Ein unerhörter Ehemann (German Edition)
runzelte nachdenklich die Stirn.
»Du kannst sie gerne wieder unter den Sessel legen.«
Ein anderes Versteck gab es nicht. Cam bückte sich also und verstaute die Figur wieder hinter dem gerafften Saum des Sesselüberzugs.
Schweigend schritten sie den Korridor entlang. Als Cam das Wort ergriff, geschah es in einem Ton lässiger Neugier. »Wann hast du mit Bonnington über euer Schlafzimmerarrangement gesprochen?«
Gina bemühte sich sehr, jegliche Gereiztheit aus ihrer Stimme zu bannen. »Ich fürchte, das geht dich nichts an.«
»Es wäre ein sehr ungewöhnliches Arrangement. Das weißt du, nicht wahr?«
Gina straffte die Schultern. »Natürlich bin ich mir dessen bewusst.«
»Die meisten Ehepaare schlafen in getrennten Zimmern, wenn nicht gar in getrennten Häusern.« Etwas in seinem Ton brachte ihre Haut zum Kribbeln. »Ungefähr einmal im Monat klopft der Mann höflich an die Tür seiner Ehefrau und begehrt die Erfüllung der ehelichen Pflichten. Immerhin muss man einen Erben produzieren, so unangenehm die Pflicht auch sein mag.«
»Meine Ehe mit Sebastian wird anders!«, fauchte Gina und wandte sich der Treppe zu. »Diese Unterhaltung ist in höchstem Maße unangebracht.«
Er hielt sie am Handgelenk fest. »Ich bin’s doch nur. Was lässt dich glauben, dass deine Ehe anders sein wird?«
»Weil Sebastian und ich ineinander verliebt sind, du Narr!«, zischte Gina. »Bist du jetzt mit deinen Fragen fertig?«
»Nein, noch lange nicht. Ich bin gespannt zu hören, wie du es geschafft hast, den prüden Marquis zu einem gemeinsamen Schlafzimmer zu überreden. Ich hätte ihn ohne Weiteres als Einmal-im-Monat-Mann eingestuft. Aber natürlich mit einer Geliebten nebenher«, fügte er hinzu.
»Er wird sich keine Geliebte halten!«
»Nein? Nun, du musst es ja am besten wissen.« Er ging an ihr vorbei und die Treppe hinunter.
Gina schlug ihm hart auf die Schulter. »Du sollst so etwas nicht sagen! Sebastian wird keine Geliebte haben. Und wir werden öfter miteinander schlafen als einmal im Monat!«
Cam grinste sie über die Schulter hinweg an. »Wenn ich bedenke, wie feurig du letzte Nacht warst, sollte ich den armen Marquis vielleicht vorwarnen, damit er seine Geliebte loswird, um für dich in Form zu sein, bevor die Annullierung rechtskräftig wird.«
Gina blinzelte verwirrt. Doch ehe sie sichs versah, befanden sie sich an der Tür des Empfangszimmers und mussten sich unter die übrigen Gäste mischen.
Sebastian saß immer noch auf seinem Platz, doch auf Ginas Stuhl hatte sich Esme gesetzt. Gina sah, wie Sebastian den Kopf neigte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Esme schien zu lachen, denn ihre Schultern zuckten. Gina seufzte.
So war es schon häufiger gewesen. Immer wenn Gina glaubte, dass die beiden einander so sehr hassten, dass sie nie mehr miteinander sprechen würden, vollführten sie eine Kehrtwendung und unterhielten sich, als wären sie die besten Freunde. Bis zum nächsten Streit.
Wahrscheinlich war es ohnehin am besten, wenn sie sich wieder ihren Verwaltungsaufgaben widmete. Außerdem hatte sie Sebastian versprochen, gemeinsam den Text des Stückes zu lernen, und auch die Kapitel aus Machiavellis Buch, die Mr Wapping ihr aufgegeben hatte, mussten noch gelesen werden. Leise stahl sie sich aus dem Salon, entdeckte einen Diener und trug ihm auf, ihr die Papiere zu bringen.
Dann zog sie sich mit einer Tasse Tee in die Bibliothek zurück. Es war angenehm, sich allein in dem stillen Raum aufzuhalten. Gina breitete ihre Papiere auf dem großen Eichentisch aus und schrieb fast eine Stunde lang Briefe. Durch die hohen Fenster fiel Sonnenlicht herein, und Staubkörnchen tanzten in den Strahlen und wirbelten durch die Luft. Das Licht wurde bereits dämmrig, als Sebastian in die Bibliothek kam.
Gina lächelte ihn zur Begrüßung an. »Gibst du mir noch einen Augenblick? Ich schreibe dem Verwalter gerade einen Brief wegen der Schafzucht.«
»Warum um alles in der Welt überträgst du diese Aufgaben nicht deinem Mann?«
»Das könnte ich tun«, gab Gina zu, während sie den Brief beendete. »Aber eigentlich macht es mir Spaß, mich um den Besitz zu kümmern. Ich fürchte, ich gehöre zu der Sorte Frau, die die Dinge gern selbst regelt. Meinst du, du kannst das aushalten?«
Sebastian verneigte sich galant. »Ich sollte dich vielleicht vorwarnen, dass ich das Glück habe, über zwei ausgezeichnete Verwalter zu verfügen, die sich um meinen Besitz kümmern.«
»Sollen wir nun mit Shakespeare beginnen?«
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