Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
elftausend Pfund abgeworfen, oder nicht? Wohin ist denn all das Geld geflossen?«
»Das waren die Zahlen von vor zwei Jahren«, entgegnete Gina. »Der Ertrag im vergangenen Jahr war sogar noch besser. Wir haben allein an Pacht und Liegenschaften vierzehntausend Pfund verdient.« Stolz erfüllte ihre Stimme.
Cam lächelte und zwinkerte so anzüglich, dass Gina ein Kribbeln in der Magengrube verspürte. »Gute Arbeit, Gina!« Er senkte den Blick wieder auf seine Zeichnung. »Stecken wir doch ein paar Pfund davon in die neue Brücke!«
»Das können wir nicht. Ich habe sämtliche Gelder, die nicht für das Londoner Haus und meine finanzielle Unterstützung benötigt werden, für den Bau von Abflusskanälen im Dorf vorgesehen.«
»Vierzehntausend Pfund für den Bau von Abwässerkanälen? Das ist doch unmöglich!«
»Es ist überhaupt nicht unmöglich. Ich fürchte, dein Vater hat das Dorf zu seinen Lebzeiten schrecklich vernachlässigt. Als er starb, waren sämtliche Häuser baufällig.«
»Mein guter Vater«, brummte Cam. Er nahm die Feder wieder zur Hand und strichelte an seiner Zeichnung herum.
»Seit ich mit der Verwaltung des Besitzes betraut bin, habe ich die meisten Häuser instandsetzen oder zumindest so renovieren lassen, dass es menschenwürdige Unterkünfte sind. Aber wir werden nun jeden Extrapenny für den Bau eines Abwassersystems verwenden müssen.« Sie stupste ihn an. »Hast du gewusst, dass die Dörfler ihr Schmutzwasser einfach in den Fluss schütten? Und dieser Fluss fließt direkt hinter Girton House und an unserem Brunnen vorbei! Letztes Jahr hatten wir ein großes Forellensterben.«
»Wegen der schlechten Angewohnheiten der Dörfler?«, fragte Cam einigermaßen zerstreut, während er die Brücke weiter verzierte.
»Nein, dafür war die Minenerschließung flussaufwärts verantwortlich, wie sich schließlich herausstellte. Der Minenabraum ist in den Fluss geströmt und hat die Fische vergiftet«, erklärte Gina. »Mr Rounton musste erst Klage erheben, bevor die Schürfer aufhörten, Erz in unseren Fluss zu kippen. Als das Wasser wieder sauber war, habe ich versucht, die Bestände wiederzubeleben, aber die Forellen sind erneut alle gestorben. Bicksfiddle berichtet aber, dass im Charlcote Lake noch Fische leben, deshalb ist es vielleicht nur … «
Er drückte ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
Gina hielt mitten im Satz inne und blinzelte verwirrt.
»Hat dir schon mal jemand gesagt, wie schön du bist, wenn du über Forellen sprichst?«
»Nein, noch nie.«
»Aber das bist du«, sagte er. »Was hältst du hiervon?« Er drehte das Blatt herum, damit sie es auch sehen konnte.
»Oh«, sagte Gina etwas lahm. »Das ist natürlich wunderschön. Aber … «
»Das hier ist Neptun.« Er tippte mit der Federspitze drauf. »Und diese beiden sind Wassernymphen. Und dort drüben stehen zwei weitere Wassernymphen.«
»Sind sie bekleidet?«, fragte Gina und kniff misstrauisch die Augen zusammen.
»Aber selbstverständlich«, gab Cam zur Antwort. »Du kennst doch Wassernymphen. Im Ausland pflegen sie immer Korsett und Handschuhe zu tragen.« Er grinste sie ironisch an.
Gina biss sich auf die Lippe. »Du willst die alte Holzbrücke in eine Steinbrücke verwandeln, die von nackten Wassernymphen bewacht wird? Ich nehme an, Neptun soll auch nackt sein?«
Cam schaute auf seine Zeichnung. »Nun gut!« Einen Moment lang kratzte seine Feder über das Papier. »Jetzt trägt er kunstvoll verschlungenen Seetang um die Taille.«
»Das ist unmöglich!«, rief Gina aus.
Es war boshaft, so boshaft , sich auf diese Weise über sie lustig zu machen.
»Du verstehst das nicht«, versuchte sie zu erklären. »Girton ist ein wunderbares Herrenhaus. Es wurde … «
»Gerade rechtzeitig für eine Sommerreise von Königin Elisabeth in den 1570er-Jahren fertiggestellt«, ergänzte Cam. »Das weiß ich doch alles, Gina. Ein paar nackte Statuen würden den Park beleben. Wenn ich mich recht entsinne, ist er furchtbar langweilig. Existiert denn der entsetzliche Barockgarten noch?«
»Ja, natürlich!«, fuhr Gina ihn an. »Und ich will nicht, dass irgendetwas darin verändert wird. Deine Mutter hat ihn vor ihrem Tode entworfen und er wird als ihr Vermächtnis erhalten bleiben.«
»Als ob es sie kümmern würde«, sagte Cam wegwerfend.
»Natürlich würde es sie kümmern!«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil sie sonst nichts anderes zu tun hatte. Dein Vater hat ihr ja praktisch verboten, das Haus zu
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