Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition)

Titel: Ein ungezähmtes Mädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simona Ahrnstedt
Vom Netzwerk:
damit beschäftigt, Johan und Sofia zu gratulieren, dass man Seth und sie gar nicht zu bemerken schien. Seine Augen waren so dunkel, dass sie fast schwarz zu sein schienen.
    «Oder hast du Angst, mit mir allein zu sein?» Obwohl er so leise sprach, zuckte sie zusammen, als sie seine Stimme hörte. Sie klang so hart, wie Beatrice es noch nie gehört hatte. «Hast du Angst, ich könnte die Beherrschung verlieren?», fuhr er in diesem kalten Ton fort. «Da kannst du ganz beruhigt sein. Ich versichere dir, ich würde dich nicht mal anfassen, wenn mein Leben davon abhinge.» Er beugte sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: «Oder machst du dir Sorgen um deine eigene Reaktion?» Mit einer Kopfbewegung deutete er auf die Tür.
    Beatrice drehte sich um und ging ihm mit zitternden Knien voraus in den Flur. Seth folgte ihr und ließ die Tür hinter ihnen halboffen stehen. Durch den Türspalt sah man die ausgelassene Gesellschaft. Fröhliches Gelächter drang zu ihnen wie aus einer anderen Welt. In dem ganzen Trubel bemerkte niemand ihr Verschwinden.
    «Was zum Teufel geht hier eigentlich vor, Beatrice?»
    «Ich verstehe das alles nicht», flüsterte sie.
    «Spiel nicht mit mir», sagte er. «Ich bin gestern hierhergekommen, um bei deinem Onkel um deine Hand anzuhalten. Willst du raten, was passiert ist?» Er zog die Augenbrauen hoch. «Nein? Ich bekam zu hören, dass du bereits verlobt bist. Würdest du vielleicht die Freundlichkeit besitzen und mir erklären, wie es kommt, dass du das alles auf Irislund mit keiner Silbe erwähnt hast?»
    «Du wolltest um meine Hand bitten?», wiederholte sie kraftlos.
    Seth sah ihr ins Gesicht. «Warum hast du mir nichts davon erzählt?», fragte er. «Das hätte mir einiges an Ungelegenheiten erspart. Aber ich schätze, du scherst dich nicht allzu viel um die Gefühle anderer Menschen.» Sie schwieg und schüttelte nur den Kopf. Seth beugte sich über sie und sagte mit unverhohlenem Zorn: «War es vielleicht sogar eilig, Beatrice?» Er sprach die Worte ganz langsam aus. Er beobachtete, wie ihr die Farbe aus dem Gesicht wich, als ihr klar wurde, was er da andeutete. Die Tränen stiegen ihr in die Augen, doch er ignorierte es, denn er wollte sie genauso verletzen, wie sie ihn verletzt hatte.
    «Sag so etwas nicht», flüsterte sie.
    «Ich gehe davon aus, dass du nicht ganz so unschuldig bist, wie ich dachte», fuhr er fort. «Aber ich muss dir meinen Beifall zollen, du hast es schon sehr geschickt angestellt. Ich habe deiner grandiosen Vorstellung von Anfang bis Ende geglaubt.»
    «Bitte», flehte sie und schluchzte.
    Sie war so grau im Gesicht, dass Seth plötzlich ein anderer Gedanke kam. «Sie zwingen dich doch nicht etwa?», fragte er nun. «Hat der Graf dir etwas angetan? Erwartest du ein Kind? Ist es deswegen?» Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass Rosenschöld eine Frau geschändet hatte, und Seth verachtete sich selbst für den Hoffnungsschimmer, der sich bei dem Gedanken regte, Beatrice könnte vergewaltigt worden sein. Denn wenn das der Fall war, gab es immer noch einen Ausweg. Er nahm sie bei den Schultern, zwang sie, ihm in die Augen zu sehen, und spürte, wie die Hoffnung in ihm aufwallte. «Hat er sich an dir vergangen? Ich kann dir helfen. Ich kann dich heiraten, ich kann dich mitnehmen, weg von hier. Dich trifft keine Schuld.» Lass es so sein, dachte er erregt. Es muss so sein. Für Beatrice würde er alles tun, er würde sich sogar um das uneheliche Kind des Grafen kümmern.
    «Es geht nicht um mich. Ich muss es tun», stieß sie mit erstickter Stimme hervor. «Du darfst nicht glauben, dass …»
    Er war so frustriert, dass er sie packte und schüttelte. «Was glauben?», fragte er. «Worum geht es hier? Sag es mir.»
    Doch sie schüttelte nur den Kopf und wich seinem Blick aus. «Nein, entschuldige, es ist nichts in der Richtung. Eine Frau darf nicht nur an sich selbst denken. Es geht um die Familie, um Dinge, die auch für andere wichtig sind. Das musst du verstehen. Bitte.»
    Er ließ sie los. «Dann muss ich annehmen, dass du das aus freien Stücken tust?» Er spuckte die Worte beinahe aus, als ihm klar wurde, dass Beatrice ihn wirklich hinters Licht geführt hatte. Nie im Leben hatte er die Hand gegen eine Frau erhoben, doch er spürte, dass er jetzt eine Ausnahme machen könnte. Im Grunde sollte er froh sein, dachte er zornig. Froh darüber, dass er gerade noch rechtzeitig gemerkt hatte, was hier vor sich ging, wie unzuverlässig sie war – bevor er sich für sie

Weitere Kostenlose Bücher