Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)
erst zwei Uhr war, kündigte sich schon wieder der Sonnenuntergang an, und am Ufer entzündete man bereits Fackeln. Nicht mehr lange, dann würde es stockdunkel sein. Beatrice dämmerte, dass es nicht besonders klug gewesen war, in Begleitung dieses Mannes so weit hinauszufahren.
«Vielleicht sollten wir besser umkehren», meinte sie.
«Sie werden doch nicht etwa Angst haben?», fragte er. «Bis zum Schilfdickicht, das hatten wir abgemacht.»
Sie straffte die Schultern und reckte trotzig das Kinn vor. «Na gut, dann bringen wir es eben zu Ende, wenn es denn so wichtig ist», erwiderte sie und versuchte an ihm vorbeizufahren. «Aber seien Sie so gut und fahren Sie nicht immer so dicht neben mir. Sie haben doch das ganze Eis für sich.» Gereizt legte sie ihm die Hand auf die Brust, um ihn wegzustoßen, doch er ergriff sie rasch und bremste ab.
«Haben Sie keine Angst vor mir», bat er leise.
«Sie machen mir nicht im Geringsten Angst», log sie.
Wenn er nur nicht seine starken, warmen Finger um ihre gelegt hätte. Doch er ließ sie nicht los, vielmehr zog er sie jetzt ganz zu sich heran und schloss die Arme um sie. Ihr Herz begann wie wild zu pochen.
«Beatrice», flüsterte er. Sie blickte auf seine Brust und blinzelte, wagte aber nicht hochzuschauen. «Sehen Sie mich doch an», bat er. Sanft legte er ihr einen Finger unters Kinn und hob ihr Gesicht zu seinem empor. Unsicher sah sie ihm in die Augen, während er ihr langsam über das Kinn strich. Sie begann zu zittern. «So weich», flüsterte er, und seine Lippen streiften ganz zart ihren Mund. Die Berührung ging ihr durch und durch wie eine Schockwelle.
«Was tun Sie da?», flüsterte sie.
«Wonach sieht es wohl aus? Ich küsse Sie.» Er sprach die Worte halb in ihren Mund. Dann legte er ihr eine Hand in den Nacken und zog sie noch näher an sich. «Legen Sie die Arme um mich», forderte er sie auf, doch ihr Gehirn war mit den Geschehnissen so überfordert, dass er schließlich selbst ihre Hände ergriff und sich um den Nacken legte. «So ist es gut, mein Herz, genau so …», flüsterte er, und sie stöhnte auf, als sein Mund wieder ihre Lippen berührte.
Seth hämmerte das Herz im Brustkorb, in seinen Ohren rauschte das Blut. Dieser Kuss wurde langsam unerwartet kompliziert, aber er wollte nicht aufhören, zumindest noch nicht. Er ließ den Daumen über Beatrices Kinn gleiten. Vorsichtig zog er es nach unten und zwang sie so, den Mund leicht zu öffnen. Sie schauderte, als er sie erneut küsste. Er nahm ihren Atem auf, schnappte zärtlich nach ihrer Unterlippe und fuhr ihr mit der Zungenspitze über die Lippen, bevor er die Zunge wieder in die einladende Wärme wandern ließ. Er hörte, wie sie schockiert nach Luft schnappte. Im nächsten Moment versuchte sie ihn von sich wegzuschieben, und natürlich hatte sie recht, das ging alles eindeutig zu weit.
Dies war vielleicht der unschuldigste Kuss, den er jemals einer Frau gegeben hatte, und dennoch wallte plötzlich heftige Leidenschaft in ihm auf. Er rieb seine Wange an ihrem roten Haar. Dann ließ er sie los. Ihre Brust hob und senkte sich erregt, und Seth wusste nicht, ob er sich entschuldigen oder sie noch einmal küssen sollte. Er wusste überhaupt nichts über sie. Außer, dass ihr Mund wie für den seinen gemacht war. Doch sie war eine Freundin der Familie Stjerneskanz, und es sah vielleicht nicht so gut aus, wenn er einen ihrer weiblichen Gäste verführte. Er betrachtete sie, wie sie mit gesenktem Kopf vor ihm stand und sich auf die Lippe biss. Ihre Antwort auf seinen Kuss war leidenschaftlich gewesen, aber auch ungeschickt und zögerlich.
«Beatrice?»
«Ja?» Sie musterte mit größter Konzentration einen ihrer Schlittschuhe.
«Sie sind doch wohl schon einmal geküsst worden, oder?»
Sie blickte zu Boden und murmelte verlegen: «Nein, nicht allzu oft.»
Da konnte er sich nicht mehr beherrschen und zog sie erneut an sich. Sie schnappte nach Luft, entzog sich diesmal aber nicht, sondern kam ihm mit einem Seufzen entgegen.
«Ich will, dass Sie mich zurückküssen», sagte er und stöhnte, als sie vorsichtig seinen Bewegungen mit der Zunge folgte. Abermals glitten ihre Hände an seiner Brust empor, und Seth antwortete, indem er ihr mit den Händen ins Haar griff und ihren Kopf nach hinten zog. Dann ließ er einen Schauer von Küssen auf ihren Hals, ihre Sommersprossen und die Wangenknochen niedergehen, bevor er sich wieder ihrem willigen Mund zuwandte. Erneut schob er ihr die Zunge in den
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