber, dass Vater sagte, du würdest eines Tages zu einer Schönheit erblühen, und diese Prophezeiung hat sich in jedem Fall erfüllt.«
Gina starrte ihn mit offenem Mund an. » Das hat dein Vater gesagt?«
Cam nickte. »Ist das denn so verwunderlich?«
»Als ich in die Gesellschaft eingeführt wurde, hat er gesagt, ich solle dankbar sein, dass ich bereits einen Ehering trüge. So müsse ich meine Ware nicht auf dem Markt anpreisen. Ich habe diese Bemerkung immer als Beleidigung aufgefasst.«
»Und zu Recht«, meinte Cam. »Mein Vater war ein Meister darin, andere Menschen zu verletzen. Tatsächlich hat er kaum jemals etwas gesagt, das nicht kränkend gewesen wäre.«
»Außerdem bin ich längst nicht so hübsch wie zum Beispiel Esme«, fügte Gina an, wobei sie sich fragte, wie sie dazu kam, förmlich um Komplimente zu betteln.
Cam schaute zu Esme hinüber. »Ja, Lady Rawlings besitzt jene reine klassische Schönheit, die man selten zu sehen bekommt, zumindest in England.«
»Ich weiß gar nicht, wie wir auf dieses lächerliche Thema gekommen sind«, sagte Gina gelassen.
»Kommt herüber!«, rief Esme und winkte ihnen zu.
Cam folgte der Aufforderung der klassischen Schönheit, Gina jedoch lief zu Sebastian. Es wäre besser, wenn sie nicht so viel Zeit mit ihrem Ehemann verbrachte, denn sie wollte auf keinen Fall die Annullierung gefährden.
Sebastian saß allein an einem kleinen Tisch. Er trug eine Miene zur Schau, die Gina insgeheim seinen »puritanischen Ausdruck« nannte. Sie setzte sich mit dem Rücken zu Esme und Cam.
»Und, wie geht es Lady Rawlings heute Morgen?«, fragte Sebastian übellaunig. »Sie scheint sich ja glänzend zu amüsieren.«
»Dessen bin ich mir sicher«, stimmte Gina ihm zu und warf einen Blick über die Schulter. Esme hatte es sich zwischen Bernie und Cam gemütlich gemacht und strahlte vor Vergnügen. Cam neigte sich gerade zu ihr, als gäbe sie Perlen der Weisheit von sich.
»Ich meine, wenn sie deinen Mann mit Beschlag belegt, so dürfte das für die Annullierung nur umso besser sein«, bemerkte Sebastian.
»Das nehme ich auch an«, murmelte Gina.
Es war bedauerlich, dass Sebastian Esmes Tisch im Blick hatte, denn er schien sie nicht aus den Augen lassen zu wollen. Während sie geschmortes Lamm in Bechamelsoße aßen, äußerte er mit zischender Stimme Kommentare über Ginas Ehemann. »Wenn das dort drüben so weitergeht, wird nicht nur eure Ehe annulliert, sondern auch Rawlings die Scheidung einreichen!«, prophezeite er missbilligend.
Gina wurde es allmählich überdrüssig. »Sebastian!«, mahnte sie schließlich. »Wenn sich schon jemand darüber aufregen muss, meinst du nicht, dass ich das sein sollte? Aber ich rege mich nicht auf. Wen stört es schon, wenn Esme und Cam einander kennenlernen? Niemanden.« Sie kostete das Hühnchen. Es schmeckte wie ein ausgewrungener Spüllappen.
»Da hast du wohl recht. Ich mag es nur nicht mit ansehen, wenn ein anständiger Mann von einer … «
»Das wird ja bei dir zu einer wahren Besessenheit!«, rief Gina, am Ende ihrer Geduld. »Um die Wahrheit zu sagen, finde ich es äußerst unhöflich, in meiner Gegenwart weiter darüber zu sprechen.«
Sebastian schaute sie zuerst verblüfft, dann entsetzt an. »Du musst mir verzeihen, Gina. Ich habe vollkommen vergessen, dass du nicht mehr über die Welt weißt als ein unschuldiges Mädchen.«
» So unwissend bin ich nun auch wieder nicht.«
»Nein, ich muss auf meiner Entschuldigung bestehen.« Sebastians blaue Augen schauten Gina so zärtlich an, dass sie trotz ihrer Verärgerung einlenkte. »Ich habe für einen Augenblick deine Unschuld vergessen. Und doch ist dies eine der Eigenschaften, die ich am
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