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Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
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kühl.
    Leonite sah ihn verunsichert an. «Sie haben sicher recht», stimmte sie lahm zu. «Ich beuge mich da ganz Ihrer überlegenen Erfahrung.»
    «Und Sie, Fräulein Beatrice? Beugen Sie sich mir auch?», fragte er.
    «Ich glaube, für heute habe ich mich genug gebeugt», erwiderte sie trocken.
    Seth prustete los. Seine Augen lachten, und als sich ihre Blicke trafen, war die Welt rundherum völlig vergessen.

    Als es dunkel wurde und man fertig gegessen hatte, brachen die Gäste langsam auf. Schlitten sammelten in der ganzen Bucht ihre Passagiere auf, Kutscher riefen, Hunde bellten.
    «Du scheinst dich heute ja bestens amüsiert zu haben», sagte Johan zu Seth. «Ich muss sogar sagen, ich kann mich nicht erinnern, wann ich dich zum letzten Mal so gut gelaunt gesehen habe. Du hast sogar ein-, zweimal gelacht. Das sieht deinem sonst so grimmigen Ich gar nicht ähnlich.»
    Seth zog eine Grimasse. Aber Johan hatte recht. Er war tatsächlich ungewöhnlich guter Laune.
    «Die Gesellschaften, die deine Mutter gibt, sind wirklich immer sehr amüsant», antwortete er in neutralem Ton.
    Johan wandte sich zu den Löwenströms, die ebenfalls am Aufbrechen waren.
    «Wir gehen mit euch, wenn wir dürfen», sagte er zu Edvard, der zur Antwort kurz nickte. Johan streckte Sofia seinen Arm hin. Seth und Beatrice gingen langsam hinter den anderen her und fielen immer weiter zurück. An einer kahlen Weide blieb Seth stehen, nahm ihren Arm und zog sie an sich. In der Dämmerung waren sie praktisch unsichtbar.
    «Danke für diesen schönen Nachmittag, Beatrice», sagte er und fuhr ihr mit einem Finger über das nackte Handgelenk, bevor er es behutsam an den Mund hob und küsste. Sie begann zu zittern.
    «Bea?» Sofia rief aus dem Schlitten nach ihr. Seth ließ sie los.
    « Adieu , Fräulein Beatrice. Gehen Sie, bevor ich Ihren Ruf noch endgültig ruiniere», sagte er und verschwand.

[zur Inhaltsübersicht]
    5
    Königliches Schloss, Stockholm
    Seth und Johan ließen die Blicke über die Menschenmenge schweifen, die sich im Stockholmer Schloss in der Galerie von Karl XI. versammelt hatte. Der Saal war im 17. Jahrhundert erbaut und eingerichtet wor den, wobei man sich den Spiegelsaal von Versailles zum Vorbild genommen hatte. Unter den Kristalllüstern glänzten Uniformen und Orden mit den Juwelen um die Wette. Traditionellerweise lud König Oskar II. an seinem Geburtstag, dem 21. Januar, zum Ball, und in diesem Jahr waren in der Woche vor Weihnachten über dreitausend Einladungen versandt worden. Nun mischten sich in den prächtigen Sälen Adlige mit schwedischen und norwegischen Ministern. Ausländische Gesandte, Professoren und Staatsbeamte unterhielten sich mit Großhändlern und Fabrikbesitzern. Bischöfe und Diplomaten standen neben schwarzen Fräcken und ausländischen Galauniformen.
    «Du kommst mir so ungeduldig vor», sagte Seth zu Johan, der unablässig mit den Augen die Menge absuchte.
    «Ach weißt du, die ganze Familie ist eingeladen», erklärte Johan in einem Ton, der verriet, dass seine Nerven schon den ganzen Tag über bis zum Zerreißen gespannt waren. «Und sie hat bestimmt auch wieder ihre Cousine dabei.» Bei dieser Bemerkung zuckte Seth nur mit den Schultern. Er hatte die Weihnachtszeit in Norwegen verbracht, und nach dieser Reise hatte er in den letzten Wochen die Stapel abarbeiten müssen, die sich in der Zwischenzeit auf seinem Schreibtisch angesammelt hatten. An Beatrice Löwenström hatte er dabei kaum gedacht, obwohl er sich jetzt bei der Hoffnung ertappte, sie würde hier auftauchen. Er ließ die Blicke über die Ballbesucher schweifen.
    Leonite von Wöhler kam mit ihren Eltern in den Saal gerauscht, und als sie Seth und Johan erspähte, steuerte sie sofort auf die beiden Männer zu. «Sie erinnern sich vielleicht an meinen Vater, Graf von Wöhler», sagte sie, und der ältere Herr verbeugte sich. Höflich erwiderten Seth und Johan seinen Gruß. «Meine Tanzkarte ist schon fast voll», fuhr Leonite bedeutungsvoll fort, doch Graf von Wöhler, der jemand entdeckt hatte, den er kannte, zog seine Frau und seine Tochter mit sich, bevor Seth und Johan um einen Tanz hätten bitten können.
    «Sie sieht sehr gut aus», bemerkte Johan und sah der Familie nach.
    «Ja, wahrscheinlich schon.»
    «Und ihr Vater hat ausgezeichnete Verbindungen.»
    «Versuchst du mir irgendetwas mitzuteilen?»
    Johan grinste. «Sie ist genau die Sorte Frau, die du dir wünschst.»
    «Vielleicht.»
    Johan musterte ihn, sagte aber weiter

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