Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)
Blitzschnell streckte Seth die Hand aus, und sie griff hastig danach.
«Danke», sagte sie widerstrebend.
Seth lächelte. «Und ob Sie jemand brauchen, der Sie rettet.»
«Nicht im Geringsten. Ich falle selten. Was tun Sie überhaupt hier?»
«Ich bin tatsächlich Gast dieser chaotischen Feier», erklärte Seth. «Ich bin gut befreundet mit Johan und seinen Eltern.»
Beatrice blickte auf ihre Hand, die immer noch in seiner ruhte. «Sie sollten wirklich nicht meine Hand halten, hier kann uns doch jeder sehen», sagte sie und versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen. «Außerdem haben Sie nicht mal Handschuhe an. Seien Sie doch so liebenswürdig und lassen Sie mich los.»
«Ich bin aber nicht liebenswürdig», gab Seth leise zurück. Im gleichen Moment kam Johan auf sie zu, und Seth ließ Beatrice los.
Johan winkte. «Ich freue mich zu sehen, dass Sie den Sturz überlebt haben», rief er Beatrice im Näherkommen zu. «Verzeihen Sie mir, dass ich Sie zurückgelassen hatte.» Er wandte sich an Seth, und sie begrüßten sich mit einem Händedruck. «Schön, dass du kommen konntest, Hammerstaal. Wie ich sehe, bereitet dir das Eislaufen keine nennenswerten Schwierigkeiten.»
«Ich schlag mich so durch», antwortete Seth.
Johan wandte sich an Beatrice. «Hammerstaal ist in Norwegen geboren und aufgewachsen», erklärte er. «Wahrscheinlich hat er Schlittschuhlaufen und Skifahren ge lernt, bevor er gehen konnte. Die Norweger sind geradezu fanatische Wintersportler. Ich würde ihn nicht herausfordern wollen.»
«Danke für die Warnung, ich werde daran denken», antwortete sie, und noch bevor Seth reagieren konnte, glitt sie über das Eis davon. Nach ein paar perfekten Pirouetten drehte sie sich noch einmal um. Anmutig fuhr sie rückwärts weiter und behielt die beiden die ganze Zeit im Auge.
«Jesus Christus!», rief Johan bewundernd. «Ich schätze, Hammerstaal, du hast tatsächlich mal jemand gefunden, der dir das Wasser reichen kann.»
«Sieht ganz so aus», antwortete Seth und beobachtete Beatrice. Sie lachte und winkte, während Johan bekümmert Richtung Ufer blickte.
«Fräulein Sofia scheint langsam nervös zu werden», rief er Beatrice zu. «Leider keine ganz ungewöhnliche Reaktion, wenn man sich mit meiner Mutter unterhalten muss. Ich glaube, ich muss ihr beistehen. Da ich kein großartiger Partner beim Eislaufen bin – ich kann mich ja selbst kaum auf den Beinen halten in diesen verdammten Schuhen –, meinst du, du könntest Beatrice ein bisschen Gesellschaft leisten, Hammerstaal?»
«Selbstverständlich.» Seth rief zu Beatrice hinüber. «Was meinen Sie dazu? Soll ich Ihnen Gesellschaft leisten?»
«Danke», sagte Johan und kehrte zum Ufer zurück, wo Sofia stand und sehnsüchtige Blicke aufs Eis warf.
Seth fuhr auf Beatrice zu.
Seine Bewegungen waren ruhig und entspannt, und doch verrieten sie seine enorme Kraft, dachte Beatrice. Er war zweifellos der überwältigendste Mann, dem sie je begegnet war. Und jetzt waren sie schon wieder allein miteinander. Sie sah sich um. Das Eis war voller Menschen, und doch fühlte sie sich schutzlos. Und vielleicht ein kleines bisschen erwartungsvoll.
Selbstsicher bremste er neben ihr. «Zu Ihren Diensten», sagte Hammerstaal. «Wohin würden Sie gern fahren?»
Beatrice sah sich um. «Wie wäre es mit dem Schilfdickicht dort hinten?», schlug sie vor und deutete auf einen Schilfgürtel, der ein paar hundert Meter entfernt lag.
Er blickte in die angegebene Richtung. «Ich bin nicht sicher, ob das Eis dort drüben wirklich trägt …», wandte er zögernd ein.
Doch sie ließ ihn den Satz gar nicht zu Ende bringen, sondern glitt an ihm vorbei und hielt auf das entfernte Ufer zu.
«Beatrice!», schrie er ihr nach.
«Kommen Sie nicht mit?», rief sie ihm über die Schulter zu.
Er nahm Fahrt auf, und Beatrice raste mit einem begeisterten Ausruf weiter. Natürlich hatte er keinerlei Schwierigkeiten, sie trotz ihres Vorsprungs einzuholen, und es dauerte nicht lange, da zog er an ihr vorbei, beschrieb einen Halbkreis vor ihr und nahm dann mit aufreizender Leichtigkeit ihr Tempo auf.
«Hm», machte Beatrice. «Ihnen ist sicher klar, dass Sie mich nicht besiegt hätten, wenn ich ein Mann wäre. Ich bin sehr schnell.»
Lächelnd drosselte er das Tempo und war auf einmal ganz dicht neben ihr. «Wenn Sie ein Mann wären, wäre vieles anders», antwortete er leise, und ihr fiel auf, wie weit sie sich schon vom Ufer und den anderen Gästen entfernt hatten. Obwohl es
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