Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)
ihr als Juliana Sparre vorgestellt worden war. Ihre Mutter, die Gräfin Sibylla Sparre, hatte während der Begrüßung der Löwenströms schon erzählt, dass die Güter ihrer Familie an Wadenstierna grenzten. «Ich freue mich so, dass Mama und ich ein wenig mithelfen konnten», setzte Juliana Sparre hinzu.
«Ja, wir sind so froh, Herrn Hammerstaal als neuen Nachbarn zu haben», warf die Mutter ein. «Seth hat auf Wadenstierna so phantastische Arbeit geleistet, und wir hoffen, dass er mehr Zeit hier verbringen wird, nachdem nun alles fertig ist. Und wir finden es wunderbar, zu diesem Fest etwas beitragen zu können.» Die beiden Frauen sahen unglaublich zufrieden aus.
«Sie wollen sich sicher frisch machen», bemerkte Juliana Sparre mit einem katzenhaften Lächeln. Sie ließ einen beredten Blick über Beatrices zerknitterte Erscheinung gleiten, ehe sie sich wieder an Seth schmiegte.
Man fragt sich wirklich, was Seth an diesen dünkelhaften aristokratischen Hexen findet, dachte Beatrice ärgerlich, während sie dem Dienstmädchen folgte, das sie in ihr Zimmer bringen sollte.
Als all ihr Gepäck hochgebracht und die Tür geschlossen war, warf sie sich aufs Bett. Die Reise war lang und unbequem gewesen, und ihr hatte tagelang davor gegraut, überhaupt hierherzukommen. Sie warf einen Blick auf die hellen Möbel und die Bilder, die die Wände schmückten. Die Farben im Raum waren gedeckt, die Stoffe und Materialien von ausgesuchter Qualität. Außerdem hatte sich jemand die Mühe gemacht, einen großen Strauß Treibhauslilien auf den Tisch zu stellen, und Beatrice fand beim besten Willen nichts, worüber sie sich hätte beschweren können – ihr Zimmer war ganz einfach wundervoll. Ein Bild fesselte ihr Interesse, und sie stand auf. Sie war sicher, es schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Sie konnte sich einer Unterhaltung über Impressionisten entsinnen, die sie vor langer Zeit, in einem anderen Leben geführt hatte. Gegen ihren Willen musste sie lächeln. Seth Hammerstaal besaß also ein Monet-Gemälde. Typisch für ihn, dass er damit nicht prahlte, dachte sie, und es versetzte ihr einen Stich ins Herz. Lange blieb sie vor dem kleinen Bild stehen und bewunderte die exquisite Technik des französischen Malers.
«Ich hoffe, Sie sind zufrieden.» Juliana drückte Seths Arm.
Seth sah sich in dem Ballsaal um, in dem langsam die ersten Gäste eintrafen. Importierte Tulpen in jeder denkbaren Farbe ließen den Raum festlich und farbenfroh leuchten, die Kristalllüster waren poliert, und die Kerzenflammen warfen ihr flackerndes Licht auf den blitzblanken Boden des Ballsaals. Draußen hatte man Fackeln aufgestellt, Tausende von Laternen leuchteten in den Baumkronen, und die Schlossdiener sorgten dafür, dass es den Gästen an nichts fehlte.
Und Juliana sah in ihrem feuerroten Kleid einfach grandios aus. «Ich bin Ihrer Mutter und Ihnen zu großem Dank verpflichtet», antwortete er.
«Sagen Sie es nur, wenn ich noch etwas tun kann.» Sie lachte leise, und er gab sich alle Mühe, sich von ihrer Begeisterung anstecken zu lassen. Ihr Angebot war ernst gemeint, und ihr Körper war sicherlich der Traum eines jeden Mannes, und dennoch … Er wusste, dass er Beatrice bei ihrer Ankunft kalt behandelt hatte, aber seine Reaktion, als er sie wiedersah, war einfach zu überraschend für ihn selbst gewesen. Bei ihrem Anblick setzte sein Gehirn aus, und er hatte nicht gewusst, was er sagen sollte. Wann wirst du heiraten? Vermisst du mich? Wie konntest du nur? All diese Fragen schossen ihm durch den Kopf. Er wollte nicht an Beatrice denken, sich nicht an ihren Blick auf der Schlosstreppe erinnern. Sie hatte ihre Wahl getroffen und musste jetzt die Folgen tragen. Von ihm brauchte sie sich kein Mitleid zu erhoffen.
«Sie sind eine sehr schöne Frau, Fräulein Sparre», sagte er und küsste ihr die Hand. Ein reichlich zahmes Kompliment, aber wie gesagt, sein Gehirn funktionierte nicht ganz so, wie es sollte.
Beatrice kam die Treppe herunter. Das Erste, was ihr beim Betreten des Ballsaals ins Auge fiel, war Seth, wie er Juliana gerade die Hand küsste. Er hat sich wahrhaft schnell von seiner Enttäuschung erholt, dachte sie, während sie sich von dem Pärchen entfernte. Die Frage war, ob er es überhaupt je ernst gemeint hatte. Der Unterschied zwischen Liebe und Lust war bei einem Mann sicherlich größer. Was sie hier sah, zeigte in aller Deutlichkeit, dass zwischen ihnen wirklich alles vorbei war. Für immer. Ihr sollte es recht
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