Ein unmoralischer Handel
weiß-goldene Ballsaal jetzt aussah wie ein Abbild des Himmels.
»Perfekt.« Mit einem knappen Nicken riss sie sich von dem Anblick los. »Bitte schicken Sie umgehend Ihre Rechnung, Mr Bobbins … Wir werden uns nur noch ein paar Wochen in der Stadt aufhalten.«
Mr Bobbins verneigte sich tief und versicherte ihr stammelnd, dass er seine Rechnung unverzüglich vorlegen werde.
Alathea kontrollierte zusammen mit Mrs Figgs eine Lieferung Lachs und Schrimps, dann stiegen sie und Crisp in den Keller hinunter. Bis sie die Weine für das förmliche Dinner vor dem Ball ausgewählt hatten, war es bereits nach Mittag. Sie zog sich in ihre Schreibstube zurück, um sich ein wenig zu erholen und ihre Listen auf der Suche nach dem nächsten, dringend zu erledigenden Tagesordnungspunkt durchzugehen. Doch es zog sie magisch ans Fenster.
Auf dem Rasen hinter dem Haus waren Jeremy, Charlie und Gabriel ganz in ihr neues Spielzeug vertieft. Gabriel hatte seinen Rock abgelegt. Zusammen mit Charlie unterwies er Jeremy in dem schwierigen Geschäft, auf dem seltsamen Vehikel das Gleichgewicht zu bewahren. Alathea beobachtete recht beeindruckt, welche Geduld Gabriel dabei bewies. Niemand wusste besser als sie, dass er normalerweise eher ungeduldig war, doch im Umgang mit Jeremy legte er gleichzeitig Takt und Ermunterung an den Tag, genau das, was Jeremy brauchte. Unter Gabriels Augen blühte er auf. Bevor sie sich abwandte, sah sie ihn noch allein über den Rasen rollen, wobei es ihm sogar gelang, das Gefährt von den dichten Büschen wegzusteuern.
Als sie ihr Schreibzimmer verließ und sich wieder ins Getümmel stürzte, dachte sie, dass Gabriel, wenn auch nicht immer so geduldig, aber doch recht ausdauernd sein konnte. Sie täte gut daran, das nicht zu vergessen.
Eine halbe Stunde später fand er sie, als sie das Aufstellen der Tische im Salon beaufsichtigte, den sie zum Esszimmer umfunktionieren wollte. Er ließ seinen Blick über die Szenerie schweifen und fragte dann mit hochgezogenen Augenbrauen: »Wie viele Karten hast du verschickt?«
»Fünfhundert«, antwortete Alathea geistesabwesend. »Keine Ahnung, wie wir die hier unterbringen sollen, falls sie alle gleichzeitig eintreffen.«
Gabriel musterte ihr Gesicht, dann nahm er sie ruhig beim Arm, ignorierte ihr Widerstreben und ihre sich verdüsternde Miene und bugsierte sie an eine Seite des Raums. »Wo ist die Petition?«
»Die Petition?« Sie starrte ihn entgeistert an. »Du meinst doch wohl nicht, dass ich jetzt daran arbeite?«
»Ich kann jetzt daran arbeiten. Ich kann nämlich schreiben, weißt du?« Ihr Stirnrunzeln deutete an, dass sie davon nicht allzu überzeugt war, was er aber geflissentlich ignorierte. »Ich will sie mit nach Hause nehmen und weitere Argumente ausformulieren.« Er warf einen Blick auf die Diener und Mägde, die hektisch hin und her eilten. »Hier ist es zu laut.«
Sie schaute nicht gerade glücklich drein, nickte jedoch. »Sie liegt in der obersten Schreibtischschublade.«
»Ich gehe sie holen.« Gabriel wollte sich gerade auf den Weg machen, blieb jedoch noch einmal stehen. Ungeachtet der vielen Leute um sie herum nahm er ihr Kinn: »Reib dich nicht auf. Ich sehe dich dann beim Dinner.«
Bevor sie noch reagieren konnte, beugte er seinen Kopf herunter, küsste sie flüchtig und ging davon.
»Lady Alathea - war es hier, wo Sie diesen Tisch stehen haben wollten?«
»Was? Oh … ja, ich denke …«
Innerlich grinsend schritt Gabriel die Treppen hinunter.
17
D as offizielle Dinner vor dem Ball war, gesellschaftlich gesehen, noch wichtiger als der Ball selbst. Der Graf, Serena und Alathea waren übereingekommen, dass dieses Dinner überaus glanzvoll werden musste - koste es, was es wolle. Sämtliche Mitglieder des ton sollten sich noch lange an die Morwellans erinnern. Alathea hatte persönlich jedes Detail überwacht, angefangen von der Gästeliste, die Serena zusammengestellt hatte, und dem festen weißen Papier, auf dem die Einladungen geschrieben worden waren, bis hin zu dem funkelnden Kristall, dem Silberbesteck, dem Meißener Porzellanservice und dem gestärkten weißen Damast. Die Gerichte aller zwölf Gänge waren sorgsam ausgewählt, sodass sie einander in der Abfolge kulinarischer Genüsse vortrefflich ergänzten. Der Wein war ausgezeichnet. Nicht einer der Gäste würde auch nur den leisesten Verdacht hegen, wie sparsam es normalerweise in Morwellan House zuging.
Von ihrem Platz auf halber Höhe der Tafel beobachtete Alathea, wie der
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