Ein unmoralisches Angebot
auf dem Trockenen auf und zu. Seine Miene drückte aus, dass er peinlich berührt war. Alle anderen Umstehenden lauerten nur darauf, zu sehen, was als Nächstes passieren würde.
Sarah sah Mr. Tilbury an, murmelte eine unzusammenhängende Entschuldigung und eilte aus dem Ballsaal. Sie rannte fast die Treppe hinauf und suchte Schutz in ihrem Zimmer. Leise schloss sie die Tür und lehnte sich, die Augen schließend, daran. Mrs. Clarkes grausame Worte hallten ihr in den Ohren wider. Eindeutig den Sinn für Anstand verloren!
Es bestand kein Zweifel. Irgendwie war bekannt geworden, dass sie die Absicht hatte, nach Blanchland zu fahren. Sie kam sich erniedrigt vor und war wütend. Wie konnte man so über sie reden und in ihrer Gegenwart ihren guten Ruf zerfetzen?
Aber warum sollte sie sich in ihrem Zimmer verstecken, ganz so, als gäbe es etwas, dessen sie sich schämen müsse? Flammenden Blicks riss sie die Tür auf, gewillt, im Ballsaal ihre Sache zu verfechten. Sie würde Mrs. Clarke und Mrs. Bunton und all den anderen Klatschmäulern zeigen, dass sie keinen Deut auf deren Missbilligung gab! Sie würde nicht zulassen, dass diese Leute ein Urteil über sie fällten, und nicht vor ihnen davonrennen!
Sie machte die Tür hinter sich zu und ging, immer noch vor Wut bebend, zur Treppe. Sie sah den auf dem Treppenpodest stehenden Mann erst, als er sich bewegte, und wirbelte erschrocken herum.
„Lord Renshaw! Großer Gott, haben Sie mich erschreckt! Was machen Sie hier oben, Sir?“
„Ich möchte mit Ihnen reden, Miss Sheridan“, antwortete er und trat in den Lichtkreis der Kerzen im Wandleuchter. „Ich habe Sie hinaufrennen sehen und hielt es für das Beste, dass wir bei unserem Gespräch keine Zuhörer haben.“
Verwirrt schaute sie ihn an. Der Ton seiner Stimme hatte eigenartig geklungen. Sie konnte nicht definieren, was sie daran irritiert hatte, fühlte sich jedoch unbehaglich. Im flackernden Schein der Kerzen war es unmöglich, seine Miene zu ergründen.
„Ich begreife Sie nicht, Sir“, erwiderte Sarah unsicher. „Bestimmt ist es besser, in den Ballsaal zurückzugehen.“
„Also gut! Wenn Sie entschlossen sind, sich den ungewöhnlichen Gerüchten zu stellen, die dort in Umlauf sind …“, sagte Guy kühl. „Vielleicht könnten wir ganz Bath zu unserem Gespräch einladen, da die Leute so großes Interesse an Ihren Angelegenheiten zeigen!“
Sarah gab einen langen Seufzer von sich. „Oh, Sie haben also gehört …“
„Ja! Ich konnte das kaum glauben! Entweder fehlt es Ihnen an Urteilsvermögen, Miss Sheridan, oder Sie sind nicht die Frau, für die ich Sie gehalten habe!“
„Also wirklich, Mylord!“, platzte sie heraus. „Es ist schon die Höhe, dass ich mit der üblen Nachrede der abscheulichen alten Vetteln klarkommen muss! Nun müssen nicht auch Sie noch meinen guten Leumund in Stücke reißen!“
„Ach, wirklich?“ Guy trat näher, und seine Nähe überwältigte sie vollständig. Jetzt, da er ihr so nah war, konnte sie den Zorn in seinen Augen sehen, wenngleich sie sich noch immer nicht den Anlass dafür zu erklären vermochte. „Zumindest täuschen Sie keine Unwissenheit vor! Wollen Sie mir zu verstehen geben, dass die Gerüchte nicht zutreffen, Miss Sheridan?“
Sarah zögerte eine fatale Sekunde lang mit der Antwort, weil ihr ihre Ehrlichkeit im Weg stand. „Ja! Nein! Zumindest … Ich habe vor, Blanchland zu besuchen, aber nicht aus den Gründen, die Sie sich denken.“
Guy legte die Hand mit einer Kraft auf das Treppengeländer, die die zierliche Schmiedeeisenarbeit ins Wackeln zu bringen schien. „Bestimmt ist es keine Überraschung für Sie, dass Ihr offenkundiges Bestreben, den Winter in einem übel beleumdeten Haus zu verbringen, die Leute in der Stadt gegen Sie aufbringt, Miss Sheridan! Großer Gott, Blanchland ist ein Ort, wohin den Fuß zu setzen eine respektable Frau sich nicht einmal im Traum einfallen lassen sollte! Von Ihrem guten Ruf wird nichts übrig bleiben!“
Finster schaute Sarah den Viscount an. „Ich kann es kaum glauben, dass Sie zufällig gehörten Gerüchten Glauben schenken, Mylord! Das hätte ich nicht von Ihnen gedacht! Sie haben mir nicht einmal die Gelegenheit zu einer Erklärung gegeben!“
„Es kann keine vernünftige Erklärung geben! Jedenfalls besteht die beste Erklärung, die ich mir für Ihr Verhalten denken kann, darin, dass Ihnen jeder Sinn für anständiges Benehmen abgeht, und die schlimmste wäre …“ Mit mörderischem Ausdruck
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