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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
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unschicklich gewesen, und hinterher hatte sie sich doch erwartet, dass er noch mehr tun oder sagen würde. Doch abgesehen von einigen oberflächlichen Bemerkungen unterhielten sie sich nicht weiter, und irgendwann verabschiedete sich die Familie Löwenström und fuhr nach Hause. Ich verstehe überhaupt nichts mehr, dachte sie, während der Schlaf sich hartnäckig weigerte, zu ihr zu kommen. Sie wusste nur, dass dieser Abend irgendetwas in ihr für immer verändert hatte.

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    4
    Nybroviken, Stockholm
    Sofia vergrub die Hände in ihrem Pelzmuff. Es hatte geschneit, ganz Stockholm lag unter einer knirschenden Schneedecke, und die Kinder fuhren Schlitten in den Gassen. Dazu schien die Sonne, es war ein perfekter Wintertag. Der Schnee lag wie ein Schleier auf dem Nybroviken, auf dem man eine Eisbahn freigefegt hatte, die wie schwarzer Kristall glänzte. Draußen auf dem Eis bewegten sich Erwachsene und Kinder in dicker Winterkleidung, die einen mit Schlittschuhen, die anderen mit Tretschlitten, manche auch zu Fuß. Am Ufer stand eine Frau, die heiße Mandeln verkaufte, und rundherum tollten Kinder und Hunde im Schnee. Ein Blasorchester spielte, und wenn Sofia nicht so nervös gewesen wäre, hätte sie das alles ganz wunderbar gefunden.
    Doch kaum konnte sie einmal durchatmen, stand er auch schon vor ihr: Johan Stjerneskanz, der Mann, den sie auf Karins Abendgesellschaft kennengelernt hatte und der die blauesten und nettesten Augen hatte, die sie je gesehen hatte. Johan begrüßte erst Beatrice und Edvard, bevor er sich an Sofia wandte.
    «Ich habe mich schon darauf gefreut, Sie hier zu sehen», sagte er und ergriff ihre Hand. Er trug dicke Handschuhe und einen bunten Schal, und Sofia spürte, wie sie unter seinem freundlichen Blick errötete. Sie wusste, dass sie in ihrer kurzen, figurbetonten Jacke hübsch aussah. Die Jacke hatte enganliegende Ärmel und war an den Kanten mit demselben hellgrauen Pelz gesäumt, aus dem auch der Muff gefertigt war. Andererseits hatte ihr gutes Aussehen Sofia schon oft in Verlegenheit gebracht. Sie hasste die aufdringlichen Blicke und das Starren der Männer, doch jetzt wünschte sie sich zum ersten Mal, dass ein Mann sie hübsch finden würde. Vor allem dieser Mann hier. Johan, an den sie die ganze Woche gedacht hatte. Sie hatte so viel von ihm geredet, dass Bea sie irgendwann anflehte, endlich aufzuhören. Als dann eine Einladung von Johans Mutter zum Schlittschuhlaufen auf dem Nybroviken eintraf, war Sofia überglücklich gewesen. Doch im nächsten Moment hatte sie fast geweint vor Enttäuschung, weil ihr einfiel, dass sie ja gar nicht Schlittschuh laufen konnte. Prompt wollte sie die Einladung ablehnen, doch Beatrice hatte die Einwände ihrer Cousine ignoriert und in ihrer beider Namen angenommen.
    «Dieses Winterpicknick ist wirklich eine großartige Idee», sagte Beatrice laut und sah Sofia aufmunternd an.
    «Mama veranstaltet jedes Jahr eines», erklärte Johan. «Aber wie Sie sehen, neigen ihre Gesellschaften immer dazu auszuarten.» Er zeigte mit einer ausholenden Handbewegung auf das Gewimmel von Gästen. «Ich weiß nicht, ob wir hier gemeinsame Bekannte haben», fuhr er fort. «Obwohl, doch – Fräulein Leonite haben Sie ja schon bei Hielms kennengelernt, nicht wahr? Die muss hier irgendwo sein.»
    Edvard und Beatrice bejahten, aber Sofia konnte sich nicht an Leonite erinnern. An jenem Abend hatte sie weiß Gott anderes im Kopf gehabt.
    «Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo Sie Ihre Schlittschuhe anziehen können», sagte Johan.
    Sofia hatte versprochen, das Schlittschuhfahren doch einmal auszuprobieren, um nicht nur als Zuschauerin am Rand zu sitzen. Also setzte sie sich auf eine Bank am Ufer, als wäre es das Natürlichste der Welt. Bea, die schon als Kind Schlittschuh gelaufen war, schnürte sich die Stiefel selbst, während Johan vor Sofia kniete. Er war blond, und wenn sie die Hand ausgestreckt hätte, hätte sie eine der Locken berühren können, die unter seinem Hut hervorlugten.
    «Ich freue mich, dass Sie kommen konnten», sagte er so leise, dass nur sie ihn hörte.
    Ich mich auch, dachte Sofia.
    Der blonde Jurist hatte etwas in ihr geweckt, und von einem Abend auf den anderen hatte sich ihr ganzes Leben verändert. Johan war bei Karins Souper so freundlich gewesen, so behutsam und geduldig. Als sie aufblickte, sah sie, dass Bea gerade die ersten Schritte aufs Eis machte, und sie wurde selbst von kühnem Mut gepackt. Sie würde auch Schlittschuh

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