Ein unmoralischer Handel
Platz machte.
Er tat es nicht sofort. Sein Blick strich über ihr Gesicht hinweg, suchend - sie betete, dass er nichts fand. Dann nickte er kurz und trat zur Seite. »Mach nur wie immer, was du willst, und scher dich davon.«
Sie bedachte ihn mit einem Blick königlichen Gleichmuts, dann drängte sie an ihm vorbei. Ihre Brust streifte seinen Arm, eine Hüfte berührte die seine. Der Schauder, der sie durchlief, ließ ihr die Knie weich werden. Mit angehaltenem Atem hielt sie sich aufrecht und bemühte sich, nichts wie fort zu kommen. Sie wagte es nicht zurückzublicken.
Innerlich den Kopf schüttelnd, wartete Gabriel darauf, dass sich seine durch ihre Berührung angespannten Muskeln wieder lockerten. Sie hatten sich in all den Jahren kaum berührt, doch die Wirkung auf ihn war geblieben. Als der Druck in seiner Brust nachließ, holte er tief Luft …
Sie war ganz in der Nähe.
Sofort suchte er die Menge in seiner Umgebung ab. Keine Frau in seinem Blickfeld war groß genug, doch er konnte dieses Parfüm nicht verwechseln. Es war der Inbegriff von ihr - der Duft, der sich durch seine Träume zog. Er sog noch einmal den Atem ein. Der Duft war noch immer stark, wenngleich er sich bereits verflüchtigte. Sie war … sehr nah … gewesen …
Seine Muskeln wurden hart wie Stein. Langsam wandte er sich um und starrte auf den schlanken Rücken einer ungewöhnlich großen Frau, die bis vor einem Augenblick noch dicht vor ihm gestanden hatte.
Es konnte nicht sein.
Kurz weigerte sich sein Geist schlichtweg zu akzeptieren, was seine Sinne ihm zuschrien.
Dann zersplitterte die Wirklichkeit in tausend Scherben.
Alathea spürte Gabriels Blick in ihrem Rücken, wie ein Messer bohrte er sich zwischen ihre Schulterblätter. Ihre Lungen verengten sich, Panik krampfte ihr den Magen zusammen, sie schaute sich um.
Er durchpflügte in ihrem Kielwasser die Menge. Seine Augen fanden sie - mit dem Ausdruck eines primitiven Jägers. Einen Moment lang war sie von dem Anblick schier gelähmt, dann wirbelte sie herum und versuchte, schneller voranzukommen, durch die Menge zu schlüpfen und ihm zu entrinnen.
Das Gedränge wurde nur noch dichter. Lady Hendricks rief ihr etwas zu und winkte - Alathea musste stehen bleiben, lächeln und ihr die Hand reichen. Dann setzte sie ihre Flucht fort, drängelte, wandte sich hierhin und dorthin auf der verzweifelten Suche nach einem schnelleren Weg durch diese Menge …
Finger schlossen sich fest um ihren Ellbogen.
Sie erstarrte. In dem Moment, als ihr Denkvermögen wieder zurückkehrte, beugte er sich vor und murmelte: »Versuche es gar nicht erst.«
Seine Lippen streiften ihr Ohr. Sie unterdrückte ein Erschaudern und richtete sich auf. Er stand rechts an ihrer Schulter, sein Griff um ihren Ellbogen war wie ein Schraubstock. Auch ohne seine Warnung war ihr klar, dass sie aus diesem Griff nicht entkommen konnte. Und er war wütend. Mehr als wütend. Der Zorn, der ihm aus jeder Pore strömte, versengte sie förmlich. Was hatte sie verraten?
»Hier lang.«
Er hatte über das Meer von Köpfen hinweggeschaut und steuerte sie jetzt zu einer Seite des Saales hinüber. Sie zwang ihre Füße, sich in Bewegung zu setzen. Sie konnte keine Szene machen, nicht hier. In der Stimmung, in der er sich befand, wäre er zu allem fähig - sogar sie sich einfach über die Schulter zu werfen und sich mit ihr davonzumachen. Wenn sein Zorn einmal geweckt war, galt es gut darauf zu achten, was man tat. Ihn jetzt noch herauszufordern wäre tödlicher Leichtsinn. Während sie also die nächstliegende Wand ansteuerten, bemühte sie sich, ihre Gedanken, Argumente und Gegenargumente zu sammeln und sich für das, was kommen würde, zu wappnen.
Sie sah die Tür erst, als sie unmittelbar davor standen; er machte sie auf und marschierte mit ihr in eine nicht erleuchtete und zum Glück menschenleere Galerie. Er blieb erst stehen, als sie das Ende erreicht hatten, wo sich durch ein hohes Fenster mit offenen Vorhängen das Mondlicht in den schmalen Raum ergoss.
Er stellte sie direkt in den silbernen Strahl und schwang sie zu sich herum.
Sein Blick suchte ihr Gesicht ab, verschlang ihre Züge, als hätte er sie nie zuvor gesehen. Sein Gesichtsausdruck war wie gemeißelt, steinerner als steinern und unerbittlich. Mit schmalen Lippen und zusammengebissenen Zähnen musterte er sie mit zusammengekniffenen Lidern, sodass sie seine Augen nicht mehr sah. Sein Blick wanderte über ihre Kinnlinie, dann hob er die Lider und schaute ihr
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