Ein unmoralisches Angebot
ihr an lebhafte Träume. Sie entsann sich des Geschehens im Esszimmer und dass Guy eindringlich auf sie eingeredet und sie sacht in den Armen gehalten hatte, leider nicht mit der Leidenschaft, die sie sich verzweifelt gewünscht und um die sie gebettelt hatte …
„Oh nein!“ Wilden Blicks schaute sie ihn an. „Das war kein Traum?“
„Das war kein Traum!“ Er ergriff ihre Hände. „Hören Sie mir zu, meine Liebe. Jetzt ist alles vorbei, und Sie sind ganz sicher. Ich verspreche Ihnen, nichts ist passiert …“
„Aber ich erinnere mich! Die Dinge, die ich gesagt und getan habe! Oh!“
Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien. Guy ließ sie jedoch nicht los.
„Sie waren nicht für Ihr Verhalten verantwortlich. Ich schwöre Ihnen, Miss Sheridan, dass Ihnen nichts passiert ist!“
Sie brach in Tränen aus. Die Tränenfluten waren eine willkommene Erleichterung. Guy hielt ihren bebenden Körper in den Armen, murmelte tröstliche Worte und hielt sie sacht an sich gedrückt, bis sie sich endlich beruhigt hatte und still geworden war.
„Ich wette, dass Sie sich umziehen und etwas essen wollen“, sagte er sehr sachlich und ließ sie endlich los. „Ich hole Ihnen etwas aus der Küche. Machen Sie in meiner Abwesenheit die Tür nicht auf.“
Sein sachlicher Ton hatte den gewünschten Effekt. Beinahe mechanisch zog Sarah das Kleid aus, wusch sich das tränennasse Gesicht und holte sich frische Sachen. Die ganze Zeit gingen ihre Worte und ihr Verhalten vom vergangenen Abend ihr wie ein schreckliches Schauspiel nicht aus dem Sinn. Sie hatte wiederholt versucht, Guy zu verführen, sich in der schamlosesten Weise an ihm gerieben und um seine Küsse gebettelt. Sie hatte versucht, sich die Kleider vom Leibe zu reißen, ganz zu schweigen davon, dass sie auch ihm die Sachen hatte ausziehen wollen! Alles kam ihr unmöglich und unglaublich vor, und dennoch … Eins wusste sie noch in aller Klarheit: dass Guy sie wiederholt zurückgewiesen hatte. Das Schlimmste war, dass sie darüber so verwirrt war, dass sie nicht wusste, ob sie sich darüber freuen oder enttäuscht sein sollte …
Es klopfte, und sie machte die Tür auf. Guy kam herein. Derweil sie die Vorhänge zurückzog und das Zimmer aufräumte, schürte er das Feuer, zog sie dann zum Kamin und nötigte sie, sich in einen Sessel zu setzen. Sie bemerkte, dass er sich umgezogen, aber noch nicht rasiert hatte. Er hatte Schatten unter den Augen.
„Wie fühlen Sie sich jetzt?“, fragte er in betont neutralem Ton.
„Ein wenig besser.“ Sie schaute ihm in die Augen. „Ich möchte nicht, dass Sie denken, Mylord, ich hätte keinen Sinn für Anstand, denn die Erfahrungen der letzten Nacht waren abscheulich. Trotzdem glaube ich, dass ich Ihnen Dank schuldig bin. Die Dinge müssen sehr schwierig für Sie gewesen sein.“
Guy schwieg einen Moment, und dann erhellte seine Miene sich beträchtlich. „Es erleichtert mich, dass Sie trotz dieser schockierenden Erfahrungen keine Zustände bekommen haben, Miss Sheridan! Ja, das war alles sehr schwierig für mich. Sie haben mich angefleht, alle die Dinge zu tun, die ich schon seit einiger Zeit tun will, und ich musste Ihnen widerstehen!“ Langsam schüttelte er den Kopf. „Ich war über mich selbst überrascht!“
Sarah errötete und schenkte sich Tee ein, um sich abzulenken. „Wie konnte das passieren? Ich habe die Gefahren, denen wir hier in Blanchland ausgesetzt sein könnten, schrecklich unterschätzt …“
Guy verzog das Gesicht. „Ich kann nur annehmen, dass Sir Ralph für gewöhnlich auf solche Aphrodisiaka zurückgreift, um die niederen Gelüste seiner Gäste zu stimulieren. Es kann nicht erwartet werden, dass Sie sich so etwas überhaupt haben vorstellen können, Miss Sheridan. Wie sollten Sie? Aber das war einer der Gründe, weshalb ich so besorgt darüber war, dass Sie allein herkommen wollten! Ein Unschuldsengel allein auf weiter Flur, der keine Ahnung von den Gefahren hatte, die ihn erwarten!“
Sarah erschauerte. „Wie konnte dieser Marvell es wagen, so etwas zu tun? Ich habe gesehen, wie er beim Servieren des Nachtischs Lord Allardyce etwas zugeraunt hat. Ich hatte jedoch keine Ahnung … Das ist wirklich abscheulich!“
„Auch ich habe ihn beobachtet und mich verwünscht, weil ich die richtige Schlussfolgerung erst gezogen habe, als es schon zu spät war! Ich habe den Nachtisch nur deshalb nicht gegessen, weil mir nichts an Milchspeisen liegt! Ich versichere Ihnen, Miss Sheridan, dass das
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