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Ein Universum aus Nichts

Ein Universum aus Nichts

Titel: Ein Universum aus Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence M Krauss
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Geschichte, wie versucht wurde, die Gesamtmenge der Dunklen Materie im Universum zu bestimmen, reicht mindestens ein halbes Jahrhundert zurück. Man könnte ein ganzes Buch darüber verfassen, was ich mit meinem Buch Quintessenz auch schon getan habe. In diesem Fall zeigt sich jedoch, was ich sowohl mit Worten als auch mit einer Abbildung demonstrieren werde, dass ein einziges Bild zumindest mehr sagt als tausend (oder womöglich sogar 100000) Worte.
    Die größten durch Gravitation gebundenen Objekte im Universum heißen Galaxien-Supercluster. Sie können Tausende einzelner Galaxien oder mehr enthalten und sich über viele Dutzend Millionen Lichtjahre erstrecken. Die meisten Galaxien liegen innerhalb solcher Supercluster, und auch unsere Milchstraße existiert innerhalb des Virgo-Superclusters – dessen Zentrum fast 60 Millionen Lichtjahre von uns entfernt ist.
    Da Supercluster so riesig und massereich sind, dürfte im Grunde alles, was überhaupt innerhalb von etwas liegt, in Clustern versammelt sein. Wenn wir also Galaxien-Supercluster wiegen und dann die Gesamtdichte solcher Cluster im Universum schätzen könnten, wären wir imstande, das Universum einschließlich der gesamten Dunklen Materie zu »wiegen«. Mithilfe der Gleichungen der Allgemeinen Relativität könnten wir dann bestimmen, ob die Menge der Materie für ein geschlossenes Universum ausreicht oder nicht.
    So weit, so gut, aber wie können wir Objekte wiegen, deren Durchmesser Dutzende Millionen Lichtjahre beträgt? Ganz einfach. Wir nutzen die Schwerkraft.
    1936 veröffentlichte Albert Einstein auf Drängen eines Amateur-Astronomen namens Rudi Mandl in der Zeitschrift Science einen kurzen Aufsatz mit dem Titel »Lens-Like Action of a Star by the Deviation of Light in the Gravitational Field« (Linsenartige Wirkung eines Sterns durch Lichtablenkung im Gravitationsfeld). In diesem kurzen Artikel zeigte Einstein die bemerkenswerte Tatsache, dass der Raum selbst wie eine Linse wirken und Licht beugen sowie dessen Bild vergrößern kann – genau wie die Linsen meiner Lesebrille.
    1936 war eine freundlichere, höflichere Zeit, und es ist interessant, die formlose Einleitung von Einsteins Aufsatz zu lesen, denn schließlich wurde er in einer herausragenden Wissenschaftszeitschrift veröffentlicht: »Vor einiger Zeit stattete mir R. W. Mandl einen Besuch ab und bat mich, die Resultate einer kleinen Berechnung zu veröffentlichen, die ich auf seine Bitte hin angestellt habe. Dieser Artikel entspricht seinem Wunsch.« Möglicherweise wurde ihm diese Formlosigkeit zugestanden, weil er Einstein war, ich nehme jedoch lieber an, dass sie der Zeit geschuldet war, in der wissenschaftliche Ergebnisse noch nicht stets in eine weit von der Umgangssprache entfernte Sprache verpackt waren.
    Jedenfalls war die Tatsache, dass Licht gekrümmten Bahnen folgt, wenn der Raum selbst in Anwesenheit von Materie gekrümmt ist, die erste bedeutsame Vorhersage der Allgemeinen Relativität. Außerdem war es, wie schon erwähnt, die Entdeckung, die Einsteins internationalen Ruf begründete. Insofern ist es vielleicht nicht ganz so überraschend, dass Einstein, wie man kürzlich herausfand, schon 1912 und damit um einiges vor der Zeit, zu der er seine Theorie der Allgemeinen Relativität vollendet hatte, Berechnungen anstellte, die im Grunde mit denen übereinstimmten, die er 1936 auf Bitte von Herrn Mandl veröffentlichte. Damals hatte er sich bemüht, eine beobachtbare Erscheinung zu finden, mit der er Astronomen davon überzeugen konnte, seine Vorstellungen zu überprüfen. Er machte sich nie die Mühe, seine frühere Arbeit zu veröffentlichen – vielleicht weil er 1912 zum gleichen Schluss gekommen war wie in seinem Artikel von 1936, dass es nämlich »keine große Chance gibt, dieses Phänomen zu beobachten«. Tatsächlich können wir nach Durchsicht seiner Notizbücher aus beiden Zeiträumen nicht mit Sicherheit sagen, ob er sich später überhaupt daran erinnern konnte, die ersten Berechnungen bereits 24 Jahre zuvor ausgeführt zu haben.
    Wie Einstein bei beiden Gelegenheiten entdeckte, kann die Beugung des Lichts in einem Schwerefeld darauf hinauslaufen, dass die Lichtstrahlen, die von einem weit entfernten leuchtenden Objekt in verschiedene Richtungen ausgehen und dabei eine zwischen ihr und dem Beobachter liegende Massenverteilung passieren, genau um diese Masse gebeugt werden können. Dabei geschieht eben das, was auch beim Durchgang des Lichts durch eine normale Linse

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